Kulmbach Zankapfel offener Sonntag

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Besuchermassen sind in der Innenstadt garantiert, wenn Kulmbach einen verkaufsoffenen Sonntag anbietet. Viele Händler freut's, andere empfinden die zusätzliche Öffnungszeit als Last. Jetzt ist ein vierter offener Sonntag in diesem Jahr im Gespräch und wird kontroviers diskutiert. Foto: Fölsche Quelle: Unbekannt

Dass die Stadt Kulmbach nun doch vier offene Sonntage anbieten will, entzweit die Einzelhändler und empört Vertreter der Kirchen und Gewerkschaften. Viele Ladeninhaber sagen: Ohne die Sonderverkaufsaktionen reicht es nicht mehr zum Leben.

 
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Kulmbach - Wenn es in Kulmbach um einen verkaufsoffenen Sonntag geht, hat Streit eine lange Tradition. Die Stadtverwaltung mit OB Henry Schramm an der Spitze ist dafür. Der offene Sonntag bringt Menschen und Leben in die Stadt. Ebenfalls dafür: Etliche Händler in der Innenstadt, darunter auch Filialisten. Sie argumentieren, die offenen Sonntage seien inzwischen lebensnotwendig geworden, und hätten am liebsten noch mehr Möglichkeiten, sonntags zu öffnen. Doch nicht alle ihrer Kollegen sehen das gleich. Alexandra Hofmann zum Beispiel, die im Kressenstein eine Parfümerie betreibt, hat nach eigenem Bekunden wirtschaftlich nichts von den Verkaufssonntagen. Sie sind ihr eher eine Last. Ganz und gar dagegen stellen sich immer wieder die Kirchen und die Gewerkschaften. Sie haben sogar eine Sonntagsallianz gegründet. Wenn es zu viele offene Sonntage gibt oder Verkauf gar an einem Adventssonntag geplant ist, gehen ihre Vertreter auch schon mal zum Demonstrieren auf die Straße. Das steht jetzt wohl wieder an, denn die Stadt plant einen zusätzlichen Verkaufstag, von dem bislang noch nicht die Rede gewesen ist.

Christina Flauder, Synodale in der evangelischen Kirche und Stadträtin in Kulmbach, ist richtig sauer: "Ich habe mir schon gedacht, dass das dem Stadtrat mal wieder in Scheibchen vorgelegt wird." Unsäglich sei das, findet Flauder und ärgert sich, dass die Sonntagsallianz trotz all ihrer Argumente, den Sonntag zu heiligen und ihn den Familien vorzubehalten, regelrecht hilflos sei: Leider finden wir da kein offenes Ohr." Dankbar sei sie dem Landesbischof, der anlässlich der Synode in Augsburg den Schutz des Sonntags nochmals betont habe. Die evangelische Kirche, berichtet Flauder, wolle nun versuchen, ein Landesgesetz zu bewirken, das vor allem auch die Adventssonntage schützen soll.

Um den Advent geht es diesmal gar nicht in Kulmbach. Stein des Anstoßes ist ein vierter geplanter Verkaufssonntag, der in Zusammenhang mit einem großen Flohmarkt in der Innenstadt Menschen nach Kulmbach locken soll. Dieser Flohmarkt sei ganz neu, kritisiert Christina Flauder. Um sonntags öffnen zu können, sei aber eigentlich ein traditioneller Markt vorgeschrieben. "Was an einem erstmalig stattfindenden Flohmarkt traditionell sein soll, weiß ich jetzt auch nicht", ärgert sich die Stadträtin und praktizierende Christin. Flauder sieht aber auch die Realität: "Den Allianzen geht die Luft aus. Wir kämpfen seit Jahren auf verlorenem Posten und werden dafür auch noch schief angeschaut. Wenn ich mich zu dem Thema im Stadtrat zu Wort melde, rollen fast alle anderen mit den Augen."

Sang- und klanglos werde es die Kulmbacher Allianz aber nicht hinnehmen, insgesamt vier offene Sonntage in diesem Jahr zu dulden. Christina Flauder denkt laut über Aktionen nach und wenn es Handzettel sein sollten, die am verkaufsoffenen Sonntag an die Besucher der Stadt verteilt werden. "Wir geben zu diesem Thema nicht auf, auch wenn wir es nicht verhindern können."

OB Henry Schramm geht das Thema pragmatisch an: "Was ich feststellen kann, ist: Die offenen Sonntage werden sehr gut angenommen, viele Menschen kommen in unsere Stadt, die Läden sind voll, und auch die Gastronomie profitiert davon." Verbunden mit einem Marktgeschehen ergäben sich Synergien, sagt der Oberbürgermeister und verweist auch auf die Aussagen vieler Geschäftsleute: "Die sagen mir, sie brauchen diese Sonntage, um ihre Existenz zu sichern." Deswegen sei er persönlich für diese Möglichkeit, die Geschäfte sonntags zu öffnen und danke auch allen, die sich beteiligen.

Der Flohmarkt am 23. September sei ein Angebot der Stadt, einen weiteren offenen Sonntag zu ermöglichen. "Wenn wir die Möglichkeiten nutzen, die uns der Gesetzgeber gibt und wenn es eine Übereinstimmung mit unseren Zielen darstellt, warum sollen wir es denn nicht machen", fragt der OB. Aktionen wie diese belebten die Innenstadt. Das sei erklärtes Ziel aller Fraktionen, und die Struktur werde damit auch gestärkt. Das könne so falsch nicht sein. Schramm räumt ein, dass es dem Verkaufspersonal vielleicht nicht gefallen könnte, sonntags zu arbeiten. Aber es gebe ja Freizeitausgleich.

Das Wort "Freizeit" verwendet auch Alexandra Hofmann. Sie macht seit Jahren mit beim offenen Sonntag und sieht für sich keinen Nutzen: "Für die Leute ist das eine Freizeitbeschäftigung. Viele schauen nur und kaufen nichts und ich muss mein Personal bezahlen."

Sang- und klanglos nehmen wir das nicht hin.

Christina Flauder, Stadträtin


Viele schauen nur und kaufen nichts.

Alexandra Hofmann, Ladenbesitzerin


Zwischen Flehen und Verdammen

"In Kulmbach neue Wege zu beschreiten ist schwierig", hat Uwe Windisch gesagt. Der Optiker hat nach gut vier Jahren den Vorsitz in der Händlergemeinschaft "Unser Kulmbach" hingeschmissen. Eine Begründung waren auch die regelmäßigen Probleme um die verkaufsoffenen Sonntage. Christoph Hofmann wird wohl am 25. April zu Windischs Nachfolger gewählt und natürlich weiß auch er von dem Dauerstreit. "Für mich persönlich bringt der offene Sonntag nichts", sagt der Inhaber eines Lotteriegeschäfts, betont aber: "Ich habe mich überzeugen lassen, dass es für manche Geschäfte wirklich wichtig ist, diese Tage zu haben." Vor allem die Bekleidungsgeschäfte profitierten von den Aktionen. Hofmann bestätigt: Es gibt Händler in Kulmbach, die sich sechs oder gar acht offene Sonntage pro Jahr wünschen. Dafür kann er sich aber nicht erwärmen: "Auf keinen Fall mehr als vier!" Manche flehten regelrecht nach einem offenen Sonntag, andere verdammten ihn.


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