Kulmbach Ein krisenbedingt kreativer Spaß

Rainer Unger

Zum Auftakt der Veranstaltungsreihe Spinnalto gackert und jodelt es munter im "Fritz". Rüdiger Baumann und Christian Schidlowsky veranstalten mit dem Publikum ein Hörspiel der eigenen Art.

 
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Kulmbach - Theater der etwas anderen Art fand am Samstagabend zur Eröffnung der diesjährigen Spinnalto-Veranstaltungen im vierten Stock des Kulmbacher Einkaufszentrums "Fritz" statt. Für die knapp 40 Besucher gab es eine interaktive Hörspiel-Show mit dem Titel "Der letzte Kuss", bei der die beiden Theatermacher Rüdiger Baumann und Christian Schidlowsky aus Nürnberg diverse kurze Geschichten aus allen möglichen Genres auf die Bühne brachten. Jede mit dem gleichen Titel: "Der letzte Kuss."

Termine und Karten

Termine: Die interaktive Hörspiel-Show gibt es noch zwei Mal, am 7. August und am 5. September, jeweils um 18 Uhr im vierten Stock des Einkaufszentrums "Fritz" in Kulmbach.

Karten sind erhältlich im Internet bei unter www.das-baumann.de und bei Sintenis Deko & Schenken in der Blaicher Straße 25. Weitere Informationen gibt es unter Telefon 09221/93393.


Auf "Grundlage selbst geschriebener Schundromane" - so Rüdiger Baumann - und zwar von ihm und Christian Schidlowsky wolle man mit dem Publikum gemeinsam Hörspiele kreieren. So ging es im ersten Teil der Aufführung vor allem darum, mit den Besuchern Geräusche aufzunehmen. Diese imitierten mit ihren Stimmen beispielsweise Kreissägen, einen Jodler und sein Echo, das Bimmeln der Glocken von Kühen auf der Alm, das Gejammere von Klageweibern, das empörte Gackern von Hühnern und das dumpfe Donnern bei einem Gewitter. Auch ein Applaus wurde aufgenommen.

"Warum machen wir das?" fragte Rüdiger Baumann in die Zuschauerreihen, um anschließend augenblicklich selbst die Antwort zu geben. So haben beide aufgrund der coronabedingten Einschränkungen "mehrere Phasen der depressiven Lähmung wegen des Totalausfalls des künstlerischen Tätigseins durchgemacht", in denen sie auf die Idee kamen, Schundromane zu schreiben, die sie teils gemeinsam verfassten. Diese Kurzgeschichten wolle man auf der Basis der in den 20er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts entstandenen Hörspiele auf die Bühne bringen, die eine eigene literarische Gattung darstellen. In den 30er-Jahren gab es sogar eine "Hörspielüberschwemmung" im Radio. Heute noch legendär sicherlich der von Orson Welles inszenierte Angriff von Marsmenschen auf die Erde, der in den USA eine Massenpanik auslöste, blickte Rüdiger Baumann zurück.

Der besondere Reiz dieses "Theaters ohne Bild" sei es für ihn, dass die Bilder beim Zuhörer im Kopf entstehen. "Wir holen das Hörspiel in einem Live-Erlebnis auf die Bühne zurück", erläuterte Rüdiger Baumann. So lasen die beiden Männer in der Folge zum Beispiel eine "Ausbrecherklamotte", eine "leidenschaftliche Arztromanze", ein "dramatisches Bergidyll" oder eine "erotische Schmonzette." Interessiert verfolgte das Publikum, wie die von ihm aufgenommenen Geräusche "zweckentfremdet" wurden, in welch vielfältiger Weise sie einsetzbar waren. So wurden das Fallen von Regentropfen plötzlich zum Abwatschen eines Gegenübers und das Gekreische von Kreissägen zum Kriegsgeheul von Indianern.

Auch wenn die Geschichten laut Rüdiger Baumann durchwegs keinen literarischen Anspruch haben, der Humor kam dabei nicht zu kurz. "Es fasziniert uns beide, dass es keine klaren Regeln gibt. Alles ist erlaubt", verdeutlichte Rüdiger Baumann. Und erlaubt sind auch alle Genres, von der Heimatschnulze bis zu Science-Fiction, wie er ergänzte. Zwischendrin brachten beide Schauspieler auch mal ein Comic auf die Bühne, bei dem hochgehaltene Kartons quasi als Sprechblasen dienten und die Besucher noch mal selbst akustisch tätig werden durften. In der typisch Baumann’schen Art bekam das Publikum zum Schluss ein Lob für sein tolles Mitwirken: "Das war so ein richtig echtes Hühnergackern. Wir müssen anschließend nachsehen, ob irgendwo Eier rumliegen!"

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