Marktredwitz/Arzberg "Ertrinken läuft anders ab als im Film"

Vor allen in unbewachten Gewässern wie dem Feisnitz-Stausee bei Arzberg, wo Baden ohnehin nur auf eigene Gefahr erlaubt ist, sollte niemand in gesperrte Bereiche schwimmen, rät die DLRG. Schilder weisen die Gefahrenzonen eindeutig aus. Foto: Florian Miedl

Nach dem Badeunfall in Trebgast warnt der Vorsitzende der Marktredwitzer DLRG eindringlich davor, sich zu überschätzen. In Gewässern ohne Aufsicht drohe die größte Gefahr.

 
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Marktredwitz/Arzberg - Im Corona-Sommer steigt die Unfallgefahr: Denn um Auflagen in den Freibädern zu umgehen, suchen mehr Schwimmer Abkühlung in ungesicherten Seen und Teichen. Kurz vor dem tödlichen Badeunfall in Trebgast warnte Achim Trager, Vorsitzender der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) in Marktredwitz, im Frankenpost -Interview genau davor. Tatsächlich sind dann Ende Juni ein 27 Jahre alter Vater und seine vierjährige Tochter im Trebgaster Badesee ertrunken. Zur Unfallzeit gab es dort keine Badeaufsicht.

Herr Trager, könnte ein Badeunfall wie in Trebgast im Kreis Wunsiedel auch passieren?

Ja. Leider kann das überall passieren. Aus DLRG-Kreisen weiß ich, dass es in dieser Saison bundesweit schon mehr Unfälle gab als in den vergangenen Jahren - zum Glück noch keinen im Fichtelgebirge. Besonders gefährlich ist es bei Hochbetrieb an unbewachten Gewässern wie dem Feisnitz-Stausee bei Arzberg, wo keine Helfer vor Ort positioniert sind. Denn da behalten eben keine geschulten Rettungsschwimmer das Wasser ständig im Auge. Wenn also wirklich etwas passiert, dauert es eine Zeit lang, bis Einsatzkräfte hingefahren sind.

Wie erklären Sie sich den Tod

des Vaters und seiner Tochter?

Ich vermute, Überschätzung könnte die Ursache gewesen sein. Selbst gute Schwimmer, die regelmäßig in einem Freibad trainieren, bedenken manchmal nicht, dass die Voraussetzungen im See anders sind. Im Extremfall kann ich mich hier nirgends festhalten, was im Schwimmbad nach jeder Bahn möglich ist. Hinzu kommt, dass der Vater seine kleine Tochter bei sich hatte. Die meisten Leute sind es nicht gewohnt, dass sich plötzlich jemand im Wasser panikartig mit seinem ganzen Gewicht an sie klammert. Wir Rettungsschwimmer lernen das und üben auch immer wieder, wie man sich in so einer Situation selbst weiter über Wasser hält.

Wie kann eine Laie erkennen,

ob jemand zu ertrinken droht?

Ertrinken läuft ganz anders ab, als Filme es normalerweise zeigen: Da schreit keiner, da winkt keiner, da platscht keiner. Ertrinken spielt sich geräuschlos ab. Erste Anzeichen: Ein Schwimmer bewegt sich plötzlich nicht mehr von der Stelle. Das kann bedeuten, dass seine Kraft ziemlich zu Ende ist. Dann muss ich auf den Kopf achten: Taucht dieser anfangs nur für Sekunden unter Wasser, bevor die Intervalle länger werden, bis der Kopf zum Luftholen wieder hochkommt, dann schwebt der Schwimmer schon in Lebensgefahr. Denn irgendwann taucht der Kopf dann gar nicht mehr auf.

Was kann am Feisnitz-Stausee

gefährlich werden?

Baden ist hier generell nur auf eigene Gefahr gestattet, aber es gibt auch Zonen, in denen es explizit verboten ist. Trotzdem schwimmen immer wieder Leute in diese Bereiche raus. Bei privaten Radtouren habe ich außerdem schon beobachtet, dass leichtsinnige Personen unterhalb der Stausee-Gaststätte von den Felsvorsprüngen aus ins Wasser runterspringen. Das ist wirklich gefährlich, weil der See da nur einen bis eineinhalb Meter tief ist.

Welche Tipps geben Sie

Schwimmern generell?

Die beste Empfehlung ist, in Gewässern mit Aufsicht baden zu gehen - da ist Wahrscheinlichkeit, dass jemand hilft, wenn es nötig sein sollte, einfach höher. Passt keiner auf, kann ein Schwimmer im Zweifelsfall einfach weg sein, ohne dass jemand Soforthilfe leistet. Außerdem sollte sich niemand überschätzen. Denn ein Unglück wie in Trebgast will keiner mehr erleben müssen. Besonders schlimm finde ich immer, wenn auch noch ein Kind beteiligt ist.

Wovor ich ausdrücklich warne: Wer nachts oder bei Dunkelheit irgendwo allein ins Wasser steigt, muss sich klar darüber sein, dass es voraussichtlich niemand bemerken wird, ob er Hilfe braucht. Wichtig ist außerdem, die normalen Baderegeln, die jeder kennt, tatsächlich einzuhalten: Beispielsweise sich immer abzukühlen, bevor es ins Wasser geht, sowie nicht mit vollem Bauch schwimmen zu gehen. Denn wenn sich das Blut zur Verdauung im Bauch konzentriert, wird man leichter ohnmächtig.

Ziel bleibt, das Risiko zu minimieren. Klar gesagt: Jeder sollte sich am Riemen reißen, dann läuft es vernünftig ab. Das Gespräch führte

Brigitte Gschwendtner

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