Im Jahr darauf heiratet er, macht den Lkw-Führerschein und ist Fernfahrer - bis nach fünf Jahren die Ehe zerbricht. "Wieder konnte ich mein Leben nur unter Einfluss von Alkohol ertragen," berichtet er. In den nun folgenden Jahren heiratet er ein zweites Mal, beendet die Ehe allerdings selbst zwei Jahre später. "Der jahrelange Alkoholkonsum hat mich längst in die Abhängigkeit geführt."
Bis er 2003 endgültig die Wende schafft: Er krempelt sein Leben völlig um. Allerdings ist sein Alltag aufgrund seiner Lebensgeschichte im nüchternen Zustand nun geprägt von Depressionen, traumatischen Störungen und Zwangshandlungen. Jetzt begibt er sich in psychotherapeutische Behandlung. Außerdem plagt ihn von nun an eine chronische Schuppenflechte.
2009 entdeckt er schließlich das Radfahren und dass er durch regelmäßige Aktivität sein seelisches Gleichgewicht finden kann. "Radfahren entwickelte sich zu meiner großen Leidenschaft, damit kehrte auch langsam etwas Lebensmut zurück," erzählt er.
Doch vier Jahre später kommt der nächste Schlag: Kehlkopfkrebs. Der Kehlkopf muss zum Teil entfernt werden; ebenso alle Lymphknoten im Halsbereich. "Mit viel Glück blieb aber meine Stimme erhalten. Schritt für Schritt kämpfte ich mich ins Leben zurück. Vorsichtig begann ich auch wieder Fahrrad zu fahren. Erste Versuche endeten bereits nach fünf bis sieben Kilometern."
Er bleibt aber am Ball nach der Devise: "Bewegung trotz(t) Erkrankung, und Aufgeben ist keine Option." Und das mit Erfolg: In der Radelsaison 2014 schafft er insgesamt 5000 Kilometer und ruft nun auch sein Projekt "Krebspatient radelt für guten Zweck" ins Leben.
Oliver Trelenberg ist mittlerweile Frührentner "auf Hartz-4-Niveau" und lebt in einer kleiner Mietwohnung, wie er berichtet, kann sich damit aber arrangieren. "Ich kämpfe täglich mit den Langzeitfolgen meiner Krebserkrankung: Kurzatmigkeit, Mundtrockenheit und bei jedem Schluck Flüssigkeit und jedem Bissen die Gefahr zu ersticken, weil die Luftröhre nicht mehr verschlossen wird. Zudem bin ich jetzt über 17 Jahre ,trockener Alkoholiker‘, anhaltend zwar abstinent, aber meine Lebensgeschichte macht mir weiterhin schwer zu schaffen. Deshalb besteht dauerhaft ein erhöhtes Rückfallrisiko wieder zu trinken. Meine seelische Erkrankung ist weiterhin behandlungsbedürftig."
Zudem plagen ihn die Schuppenflechte und eine Sehnervkrümmung, Verdacht auf grünen Star und eine beginnende Schultersteifheit. "Meine körperlichen und seelischen Belastungsgrenzen sind sehr schnell erreicht."
Deshalb hat er vor drei Jahren einen Entschluss gefasst: "Eine Krebserkrankung bringt sowohl für Betroffene als auch für Angehörige, Partner und Familie Veränderungen mit sich. Schweren Herzens habe ich entschieden, dass ich niemandem (mehr) zur Last fallen will, deshalb gehe ich ab jetzt ,den Rest‘ alleine."
Auf seiner diesjährigen Radrundfahrt macht Trelenberg auf die Aktion "Flying Hope" aufmerksam. 2020 ist er zwei Monate später als die Jahre vorher gestartet, da Übernachtungsmöglichkeiten in der Corona-Pandemie ausgeschlossen waren. Das Büro des Oberbürgermeisters von Hagen hatte die Stadt Kulmbach angeschrieben, dass Trelenberg in Kulmbach Station und - seit 6. Juli unterwegs - auch hier seine erste zweitägige Rast machen würde. Für Bürgermeister Wilzok war es deshalb auch eine Selbstverständlichkeit, den Benefiz-Reisenden am Rathaus zu empfangen und ein Quartier für ihn zu besorgen. Die Stadt werde auch eine Spende für "Flying Hope" überweisen und die kleinen Erinnerungsgeschenke an seine Privatadresse schicken, sagte Wilzok zu.
Am heutigen Montag wird Trelenberg Richtung Hof aufbrechen und wird am 26. September zurück in Hagen erwartet.