Rugendorf Ein Rugendorfer kam nicht zurück

Siegfried Sesselmann
Das Kriegerdenkmal in Rugendorf aus dem Jahre 1900 beinhaltet viel Geschichte. Es erinnert an den Krieg mit Frankreich 1870/71. Leider ist ein Großteil der Schrift kaum mehr zu entziffern. Foto: Siegfried Sesselmann

Im Gemeinderat Rugendorf wird zurzeit über eine Renovierung des Kriegerdenkmals diskutiert. Es erinnert an die Auseinandersetzung mit Frankreich 1870/71.

 
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Rugendorf - Eine Umfrage hat vor Kurzem ergeben , dass keiner der Befragten so recht wusste, was es mit dem etwa 3,50 Meter hohen steinernen Denkmal im Ort auf sich hat. Manchmal kam die Antwort, es handle sich um ein Kriegerdenkmal, wie es vielerorts zu sehen ist - das an die Gefallenen der beiden Weltkriege erinnert.

Die Kriegsteilnehmer

Die Namen der Kriegsteilnehmer im französisch-deutschen Krieg von 1870/71 aus dem Gemeindegebiet von Rugendorf: hinten in der Mitte: Johann Grebner, Georg Grebner, Andreas Weisath, Johan Georg Blüchel, Friedrich Weber, Johann Georg Blüchel, hinten unten: Johann Jobst, Johann Schmidt, Georg Rödel, Johann Gareis, Jakob Blüchel, Johann Hassfurter. Rechts unten: Georg Dehler, Gottfried Blüchel, Konrad Dippold, Johann Georg Dehler. Gefallen: Georg Backer gefallen. Links unten: Martin Schmidt, Christoph Hohlweg, (Cph), Johann Georg Blüchel, Georg Grebner, Friedrich Grebner, Friedrich Heinlein. Vorne unten: Johann Schmidt, Friedrich Backer, Johann Dehler, Georg Dihler.


28 Namen: Wenn man genauer die vier Seiten mit den Namen unten, mit den Informationen in der Mitte und an der obeliskartigen Säule oben liest, erhält man zahlreiche Informationen. Im quadratischen Sockel aus Sandstein sind auf allen vier Seiten 28 Namen zu erkennen. Auf dem darauf ruhenden etwas kleineren Sockel, der sich nach oben verjüngt, sind jeweils auf allen vier Seiten Sätze und Namen zu identifizieren. Darüber befindet sich ein Obelisk mit weiteren wichtigen Aussagen zum Anlass dieser Aufstellung. Auf der Spitze rundet eine Kugel, die das Denkmal nach oben abschließt. Die Westseite ist bereits so stark verwittert, dass die Schrift teilweise nicht mehr zu lesen ist. Die Namen der Kriegsschauplätze rechts oben und links oben sind ebenfalls kaum noch zu entziffern.

"Errichtet am 26. August 1900 vom Veteranen- und Kriegerverein Rugendorf." Diesen Verweis kann man auf der Rückseite gerade noch erkennen. Das Denkmal hat also nichts mit den Gefallenen der beiden Weltkriege zu tun. Es bezieht sich auf einen früheren Krieg, denn es wurde 14 Jahre vor dem Ersten Weltkrieg errichtet. Die Inschrift vorne in der Mitte löst das Rätsel: "Zum Gedächtnis an den siegreichen Feldzug gegen Frankreich 1870 - 71". Ein Krieg, der den Veteranenverein Rugendorf 30 Jahre später bewegte, etwas Monumentales zu errichten. 28 Kriegsteilnehmer aus Rugendorf waren eingezogen worden. Ein junger Soldat, Georg Backer, musste sein Leben in einem Gebiet zwischen Metz und Paris lassen. Etwa 500 bis 800 Kilometer von zu Hause entfernt.

Stadtsteinach französisch: Zwischen 1800 und 1815 brachte Napoléon alle Staaten in Bereich des heutigen Europas völlig durcheinander. Feindliche Angriffe, Bündnisse, Intrigen, Überfälle und vieles mehr waren für jedes Gebiet untragbar. Stadtsteinach war von 1796 bis 1802 französisch, in Kulmbach marschierten im Oktober 1806 die Franzosen ein. Napoléon hinterließ überall seine Spuren. Auch der Wiener Kongress 1815 brachte nur einen Versuch, Ordnung in Europa zu bringen. Für Frankreich war die Niederlage des napoléonischen Kaiserreiches eine schwere Demütigung. Der Neffe Napoléons, der Kaiser Napoléon III. (1848 bis 1871) wollte mit aller Gewalt Frankreich wieder zu bedeutender Macht und Ansehen führen und war bereit, im Krimkrieg (1853 bis 1856) Rußland und im Sardinischen Krieg (1859) Österreich zu schwächen. Auch in Mexiko versuchte er außereuropäisch militärisch Frankreich zu stärken.

Bunter Fleckenteppich: Im Gebiet des heutigen Deutschlands existierten viele kleinste und größere selbstständige Herrschaftsgebiete - ein bunter Fleckenteppich. Kurfürstentümer, Großherzogtümer, Königreiche, sogar Kaiserreiche wie Österreich existierten nebeneinander. Eine Bemühung, Ordnung in den deutschsprachigen Raum zu bringen, war die Schaffung des Deutschen Bundes nördlich der Mainlinie. Viele kleine deutsche "Staaten", Österreich, Preußen, auch Teile von Dänemark und der Niederlande verbanden sich. Jedoch waren die Machtstrukturen unklar. So kam es 1866 zum "Deutschen Krieg" zwischen Preußen (unter König Wilhelm I. und seinem Ministerpräsidenten Otto von Bismarck) und Österreich zum Krieg, den Preußen und seine Alliierten gewann.

In Spanien bröckelte zu jener Zeit die Regimentszeit der Königin Isabella II. Nach einem Putsch hofften viele politische Kräfte auf eine preußenfreundliche Nachfolge für den spanischen Thron. Man hoffte auf einen Vertreter aus Hohenzollern - aus Preußen. Das war in den Augen Frankreichs eine missliche Lage.

Die Stärkung Preußens war für Frankreich nun äußerst suspekt, eine Art Umklammerung. Im Jahre 1866 annektierte Preußen vier seiner Kriegsgegner nördlich des Mains. Auch Sachsen musste sich dem Norddeutschen Bund anschließen. Die deutsche Idee von einem gemeinsamen Deutschland begann Formen anzunehmen.

"Nieder mit Preußen": Nach vielen Verhandlungen und Zuspitzungen versammelten sich in Frankreich Tausende Franzosen in Chören "Nieder mit Preußen". Am 19. Juli 1870 erklärte Frankreich Preußen den Krieg und marschierte offensiv gegen Deutschland Richtung Saarbrücken.

Nicht nur die norddeutschen Staaten unter der Vorherrschaft Preußens, sondern auch die restlichen Gebiete im süddeutschen Raum solidarisierten sich vertraglich, bei der Lösung dieses Konfliktes aktiv zu sein. Die Folge dieses Krieges war unter anderem auch die Gründung des Deutschen Reiches. Mit der Schlacht bei Sedan am 2. September 1870 war Frankreich besiegt und der Kaiser Napoléon III. ging selbst in die Gefangenschaft.

Die wichtigsten Ergebnisse waren die deutsche Reichsgründung zum 1. Januar 1871 und das Ende des Zweiten französischen Kaiserreichs mit der Abschaffung ihrer Monarchie. Aufgrund seiner Niederlage musste Frankreich das Gebiet Elsaß-Lothringen an das Deutsche Reich abtreten. Offiziell endete der Krieg am 10. Mai 1871 mit dem Frieden von Frankfurt. Auf deutscher Seite zählte man etwa 45 000 Gefallene, auf französischer Seite etwa 140 000 tote Soldaten.

In Frankreich und im englischsprachigen Raum wird die Auseinandersetzung nach der Gewohnheit so festgelegt, den Angreifer zuerst zu benennen.

Mit dem Denkmal in Rugendorf öffnet sich eine Unmenge von Geschichten. 28 junge Männer aus Rugendorf waren betroffen. Sie mussten zur "Wacht am Rhein", wie es im Denkmal rechts in der Mitte heißt, und fern der Heimat Schlimmes erleiden. Aus Dankbarkeit errichtete vor 120 Jahren der Veteranenverein Rugendorf dieses Denkmal. "Gott war mit uns - Ihm sei die Ehre", kann man vorne oben im Obelisk lesen.

Gemeinsame Aufgaben: Die Formulierung "Der Nachwelt zur Nacheiferung" kann man so verstehen, dass die Bürger zusammenhalten sollten, um so gemeinsam Ziele zu erreichen. Es gehe nicht um "Kleinstaatlichkeit" und "Vorherrschaft", sondern darum gemeinsame Aufgaben zu bestehen. Die nachfolgenden Generationen sollen dieses Ziel "nacheifern". Nicht einen Krieg sollte man nacheifern, sondern ein vereintes Deutschland soll in Einigkeit und im Frieden leben. "Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland". So lautet der Beginn der deutschen Nationalhymne, dessen Text August Heinrich Hoffman von Fallersleben (1798 - 1874) dichtete. Und genau das soll die Nachwelt nacheifern zu erhalten. Parallelen gibt es heute unter anderem bei der Europäischen Union, deren Stärke nur in der Einheit liegt.

Das Fazit des Autors: Das Denkmal sollte restauriert werde. "Es gibt kaum ein vergleichbares in unserer Umgebung."

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