Kulmbach Ruf nach mehr Sicherheit

Stefan Linß
Wie sicher sind moderne Omnibusse? Reiseunternehmer aus dem Kulmbacher Land stellen sich nach dem schweren Unglück auf der A 9 der Diskussion. Quelle: Unbekannt

Das Busunglück von Stammbach schockiert auch die Reiseveranstalter im Landkreis Kulmbach. Sie setzen auf Schulungen ihrer Fahrer und auf neue Technik.

 
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Stadtsteinach/Neuenmarkt - "Ein Schock, ein riesiger Schock." Einen Tag nach dem verheerenden Busunglück auf der A 9 bei Stammbach ringen die Mitarbeiter eines Reiseveranstalters aus dem Kulmbacher Land nach Worten. Niemand möchte seinen Namen in der Zeitung lesen. Nur so viel: Die schrecklichen Bilder bleiben im Kopf, die Gedanken kreisen und werfen eine Frage auf: "Was können wir tun, um so eine Katastrophe künftig zu verhindern?" Noch gibt es darauf keine Antworten.

Die Busunternehmer aus dem Landkreis, die der Frankenpost zum Gespräch zur Verfügung standen, haben keine Stornierungen erhalten. Trotz des Unglücks mit 18 Toten und 30 Verletzten erwarten sie nicht, dass die Reisegäste aus Angst ausbleiben.

Eine Reisegruppe aus Sachsen und Brandenburg war am Montagmorgen auf dem Weg an den Gardasee. Ihr Bus stieß bei Stammbach auf der A 9 an einem Stauende gegen einen vorausfahrenden Lkw und brannte komplett aus. "Es ist unheimlich schlimm, dass so etwas geschehen kann", sagt Leonhard Will im Gespräch mit der Frankenpost. Der Reisebusunternehmer aus Oberzaubach zeigt sich tief bestürzt: "Ich bin fix und fertig." Ein Unglück von solchen Ausmaßen sei tragisch.

Jetzt müsse die Ursache gefunden werden, sagt Will. Er könne nur darüber spekulieren, warum der Bus so schnell gebrannt hat. Ob das Feuer durch den Aufprall entstanden ist? Schwer zu sagen.

Doch wie groß sind generell die Gefahren bei Busreisen? Leonhard Will hat zuletzt seine gesamte Belegschaft ein Sicherheitstraining absolvieren lassen. Außerdem gibt es regelmäßige Schulungen. Vor jeder Tour wird den Fahrgästen ein siebenminütiges Sicherheitsvideo auf den Bildschirmen im Bus gezeigt. "Wir weisen auf das Rauchverbot und auf die Anschnallpflicht hin", sagt der Reiseunternehmer.

Im Notfall lassen sich die Türen durch einen Nothahn einfach öffnen. "Man braucht ihn bloß ein bisschen drehen und schon gehen die Türen auf", erklärt Will. An den Scheiben sind zudem Nothämmer angebracht. Allerdings dauert es relativ lange, bis die Doppelverglasung eingeschlagen ist und eine Möglichkeit zum Aussteigen bietet, sagt der Oberzaubacher. "Wenn auf einmal dichter Qualm im Bus ist und man nichts mehr sieht, dann hängt es von der schnellen Reaktion des Fahrers und der Fahrgäste ab." Die Türen seien die einzige Chance, bei einem Feuer zu entkommen.

So mancher habe die furchtbaren Bilder von der A 9 noch vor Augen. "Aber ich weiß, dass meine Fahrer gut sind", betont Will. Busfahren bleibe sicher. Die neuen Busse sind alle mit Auffahrschutz und automatischem Bremssystem ausgestattet.

Auf das Geschäft habe das Unglück von Montag bislang keine Auswirkungen. Aktuell läuft für Leonhard Will die Hochsaison. Bald geht es auf große Tour ans Nordkap, danach in die Schweiz. "Keiner hat storniert", sagt der Oberzaubacher Busunternehmer.

Was am Montag in der Nähe von Münchberg passiert ist, stelle für die gesamte Branche das "Worst-Case-Szenario" dar, sagt Dieter Rothemund. Der Inhaber von Merkel-Reisen in Neuenmarkt spricht von dem schlimmsten aller denkbaren Fälle. "Ein Alptraum, einfach entsetzlich." Seit 30 Jahren ist Rothemund mit seinen Reisebussen unterwegs und von Unfällen verschont geblieben.

Trotz dieser tragischen Ereignisse und der einzelnen Schicksale bleibe der Bus weiter das sicherste Landverkehrsmittel, sagt Rothemund. "Ich glaube, dass die Leute Vertrauen haben." Dennoch sei es möglich und nötig, weitere Verbesserungen auf den Weg zu bringen. "Die Industrie ist gefordert und sollte ihre Lehren daraus ziehen", sagt der Neuenmarkter Unternehmer. Beispielsweise könnten die Hersteller darauf achten, dass in Bussen nur noch schwer entflammbare Materialien verbaut werden. "Ein besserer Brandschutz wäre sinnvoll."

Bei Gefahr stünden in einem Bus prinzipiell genügend Notausgänge zur Verfügung, erklärt Dieter Rothemund. "Das ist nicht das Problem." Doch eine schnelle Evakuierung sei gerade bei einer Seniorengruppe sehr schwierig. Unter normalen Umständen dauere das Ein- und Aussteigen schon rund zehn Minuten. Dass ältere und gehbehinderte Menschen über eine eingeschlagene Fensterscheibe ins Freie klettern, sei kaum denkbar.

"Wir hinterfragen immer die Sicherheit", sagt Rothemund. "Ich gehe von Haus aus mit großem Respekt die Sache an." Vor Jahren habe er bereits Rauchmelder auf den Toiletten installiert. Sollte sich jemand dort unerlaubterweise zum Rauchen zurückziehen, meldet der Sensor sofort die Brandgefahr. Auch im Motorraum der Busse befinden sich Rauch- und Feuerwarnmelder. Für den Busunternehmer ist ein weiterer entscheidender Punkt, dass er sich auf sein Personal verlassen kann.

Die Mitarbeiterin eines anderen Busunternehmens aus dem Landkreis schätzt die Sicherheitsstandards als hoch ein. Die Hersteller arbeiten ständig an Verbesserungen. "Es ist uns deshalb völlig unerklärlich, wie es zu dem Unfall kommen konnte", sagt sie und wartet gespannt auf den Bericht der kriminaltechnischen Untersuchung.

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