Kulmbach Wege aus der Angst finden

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Seit der Anerkennung des Brust- und Darmzentrums am Kulmbacher Klinikum gibt es dort einen Psychoonkologischen Dienst. Er hilft an Krebs erkrankten Menschen, ihre Mitte wiederzufinden.

 
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Kulmbach - Mit der Zertifizierung des Darm- und des Brustzentrums am Klinikum Kulmbach ist dort auch ein Psychoonkologischer Dienst eingerichtet worden. Zwei hauptamtliche Diplom-Psychologen unterstützen seither alle Patienten, die wegen einer Krebserkrankung behandelt werden. Diese neue Einrichtung haben Verantwortliche der beiden Zentren und Vertreter der Bayerischen Krebsgesellschaft gestern der Öffentlichkeit vorgestellt. Markus Besseler, Geschäftsführer der Bayerischen Krebsgesellschaft, fasste zusammen, worum es beim Psychoonkologischen Dienst geht: "Wir wollen Hoffnung vermitteln und Wege aufzeigen, wie man aus der Angst und dem Diagnoseschock herausfinden kann. Oft sehen die Patienten ja den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr."

Dr. Benno Lex, Leitender Arzt der Frauenklinik, freut sich, dass er seinen Patientinnen nach der nun offiziell abgeschlossenen Zertifizierung als Brustzentrum auch professionelle psychologische Hilfe schon in der Klinik anbieten kann. Über die behandelnden Ärzte werde der Kontakt zu diesem wichtigen Hilfsangebot hergestellt, erklärte Lex und betonte, damit solle auch eine Brücke geschlagen werden zu längerfristigen Kontakten, zum Beispiel im Rahmen der anstehenden Nachsorge.

Dr. Markus Ewald, Leiter des Darmzentrums und der Palliativstation hob hervor, wie wichtig diese neue Einrichtung ist: "Ein Drittel aller Krebspatienten braucht psychologische Unterstützung." Das gelte nicht nur für Menschen, bei denen die tückische Erkrankung schon weit fortgeschritten ist, weiß Dr. Ewald: "Über alle Erkrankungsstadien hinweg leidet ein Viertel aller Patienten an den Folgen depressiver Verstimmungen." Mit der ganzen Bandbreite der Folgen einer Krebserkrankung seien Ärzte allein überfordert, zumal oft auch die Angehörigen Hilfe brauchen. Rund 250 Erstdiagnosen werden nach Ewalds Worten allein jedes Jahr am Klinikum gestellt. Hinzu kommen die Patienten, die bereits um ihre Erkrankung wissen.

Markus Besseler von der Bayerischen Krebsgesellschaft lobte die Bereitschaft des Klinikums Kulmbach, eigenes qualifiziertes Personal für diesen an Kliniken noch relativ wenig verbreiteten Bereich einzustellen. Das Leben verändere sich für Menschen immens, wenn sie die Diagnose erhalten, an Krebs erkrankt zu sein. Krebs zu haben, werde als Sturz aus der Wirklichkeit empfunden und der Bedarf auch an psychologischer Betreuung sei groß.

Jürgen Wicklas, Psychologe am Klinikum Kulmbach, informierte darüber, dass er und seine Kollegin Ruth Seher jedem Krebspatienten am Klinikum Kulmbach Angebote zum Gespräch unterbreiteten, Informationen geben oder aber auch die Weitervermittlung an Selbsthilfegruppen oder andere hilfreiche Stellen vermittelten. Auch Angehörige würden mit einbezogen, wenn gewünscht. Jürgen Wicklas, der seit Mai dieses Jahres am Klinikum bereits mehr als 500 Gespräche geführt hat, weiß um die Angst und die Nöte: "Wie komme ich mit dieser Krankheit zurecht, wenn meine ganzen Lebenspläne durcheinanderpurzeln? Dabei zu helfen, ist unsere Aufgabe. Das Leben verändert sich immens nach der Diagnose Krebs. Wir wollen den Menschen helfen, wieder einen Blick fürs Positive zu finden." Gut informierte Patienten empfänden eine höhere Lebensqualität. Und die Bereitschaft, aktiv an der Behandlung mitzuwirken, sei sehr wichtig.

Die Krankheit muss verarbeitet werden. Die Betroffenen müssen lernen, mit ihrer Erkrankung umzugehen. Wie schwer das oft ist, weiß auch die Psychologin Ruth Seher, die seit November am Klinikum arbeitet: "Sehr oft geht es um Krisenintervention bei schwierigen Diagnosen. Wir wollen den Patienten helfen, zu finden, was ihnen gut tut."

Selbsthilfegruppen bieten Unterstützung

Gleich zwei Selbsthilfegruppen für Patienten mit ganz unterschiedlichen Krebserkrankungen sind in Kulmbach aktiv.

Brigitte Botlik ist Ansprechpartnerin für die ältere der beiden Gruppen, die es bereits seit 1988 gibt. Jeden ersten Donnerstag im Monat treffen sich die Teilnehmer um 18 Uhr in der AOK in der Hardenbergstraße. Teilnehmen kann jeder, auch ohne vorherige Anmeldung.

Liane Wack ist die Leiterin der zweiten Selbsthilfegruppe, die seit 2009 tätig ist und gegründet wurde, weil der Bedarf gestiegen ist. In dieser Gruppe sind vor allem Frauen dabei, viele davon mit einer relativ "frischen" Erkrankung. Das Alter der Teilnehmerinnen liegt zwischen 20 und 76 Jahren. Die Gruppe trifft sich an jedem zweiten Mittwoch um 19 Uhr im Monat im Gemeindezentrum der Friedenskirche in Ziegelhütten.


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