Kulmbach Mit vereinten Kräften gegen die Fluten

Werner Reißaus
Der Kreis der Teilnehmer am Ortstermin zum Hochwasserschutz "Veitsgraben" war groß. Links spricht Gemeinderat Michael Heisinger die derzeitige Problematik der Waldbesitzer an. Weiter nach rechts Bürgermeisterin Anita Sack, Landrat Klaus Peter Söllner, Landtagsabgeordneter Rainer Ludwig und Staatsminister Thorsten Glauber. Rechts am Bildrand Amtschef Lothar Winkler vom Amt für Ländliche Entwicklung in Bamberg, der das Programm "boden:ständig" erläuterte. Foto: Werner Reißaus Quelle: Unbekannt

Die Gemeinde Ködnitz will endlich die Überschwemmungen im Umfeld des Veitsgrabens in den Griff bekommen. Das Programm "boden:ständig" könnte dabei helfen.

 
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Ködnitz - Dass der sogenannte Veitsgraben in der Gemeinde Ködnitz bei starken Regenfällen immer wieder für Überschwemmungen sorgt, ist ein altes Problem. In einer konzertierten Aktion mit Behörden und Verbänden hofft man nun, dieses in den Griff zu bekommen. Deshalb hatte Bürgermeisterin Anita Sack (FW) am Mittwochnachmittag zu einem Gespräch in den Ortsteil Pinsenhof eingeladen, an dem auch der Staatsminister für Umwelt- und Verbraucherschutz, Thorsten Glauber (FW), teilnahm. Hinzu kamen Vertreter zahlreicher Behörden und Institutionen von der Regierung von Oberfranken bis zum Amt für Landwirtschaft. Und für Landrat Klaus Peter Söllner war es der erste Termin nach seiner Hüft-OP am Kulmbacher Klinikum.

Glauber gelangte zum Fazit: "Wenn wir das Problem gemeinsam angehen, dann glaube ich, bekommen wir das auch hin." Gelingen könne dies aber nur mit den Grundstückseigentümern und auch nur schrittweise. Von der Planung bis zur Umsetzung der Maßnahmen werden nach der Einschätzung des Staatsministers zehn bis 15 Jahre vergehen.

In ihrer Begrüßung stellte Bürgermeisterin Anita Sack das Programm "boden:ständig", mit dem Projekte gefördert werden, die dazu beitragen, Böden zu erhalten und das Wasser in der Flur zu schützen, vor: "Ich bin ein Fan dieses Programms, aber es müssen wirtschaftliche Lösungen gefunden werden - auch in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft." Ködnitz hoffe nun darauf, dass mit Hilfe dieses Programms eine Lösung für das Problem Veitsgraben gefunden werden könne. In der Ortschaft Ködnitz am Ende des tief eingeschnittenen Veitsgrabens mit einem Einzugsgebiet von rund 150 Hektar sei es wiederholt bei mehreren Starkregenereignissen - zuletzt 2013 - zu Überflutungen gekommen, weil der Kanal, in den der Veitsgraben mündet, überlastet war.

Reinhard Wesinger vom Büro Geo-Team, Bayreuth, ließ die Teilnehmer des Ortstermins wissen, dass sein Büro ein Niederschlags-Abflussmodell berechnet hat. Dabei wurde das Einzugsgebiet des Veitsgrabens in Hinsicht auf abflusswirksame Strukturen kartiert und Maßnahmen zur Verbesserung der Böden und Abflussstrukturen aufgezeigt. Selbst bei einem Starkregenereignis, das alle zehn Jahre auftreten kann, sei die Kanalisation in Ködnitz bereits überlastet. Für einen Hochwasserschutz bei einem 100-jährigen Abflussereignis wurde vom Geo-Team ein Rückhaltevolumen von rund 10 000 Kubikmetern oder eine deutliche Vergrößerung des Kanalquerschnitts im Ort Ködnitz empfohlen.

Zum Motto von "boden:ständig" stellte Wesinger fest: "Es geht darum, das Mögliche und Machbare zu tun. Das Machbare tun fängt auf der Fläche an. Wenn der Boden in Ordnung ist und Wasser aufnehmen kann, dann ist von einem Starkregen eigentlich schon vieles weggenommen, was dann nicht mehr in die Ortschaft runterlaufen kann."

Das Niederschlags-Abflussmodell kommt zu dem Ergebnis, wenn die Ortschaft Ködnitz geschützt werden soll, dann ist ein Rückhalteraum notwendig.

Ein erster Vorschlag zur Schaffung eines Rückhalteraums kam von der Forstverwaltung. Wie der frühere Mitarbeiter des Forstamtes Stadtsteinach, Frank Hömberg, erläuterte, wurde bereits vor sieben Jahren ein Betrag von 100 000 Euro "gebunkert", um im Rahmen des Ausbaues einer Forststraße durch einen Querdamm zum Tal einen Rückhalteraum von rund 1200 Kubikmetern zu schaffen. Wie Hömberg erklärte, hat beim Starkregenereignis im Jahr 2013 ein kleiner Fischweiher lange dem Hochwasser standgehalten: "Mit dem Programm ,boden:ständig‘ hätten wir jetzt mehr Möglichkeiten, bei Pinsenhof etwas zu machen. Was nutzt es uns, wenn wir unten Dämme bauen und haben hier oben immer noch das frei fließende Wasser. Wir hoffen darauf, dass wir zusammen mit den Grundeigentümern noch kleinere Rückhaltebecken im landwirtschaftlich genutzten Teil des Einzugsgebietes bauen können. Wir wissen, es ist schon wieder sieben Jahre her und gemacht worden ist noch nichts."

Klar ist aber auch, dass "boden:ständig" keinen Hochwasserschutz nach dem Standard der Wasserwirtschaft ermöglichen kann. Das machte auch Amtschef Lothar Winkler vom Amt für Ländliche Entwicklung deutlich. Sowohl die Verbesserung der Böden und das Bremsen des Wasserabflusses als auch die Anlage von günstig gelegenen Rückhaltemöglichkeiten trügen nur zur Verminderung der Abflussspitze bei. Technische Lösungen zum Schutz vor hundertjährigen Fluten könnten damit nur kleiner gestaltet werden.

Gemeinderat Willi Kolb (SPD), einer der Hauptbetroffenen bei dem Starkregenereignis im Jahr 2013, schilderte die Überflutung seines Wohnhauses. Landrat Söllner war damals Augenzeuge dieser Überflutung: "Wir haben im Weißmaintal eine große Belastung, da gibt es überhaupt keine Frage. Was mich heute an dem Termin und den bisherigen Vorarbeiten besonders freut, ist eigentlich der Umstand, dass die Wasserwirtschaft und die Landwirtschaft zusammenarbeiten und dann überlegt wird, was kann man tun. Dafür dass die Gemeinde Ködnitz das jetzt auch vorantreibt, gebührt der Bürgermeisterin Anerkennung."

Minister Glauber verwies zunächst auf das Amt für Ländliche Entwicklung in Bamberg hinsichtlich der Umsetzung des Programms "boden:ständig": "Amtschef Lothar Winkler hat im Moment den größten Geldkoffer. Wir haben im Ministerium auch ähnliche Fälle auf dem Tisch liegen, wo Ideen draußen wachsen, dann von ,boden:ständig‘ angeschoben und ein noch effektiverer Hochwasserschutz parallel dazu geplant wird. Ich glaube, für die Bürger hier ist es völlig egal, wer es tut. Es muss nur getan werden." In den weiteren Statements sicherten der Bereichsleiter für Ernährung und Landwirtschaft an der Regierung von Oberfranken, Rainer Prischenk, Behördenleiterin Gabriele Merz vom Wasserwirtschaftsamt Hof, Forstdirektor Michael Schmidt vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Kulmbach sowie BBV-Kreisobmann Wilfried Löwinger ihre Unterstützung zu. Aufgabe nun wird es jetzt sein, im kleinen Kreis das weitere Vorgehen zu beraten und einen Bauentwurf in Auftrag zu geben.

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