Wer hat nicht schon die meist gelben Schilder wahrgenommen, auf denen die Warnung "Eltern haften für ihre Kinder" steht? Wer ein solches Schild aufhängt, etwa um eine Baustelle zu schützen, kann bestenfalls auf Abschreckung hoffen. Eine Haftung, im Sinne der Erstattung möglicherweise angerichteter Schäden, wird man gegenüber Eltern nur selten durchsetzen können, wenn deren noch nicht strafmündigen Sprösslinge etwas angestellt haben. Eltern können nur dann für ihre Kinder zur Rechenschaft gezogen werden, wenn sie ihre eigene Aufsichtspflicht verletzt haben.
Für Kinder und Jugendliche gilt ein weitreichender Schutz, selbst dann, wenn sie anderen Schaden zufügen. Bis zur Vollendung ihres siebten Lebensjahres sind Kinder überhaupt nicht deliktfähig. Danach sind sie zwar, wie der Gesetzgeber das nennt, " bedingt deliktfähig", aber das heißt noch lange nicht, dass sie oder ihre Eltern haftbar sind. Wenn Kinder beispielsweise einen Unfall im Straßenverkehr verursachen, sind sie erst nach Vollendung ihres zehnten Lebensjahres deliktfähig. Strafmündig ist man erst, wenn man 14 Jahre alt ist. Dann gilt bis zum 18. Lebensjahr, unter Umständen sogar bis zum 21. Lebensjahr, das Jugendrecht, falls es zu einer Verurteilung kommt.
Bei der Annahme, dass zivilrechtlich Eltern einspringen müssen, um Schäden zu bezahlen, die ihr Kind verursacht hat, handelt es sich um einen der am weitesten verbreiteten Rechtsirrtümer. In Paragraf 832 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist geregelt, dass Eltern selbst ihre gesetzlich vorgegebene Pflicht schuldhaft verletzt haben müssen, damit man sie statt ihrer Kinder für den Schadensersatz heranziehen kann. Wie weit man von den Eltern verlangen kann, auf ihre Kinder zu achten, hängt von deren Alter, der Eigenart und Charakter des Kindes, aber auch davon ab, was man den Eltern ihren eigenen jeweiligen Verhältnissen zumuten kann. Was müssen verständige Eltern nach vernünftigen Anforderungen unternehmen, um eine Schädigung Dritter durch ihr Kind zu verhindern, lautet hier die Frage. Wenn etwa ein Kind schon öfter "Mist gebaut" oder gar eine Straftat begangen hat, liegen die Anforderungen an die elterliche Aufsicht höher als wenn das Kind bis dahin noch nie auffällig geworden ist. Aber auch wenn der Grundsatz lautet, dass Eltern ihre Kinder so betreuen müssen, dass andere keinen Schaden nehmen, heißt das nicht, dass sie ihre Kinder keine Sekunde aus den Augen lassen dürfen.
Wenn es sich um Straftaten handelt, wird es schwierig, einen Schaden über eine Haftpflichtversicherung abzuwickeln. In allen anderen Fällen dürfte es aber Sinn machen, eine solche Versicherung zu haben. Sind die Kinder noch klein, kann es Sinn machen, deliktunfähige Personen mit einzubeziehen. Wenn nämlich ein sechsjähriges Kind Nachbars Auto zerkratzt, kann es sein, dass unter Umständen kein haftungsrelevantes Verhalten vorliegt und damit der Versicherer nicht zahlt. Das müssten dann zwar auch die Eltern nicht tun, aber wer riskiert schon gern den Frieden mit den Nachbarn?