Marktschorgast - Die Spannung steigt. Lange kann der Krimiautor Veit Bronnenmeyer die Zuhörer nicht mehr auf die Folter spannen. Die Tür zum Hinterhof des Rathauses öffnet sich einen Spalt. Bürgermeister Hans Tischhöfer betritt mit einem wohl 190 Zentimeter großen Gymnasiallehrer die Bühne. Es braucht keinen Hauptkommissar Maul. Der Fall ist gleich gelöst: Das Gemeindeoberhaupt stellt Wolfgang Schoberth aus Marktleugast vor. Der springt in die Bresche, denn Krimiautor Veit Bronnenmeyer ist wegen eines Trauerfalls verhindert.

Angelika Munk, Leiterin der Gemeindebücherei, auf deren Vorschlag und Wunsch die Autorenlesung zustande kam, verwies darauf, dass beim Sanieren des Rathaushinterhofes keine Spuren auf einen Mordfall sichergestellt werden konnte, wie auf der Einladung "Mord im Hinterhof. Tatort Marktschorgast" zu lesen war. Wie meinte doch der Bürgermeister: "Marktschorgast ist prädestiniert für den Krimi ,Mord nach Wahl'. Viel Vergnügen".

Der "Ersatzautor" klärt über die Markenzeichen des fränkischen Krimiautors auf. Seine Kurzkrimis seien mit viel Lokalkolorit gewürzt. Die anfängliche Nervosität legt der Gymnasiallehrer beiseite und steigt in "Mord nach Wahl" ein: "Eine Mordserie erschüttert in diesen Tagen das normalerweise so beschauliche Träumstein im nord-östlichen Franken." Die Reporterin des regionalen TV-Senders machte ein ernstes Gesicht, während hinter ihr Blaulichter zuckten und riesige Scheinwerfer die Szenerie in ein gespenstisches Licht tauchten. "Es ist bereits das dritte Opfer in nur zwei Wochen zu beklagen", fuhr die Journalistin fort, "die Erkenntnisse sind noch nicht abschließend bestätigt, aber es scheint sich abermals um einen angesehenen Bürger der Stadt zu handeln. Offenbar wurde Alois Winkler in den frühen Morgenstunden tot in dieser Baugrube am östlichen Ortsrand aufgefunden, die hinter uns zu erkennen ist."

Es kommt ein kleiner Tross von Personen in weißen Overalls, angeführt von einem großen Mann um die Fünfzig, der keinen Overall, dafür aber einen kurzen Trenchcoat, Jeans und sportliche Halbschuhe trug, die nun arg von Lehm und Dreck verunstaltet waren. "Herr Hauptkommissar Maul", sagt die Reporterin, "können Sie uns schon erste Ergebnisse mitteilen, handelt es sich tatsächlich um den dritten Mord einer makaberen Serie?" "Eine Sauerei ist das", schimpfte Maul. "Also war es wohl eine sehr blutige Angelegenheit? Nichts für schwache Nerven", so die Korrespondentin. Auch mehrere Parteien kommen in "Mord nach Wahl" nicht ungeschoren davon.

Schoberth liest dann aus dem Kurzkrimi "Mord in Schnarchersreuth" (Blattschuss): "Es war eine von Hauptkommissar Mauls üblichen Touren. Nachdem er sich wieder einen ganzen Arbeitstag lang erfolgreich vor Schreibtischarbeit gedrückt hatte, war er mit seinem treuen Begleiter Nero am späteren Nachmittag zu einem ausgedehnten Waldspaziergang aufgebrochen. Das waren die Lebenszeiten nach Rainer Mauls Geschmack, alleine mit seinem Hund durch den verschneiten Wald zu streifen, in Ruhe seine Lebensphilosophie weiterzuentwickeln und bei Gelegenheit einmal die Bäume zu zählen."

Lediglich zwei Schüsse störten Mauls tiefe Ruhe und wurden vom Kommissar mit einem grimmigen "Jägerpack" kommentiert. Zwar hatte er Bereitschaft, aber in dieser Gegend des Landes war nicht damit zu rechnen, dass sich in absehbarer Zeit Kapitaldelikte ereignen würden. Zur Krönung des Tages wollte Maul die Gastwirtschaft "Zum Tanzenden Bären" testen, die unweit seiner Strecke etwas außerhalb der Gemeinde Schnarchersreuth lag. "Gerade als Maul sich seinen ersten Schluck Bier schmecken ließ, stürmte eine grün gekleidete Erscheinung in den Gastraum und rief panisch: "Schnell, Sanitäter, Polizei, Feuerwehr!" Es folgten noch weitere stark dialektgefärbte Worte, die Maul als "Bürchermaster" und "erschossen" erkannte. "Da ist beim besten Willen nichts mehr zu machen", seufzte der Notarzt und streifte sich die Handschuhe ab. "Das ist ein astreiner Blattschuss. Wie es aussieht, kann der Gute von Glück sagen, dass sie ihn nicht auch noch aufgebrochen haben, haha!" Hauptkommissar Maul nimmt seine Ermittlungen auf.

"Wir brauchen natürlich noch ein Motiv. Aber das werden wir schon finden. So ein Bürgermeister kann es ja niemals allen Recht machen. Oder, Frau Prager?" "Ich glaube, dass das alles mit den Windrädern zu tun hat", lächelte Patrizia Prager wissend. "Hier gibt es zwar fast nichts mehr, aber Wind weht deutlich mehr als woanders. Deswegen werden jetzt im großen Stil immer mehr Windkraftanlagen aufgestellt. Es bestehe großes Interesse von mehreren Energieversorgern auf dem Gebiet von Schnarchersreuth zehn bis 15 Anlagen aufzustellen. "Der Bürgermeister wollte dafür Grundstücke der Gemeinde verpachten und dadurch wieder etwas Geld in die Kasse kriegen, während..." "Andere Grundbesitzer so ein Ding lieber auf ihrem Acker hätten und dann die Hand aufhalten könnten", setzte Hauptkommissar Maul den Satz fort.

Wir brauchen natürlich noch ein Motiv. Aber das werden wir schon finden. So ein Bürgermeister kann es ja niemals allen Recht machen.

Kommissar Maul in dem Bronnenmeyer-Krimi

"Mord in Schnarchersreuth"


Veit Bronnenmeyer

Veit Bronnenmeyer ist 1973 in Kulmbach geboren. Er lebt heute in Fürth und ist Schul- und Bildungsreferent der Stadt.

In seiner Freizeit schreibt er Krimis, die allesamt in Franken angesiedelt sind.

Bronnenmeyers Vorfahren haben in Marktschorgast gelebt. Sein Urgroßvater ist 1871 von Feuchtwangen nach Marktschorgast umgesiedelt. Der Tuchhändler war ein angesehener Mann, war Schöffe bei Gericht und Mitglied im Wahlvorstand der Gemeinde.

Typisch für seine Krimis sind gründliche Recherche, originelle Charaktere, ein stets durchscheinender Mutterwitz und das Aufgreifen kommunalpolitischer Fragen.

Seine beiden aktuellen Kurzkrimis "Mord nach Wahl" und "Mord in Schnarchersreuth" sind noch nicht im Handel erschienen.