Kulmbach Konfusion nach dem Unfall

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Wenn jemand einen Arbeitsunfall erlitten hat, muss er einen "Durchgangsarzt" aufsuchen. Einer von dreien in Kulmbach ist Dr. Marcus Dentler. Er ist für die Behandlung zuständig und erstellt zum Beispiel auch Gutachten, wenn es um Spätfolgen oder die Frage der Verrentung des Verunglückten geht. Foto: Burger

Wenn es um einen Arbeitsunfall geht, sind strenge Vorgaben einzuhalten. Durchgangsarzt Dr. Marcus Dentler weiß: Unter den Betroffenen kennen sich viele nicht aus.

 
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Kulmbach - "Seit 14 Jahren bin ich jetzt niedergelassener Mediziner und immer wieder fragen mich die Leute, was denn ein Durchgangsarzt ist". Dr. Marcus Dentler muss solche Fragen oft beantworten, denn er ist einer von nur drei sogenannten "Durchgangsärzten" im Kreis, zu denen alle Menschen gehen müssen, die einen Arbeitsunfall erlitten haben. Das sind im Landkreis Kulmbach erstaunlich viele: "Zwischen 1500 und 2000 Arbeitsunfälle gibt es jedes Jahr", weiß der Unfallchirurg und Orthopäde, der seine Praxis im ehemaligen Verwaltungsgebäude der EKU in der Gummistraße hat.

Wenn ein Arbeitsunfall geschieht, greift die gesetzliche Unfallversicherung. Die ist über die Berufsgenossenschaften geregelt und diese geben den Betroffenen dann auch vor, wie sie sich zu verhalten haben, denn die freie Arztwahl ist bei Arbeitsunfällen eingeschränkt. Behandeln dürfen solche Unfallfolgen nur Mediziner, die dafür eine Zulassung von den Berufsgenossenschaften haben. Dafür ist aber für eine solche Behandlung auch kein Krankenkassenkärtchen nötig und eine Zuzahlung, beispielsweise auf Medikamente, wird nicht erhoben, berichtet Dr. Dentler. "Diese Unfallversicherung der Berufsgenossenschaften hat auch noch weitere Vorteile", erklärt Dr. Dentler. Erleidet der Verunglückte einen dauerhaften Schaden mit mehr als 20-prozentiger Erwerbsminderung, so zahlt die BG eine Rente und während der Behandlung gibt es unter Umständen auch "Verletztengeld".

Komplizierte Vorschriften

Was als Arbeitsunfall gilt, das ist ebenfalls gesetzlich vorgegeben, weiß der Kulmbacher Durchgangsarzt. Darunter fallen alle Unfälle, die nach dem Verlassen der Haustür auf dem Weg zur Arbeit oder nach Hause und natürlich direkt am Arbeitsplatz geschehen und auch Schulwegunfälle zählen dazu. Als Arbeitsunfall gilt es seit einigen Jahren übrigens auch, wenn zum Beispiel ein Bauarbeiter oder eine Krankenschwester sich "verheben". Man muss nicht unbedingt gestürzt sein, einen Autounfall erlitten haben oder von einem Gegenstand getroffen worden sein. Bei kleineren Unfällen, bei denen Arbeitsunfähigkeit nicht über den Tag des Unfalls hinausgeht und die Behandlung nicht länger als eine Woche dauert, kann auch der Hausarzt tätig werden. Für alles, was darüber hinaus geht, ist die Vorstellung beim Durchgangsarzt notwendig. Dieser überwacht den Behandlungsverlauf. Die Behandlung kann beim Hausarzt fortgesetzt werden. Durchgangsärzte gibt es selbstverständlich im Falle sehr schwerer Verletzungen auch in Krankenhäusern. Am Kulmbacher Klinikum ist das beispielsweise der Leitende Arzt der Orthopädie und Unfallchirurgie, Dr. Gerhard Finkenzeller. "Übrigens: Der Durchgangsarzt ist ebenfalls aufzusuchen, wenn eine Wiedererkrankung aufgrund von Folgen eines Arbeitsunfalls auftritt", informiert Dr. Dentler.

Der für viele Patienten unübersichtliche "Paragrafendschungel" wird nicht einfacher, wenn neben dem "D-Arzt" auch noch der "H-Arzt" ins Spiel kommt. Noch bis 2015 wird es die Ausnahmeregelung geben, dass Ärzte, die über besondere unfallmedizinische Kenntnisse verfügen, bei bestimmten Verletzungen ebenfalls nach einem Arbeitsunfall tätig werden dürfen. Der "H-Arzt" ist eine Art "abgespeckte Version" des Durchgangsarztes. Der Buchstabe "H" steht dabei für "an der besonderen Heilbehandlung beteiligt".

Zuständig für Gutachten

Wenn es um die Feststellung eines dauerhaften Schadens geht, allgemein um eine Begutachtung nach einem Arbeitsunfall oder gar um die Frage einer Rente aufgrund eines dauerhaften Schadens, dann führt am Durchgangsarzt kein Weg vorbei. Er ist ganz offiziell der Vertreter der gesetzlichen Unfallversicherung vor Ort, steuert das Heilverfahren von der Erstversorgung bis zur Reha und koordiniert die Empfehlung von Entschädigungsleistungen. Der Durchgangsarzt hat Kontakt zur Unfallklinik, der Rehabilitationseinrichtung und dem Unfallversicherungsträger.

Weitere ausführliche Informationen zum Thema Arbeitsunfall und Durchgangsarzt gibt es im Internet bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung unter:

www.dguv.de

Bis zu 2000 Arbeitsunfälle gibt es pro Jahr im Landkreis Kulmbach. Die Behandlung und Begutachtung dieser Betroffenen teilen sich drei Durchgangsärzte auf.

Dr. Marcus Dentler


Berufsgenossenschaften stellen Ansprüche

An Durchgangsärzte, die Folgen von Arbeitsunfällen behandeln, stellen die Berufsgenossenschaften besondere Ansprüche. Diese Mediziner müssen Chirurg und Unfallchirurg oder Unfallchirurg und Orthopäde sein und auch ihre Praxen müssen über spezielle Ausstattungen verfügen. Röntgen und zwei Operationsräume beispielsweise sind Pflicht und der Arzt muss mindestens zwei Helferinnen beschäftigen. In Kulmbach sind Dr. Gerhard Finkenzeller vom Klinikum Kulmbach, Dr. Rainer Woischke und Dr. Marcus Dentler als Durchgangsärzte zugelassen.


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