Kulmbach Zeitzeugnis über hundert Jahre

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Der 85-jährige Bernhard Küfner hat seine Familiengeschichte aufgeschrieben. Auf 400 Seiten mit vielen Bildern hat der Kulmbacher sein reiches Wissen der Nachwelt erhalten.

 
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Kulmbach - Die Idee ist am Stammtisch geboren. In der "Schmiede" sitzen seit Jahren Herren in inzwischen gesetztem Alter regelmäßig zusammen und tauschen Erinnerungen aus. Bernhard Küfner hat besonders viel zu erzählen und er hat ein Talent dafür, Geschehnisse aus längst vergangenen Tagen wieder lebendig werden zu lassen. Mehrfach ist der 85-jährige Kulmbacher darauf angesprochen worden, seinen reichen Erfahrungsschatz doch aufzuschreiben und der Nachwelt zu erhalten. Schließlich sterben die direkten Zeitzeugen aus. Wenn sie nicht weitergeben, was sie erlebt haben, geht wertvolles Wissen verloren. Bernhard Küfner blättert in seinen inzwischen niedergeschriebenen Erinnerungen, die von der Kaiserzeit bis zum Jahr 2000 reichen. 400 Seiten sind es geworden, mit vielen Fotos bebildert. Jetzt hat ein Verlag Interesse gezeigt.

"Ich habe angefangen zu schreiben und plötzlich war es wie im Film", erzählt Bernhard Küfner. Sein ganzes Leben ist bildhaft wieder vor ihm abgelaufen. Da war die Erinnerung an den Schulweg des Dorfbuben aus Limmersdorf. 14 Kilometer musste der Junge damals täglich laufen. Der Zug zur Schule in Kulmbach ging um 6.45 Uhr in Thurnau ab. Da hieß es, um 4 Uhr aufzustehen. Erst um 17.50 Uhr fuhr der Zug wieder in Richtung Heimat. Für 15 Pfennige bekamen die Kinder im Gasthaus Ries, dem heutigen Tasso, eine Suppe und durften im Wirtshaus Hausaufgaben machen. Später ist die Familie dann nach Kulmbach gezogen. Genau in das Haus, in dem der Gasthof Ries war. "Wir wohnten in einer Komfortwohnung mit drei Zimmern. Da war die ganze Wohnung so groß, wie heute unser Wohnzimmer", weiß Küfner noch wie heute.

Mit 18 Jahren erlebte der Kulmbacher als junger Leutnant den Zweiten Weltkrieg. Der Schrecken ist Küfner heute noch anzusehen, wenn er sich eine Szene bei Rimini vor Augen führt: Er habe Hilferufe gehört und habe einen verletzten Briten in seinen Unterstand gezerrt und verbunden. "Da habe ich mir gedacht, was haben wir bloß für eine Welt. Wir waren gerade 18 Jahre alt. Warum sollten wir aufeinander schießen?" Der 18-jährigen Bernhard Küfner erhielt für seinen Einsatz das Eiserne Kreuz. So richtig gefreut hat er sich nicht: "Das war Irrsinn damals. So etwas mit 18 Jahren erleben zu müssen, das kann man sich heute gar nicht vorstellen. Die heutigen Soldaten werden psychologisch betreut. Um uns hat sich keine Sau gekümmert." Bernhards Einstellung zum Krieg ist seither klar: "Ich bin gegen jeden Krieg und auch das wollte ich in meinen Erinnerungen den Menschen mal vor Augen führen."

Auch die Zeit nach dem Krieg war kein Honigschlecken. Bernhard Küfner schaffte es zum Diplom-Ingenieur. Aber auch da waren Hürden zu nehmen. Weder sein Freund noch er hatten Geld fürs Studium. Kurzerhand besannen sich die beiden auf ein Talent, das sie hatten. Die Kapelle "Kleeblatt", aus der Not gegründet, half, das Studium zu finanzieren. Bei der Musik ist der Kulmbacher immer geblieben. Das "Kulmbacher Bartrio", die "Blaue Drei", wurde gegründet. Küfner war mit an Bord und sorgte im Café Schatz ebenso für Unterhaltung wie im Parkhaus. Die Kapelle war so gut, dass schnell der Bayerische Rundfunk auf sie aufmerksam wurde. Küfner erinnert sich an gemeinsame Auftritte mit Liesel Karstadt oder auch Trude Herr. Nach der "Blauen Drei" kam die "Eggenreuther Stubenmusik". Mehr als 650 Auftritte hat sie absolviert.

Und wie fasst Bernhard Küfner so ein langes und reich erfülltes Leben zusammen? Mit der Weisheit des Alters: "Alles in meinem Leben war Zufall und ich habe gelernt, man kann nichts wirklich planen. Es ergibt sich, oder eben nicht. Wenn ich so zurückdenke, habe ich in meinem Leben immer Bundesliga gespielt."

Synomym einer Epoche

Bernhard Küfner versteht seine Erinnerungen letztlich als Synonym. Dass die vielen Schicksale nicht in Vergessenheit geraten, dafür hat Küfner mit dem Aufschreiben seiner und der Geschichte seiner Familie gesorgt. Im Kulmbacher Stadtarchiv liegt bereits eine Fassung von Küfners Werk.


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