Kulmbach Rehe richten großen Schaden an

Von Stefan Linß

Die Waldverjüngung kommt im Landkreis Kulmbach nur schleppend voran. Der Wildverbiss an den Bäumen hat in den vergangenen drei Jahren zugenommen.

 
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Kulmbach - Dass Rehe Feinschmecker sind, das können die Waldbesitzer und die bayerische Forstverwaltung einmal mehr bestätigen. Die Wildtiere suchen in den Wäldern des Kulmbacher Landes gezielt nach jungen Buchen und Eichen sowie nach den zarten Trieben der Edellaubhölzer wie Esche, Ahorn, Ulme, Linde oder Vogelkirsche. Nadelbäume werden seltener angeknabbert. Helmut Brunners Ziel sind "klimatolerantere Mischwälder". Bayerns Forstminister fordert deshalb weiterhin den zielstrebigen Umbau anfälliger Nadelholzreinbestände. Doch der Wildverbiss bleibt das große Problem bei der Waldverjüngung. Im Raum Kulmbach sind die Schäden an den Trieben hoch.

Zu diesem Ergebnis kommt das aktuelle Gutachten der Forstverwaltung. Bayernweit hat sich das Wildverbiss-Niveau zwar auf dem Niveau von 2012 stabilisiert, teilt das Forstministerium mit. Rehe haben aber besonders schlimm in Ober- und Mittelfranken die Bäume verbissen.

In den Hegegemeinschaften Kulmbach, Jura, Trebgast, Frankenwald und Frankenwald-Oberland ist die Verbissbelastung "zu hoch", heißt es im Prüfbericht der Forstfachleute. Lediglich im Bereich Roter Main gilt die Situation als "tragbar". In den Wäldern, die von dem starken Schalenwildverbiss betroffen sind, geraten Laubbäume und Tannen ins Hintertreffen und werden von weniger verbissgefährdeten Arten überwachsen.

In dem vorherigen Gutachten, das die Forstämter 2012 erstellt haben, war die Situation in den Wäldern des Kulmbacher Landes noch entspannter. Damals galt der Wildverbiss in den Hegegemeinschaften Roter Main, Trebgast und Frankenwald-Oberland als "tragbar" und nur in den übrigen drei Gebieten als "zu hoch".

Wenn die Schäden im Wald zunehmen, dann muss die Zahl der Rehe dezimiert werden, heißt es von der Forstverwaltung. Deshalb sind erneut die Jäger gefordert. Als Konsequenz gibt die bayerische Forstverwaltung die Empfehlung, in den fünf betroffenen Hegegemeinschaften im Landkreis die Abschussquoten zu erhöhen.

Der Druck auf die Jäger wird größer. Denn nicht nur die Forstverwaltung und die Waldbesitzer wollen die höheren Abschussquoten. Die Landwirtschaft fordert seit Jahren, dass die hohe Schwarzwild-Population eingedämmt werden muss. Wildschweine zerstören bekanntermaßen die Ernte auf den Feldern. Um den gesamten Wildbestand in den Griff zu bekommen, haben die Jäger in den vergangenen Jahren viele Anstrengungen unternommen. Ein Mittel, das oft guten Erfolg verspricht, sind die breit angelegten Drückjagden. In den vergangenen Wochen waren erneut zahlreiche Reviere daran beteiligt.

"Wir können nichts erzwingen", betont Theo Kaiser, der Vorsitzende der Waldbesitzervereinigung Kulmbach-Stadtsteinach, im Gespräch mit der Frankenpost. "Die Waldbesitzer müssen mit den Jägern reden." Jeder kenne die sensiblen Flächen in seinem Wald, die von den Rehen am liebsten aufgesucht werden. Damit die Jäger handeln können, brauchen sie Informationen darüber.

Der heimische Forst habe sich in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt, erklärt Kaiser. Durch Windwurf und den Borkenkäferbefall sind Auflichtungen entstanden. "Der Wald ist nicht mehr so finster wie früher. Die Rehe müssen zur Nahrungssuche nicht mehr rauskommen."

Die Waldbesitzer können beispielsweise Schussschneisen anlegen, um den Jägern die Arbeit zu erleichtern. "Es gibt Reviere, in denen das schon sehr gut klappt", sagt Kaiser. Um den übermäßigen Wildverbiss zu verhindern, müsse jedoch das gesamte Potenzial genutzt werden.

Eine weitere Idee, das Problem in den Griff zu bekommen, ist das Einzäunen von Waldstücken. Erst vor drei Tagen hat das Bundesumweltministerium das Projekt "Biodiversität und Schalenwildmanagement" gestartet. Dabei soll die biologische Vielfalt in den Wäldern gefördert werden. 1,9 Millionen Euro stehen für das Projekt zur Verfügung. Es ist unter anderem vorgesehen, die sogenannten Weiserzäune aufzustellen, teilt das Bundesamt für Naturschutz mit.

Zudem werden im Zuge des Förderprogramms moderne Jagdstrategien entwickelt und erprobt. Ziel ist ein moderneres Jagdrecht, "das sowohl der Wildbiologie als auch der ökologischen Intaktheit der Wälder dient".

Um das Ökosystem Wald zu erhalten, braucht es eine Verjüngung des Baumbestandes. Im Landkreis Kulmbach ist in den vergangenen drei Jahren die Zahl der Verjüngungsflächen um 25 auf 220 angestiegen. Dort wachsen die neu angepflanzten Bäume allerdings meist ohne Schutz vor den gefräßigen Wildtieren. Mittlerweile sind 37 der 220 Verjüngungsflächen vollständig eingezäunt.

Wo die Rehe freien Zugang haben, können sie ungehindert die kleinen Bäume und bereits die Keimlinge fressen. Im Frankenwald haben besonders die Tannen und Eichen einen schweren Stand. Im Oberland und im Raum Trebgast sind ebenfalls die Eichen am meisten gefährdet. Die niedrigsten Quoten finden sich am Roten Main. Dort haben die Förster nur an sechs Prozent der Fichten und an zehn Prozent aller Kiefern einen Verbissschaden entdeckt.

Der Wald ist nicht mehr so finster wie früher. Die Rehe müssen zur Nahrungssuche nicht mehr rauskommen.

Theo Kaiser,

Waldbesitzervereinigung

Der Wildverbiss

Die bayerische Forstverwaltung erstellt alle drei Jahre für die rund 750 Hegegemeinschaften im Freistaat forstliche Gutachten. Darin geht es um den Wildverbiss und die Waldverjüngung. Wie das Staatsministerium für Forsten mitteilt, werden der Einfluss des Schalenwilds auf die Bäume bewertet und Abschussempfehlungen abgegeben. Das Gutachten gilt als wichtiges Hilfsmittel für die unteren Jagdbehörden bei der Abschussplanung für Rehe.

Für die sechs Hegegemeinschaften im Landkreis Kulmbach hat das Gutachten die Verbissbelastung festgestellt. Der Gesamtanteil der Pflanzen mit Verbiss liegt in der Hegegemeinschaft Roter Main mit 19,7 Prozent am niedrigsten. Die Verbissanteile:

Kulmbach 48,5

Roter Main 19,7

Jura 48,1

Trebgast 42,3

Frankenwald 27,5

Frankenwald-Oberland 33,3

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