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Kulmbach Freispruch auf dem Prüfstand

Manfred Scherer
Freispruch auf dem Prüfstand Quelle: Unbekannt

Die Berufungskammer verhandelt ein Sexualdelikt und Selbstjustiz nach dem Kupferberger Blütenfasching. Der Prozess geht in eine weitere Runde.

 
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Bayreuth/Kupferberg - Was treibt einen jungverheirateten Ehemann dazu, einen Mann, den er erst wenige Stunden zuvor kennenlernte, so brutal niederzumachen, dass er sich selbst die Hand bricht? Er behauptet, der andere habe seine Ehefrau begrapscht. Auch seine Frau sagt das - dennoch wurde der so Beschuldigte von einer Amtsrichterin in Kulmbach vom Vorwurf der sexuellen Nötigung freigesprochen - zurzeit wird der Fall in der Berufung am Landgericht in Bayreuth verhandelt.

Als Angeklagter steht ein 35-jähriger Mann aus dem Landkreis Kulmbach vor der zweiten Strafkammer. Der Vorfall, um den es geht, soll sich kurz nach dem Blütenfasching des Jahres 2017 in Kupferberg ereignet haben. Der 35-Jährige soll am 26. Februar in einer Wohnung einer 25-jährigen Frau aus dem Landkreis Bayreuth zunächst von hinten unter den Rock ans Geschlecht gefasst haben und danach dieselbe Handlung von vorne wiederholt haben.

Obwohl die 25-Jährige und auch ihr Ehemann als Tatzeuge dies im erstinstanzlichen Prozess im Kulmbacher Amtsgericht bezeugten, gab es für den 35-Jährigen einen Freispruch. Dagegen legte die Staatsanwaltschaft Berufung ein.

In der zweiten Instanz zeigte sich, woran eine Verurteilung in Kulmbach gescheitert sein könnte: An der verspäteten Anzeigeerstattung durch die angeblich begrapschte Frau. Der Grund dafür war die Selbstjustiz ihres Ehemannes. Der niedergeschlagene 35-Jährige zeigte diesen nämlich kurz nach dem Vorfall wegen Körperverletzung an - erst danach erfolgte die Gegenanzeige wegen der sexuellen Nötigung.

Ein Revanchefoul, wie es die Kulmbacher Amtsrichterin offenbar nicht ausschließen wollte? Im Landgerichtsprozess unter Vorsitz des erfahrenen vorsitzenden Richters Werner Kahler bestritt der 35-Jährige - seinen Freispruch im Rücken - die Anklagevorwürfe. Er berichtete, er sei damals mit seinen Fußballerfreunden auf den Kupferberger Blütenfasching gekommen und habe ordentlich dem Alkohol zugesprochen. Auf dem Fasching traf er eine heute 25-jährige Ex-Freundin. Zwischen ihm und ihr habe es in der Bar wieder geknistert. Die Fußballerfreunde des Angeklagten zogen weiter, der 35-Jährige blieb und vereinbarte, bei seiner Ex zu übernachten.

Im Haus der Ex sollten auch die 25-Jährige aus dem Landkreis Bayreuth und ihr Ehemann nächtigen. Die 25-Jährige und die Gastgeberin waren bis zum 26. Februar 2017 Busenfreundinnen. Man verließ in alkoholisierter Stimmung den Fasching, betrat das Haus der Gastgeberin und man war sich einig, noch ein Betthupferl in Form von Schnitzeln zu sich zu nehmen.

Während die Gastgeberin im Wohnzimmer war und der Ehemann der Frau aus dem Landkreis auf der Toilette, befanden sich der Angeklagte und das mutmaßliche Opfer in der Küche - die Frau trug ein Faschingskostüm mit einem knielangen, weiten Rock. Der Angeklagte behauptet, er und die 25-Jährige seien ganz normal nebeneinander gestanden und es sei dabei nichts vorgefallen. Er habe einen Schrei "Hey" gehört, den Schlag gespürt und da sei ihm schon schwarz geworden vor Augen. Die 25-Jährige dagegen behauptet, sie habe gerade nach Tellern in einem Oberschrank greifen wollen, als der Angeklagte sie von hinter begrapschte. Sie habe sich umgedreht und ihn zurückgestoßen, worauf der Angeklagte sie nunmehr von vorne zwischen die Beine fasste: "Er hat dabei gehechelt."

Der 26-jährige Ehemann war in diesem Moment gerade aus der Toilette gekommen und will im Türrahmen stehend diesen Griff gesehen und sofort eingegriffen haben.

Die 25-Jährige Gastgeberin hörte, wie der Ehemann ihrer ehemaligen Busenfreundin sagte: "Du fasst meine Frau nicht noch mal an." Die Zeugin, ihre Schwester und ihre Mutter sagte aber auch aus, dass die angeblich begrapschte Frau an jenem Abend nichts von einer sexuelle Belästigung gesagt habe. Der Ehemann aber, der wegen seiner gebrochenen Hand ins Kulmbacher Klinikum kam, nannte dort den Grund, warum er zugeschlagen habe. Im Arztprotokoll steht der Satz: "Heute Nacht wurde die Frau des Patienten belästigt." Um dies zu verifizieren, wurde ein weiterer Prozesstermin angesetzt, zu dem der behandelnde Arzt geladen wird.

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