Gleiches gilt für die "Pathetique". Auch hier sitzt bei Ingo Dannhorn jeder Akzent. Sein Ton ist singend und voluminös. So lauscht er den Themen nach, kommt dabei ohne verhuschte Klangflächen und ohne übertriebenes Pathos aus. Ingo Dannhorn lässt die Töne gerne auch einfach einmal dahinströmen, Beethoven hätte bestimmt seine Freude daran gehabt. Auch beim Allegro aus der Sonate F-Dur op.10/2, das er überraschend zwischen dem ersten und zweiten Satz der "Pathetique" spielt.
Zwischen den Sätzen des ersten Teils hatte Ingo Dannhorn sowohl Beethoven als auch Wilhelm Kempff in Texten und Bildern zu Wort kommen lassen. Vom Band eingespielt wurden Ausschnitte unter anderem aus Kempffs Autobiographie "Unter dem Zimbelstern", ein kleiner Interviewausschnitt mit dem großen Meister und schließlich Beethovens berühmtes "Heilgenstädter Testament", gelesen von Joffrey Streit.
Alles in allem ist Ingo Dannhorn ein fantastischer Pianist, mit Intellekt und technischem Vermögen gleichermaßen gesegnet. Es ist ihm hoch anzurechnen, dass er das kleine aber feine Festival im Andenken an Wilhelm Kempff überhaupt ins Leben gerufen und auch im Corona-Jahr ein derart anspruchsvolles Programm geboten hat. Das Wichtigste spricht Ingo Dannhorn gleich zu Beginn des Abends aus: "In diesen Zeiten merken wir erst, wie sehr Kunst und Kultur zum Menschsein gehört. Kunst und Kultur sind nicht systemrelevant, sondern lebensrelevant."