Marktredwitz - Zur Lesung hat sie eine Liwanzenpfanne mitgebracht, in der die traditionelle böhmische Mehlspeise ausgebacken wird. Liwanzen spielen für das Selbstverständnis der 1937 in Altkinsberg bei Eger geborenen Autorin Elfriede Bidmon eine große Rolle. Denn Bidmon, die seit der Vertreibung aus dem Egerland in Franken, zuerst in Schwabach und seither in Rednitzhembach lebt, sieht sich selbst als "a echta Eghalanda Frank'", zwischen Liwanzen und Nürnberger Bratwürsten, wie es im Mundartgedicht heißt, das sie zur Einführung am Donnerstagnachmittag im Literarischen Café im Egerland-Kulturhaus in Marktredwitz vorträgt.

Und mit der Mehlspeise geht es zurück nach Altkinsberg am Fuße der Wallfahrtskirche Maria Loreto, in die Jahre während des Zweiten Weltkriegs und in die Jahre danach, als die Altkinsberger ihr Dorf verlassen mussten. Bidmons 2007 erschienener Roman "Loreto", der starke autobiographische Züge trägt, erzählt nicht nur vom Leben im Grenzdorf und vom Leid der Vertreibung. Mit der erfundenen Figur des tschechischen Arztes Jan, in den sich die Deutsche Anna Maria verliebt, soll auch die Sicht der tschechischen Seite zur Sprache kommen.

Die Episoden, die Elfriede Bidmon für die Lesung im voll besetzten Café in Marktredwitz ausgewählt hat, zeigen die Welt aber vor allem aus den Augen des Mädchens Susanna, Tochter von Anna Maria und literarische Verkörperung der Autorin selbst. Susanna schildert ihre Erlebnisse während und nach dem Krieg, wobei die Zuhörer den Text gebannt verfolgen, denn ein Großteil von ihnen hat diese Zeit noch selbst erlebt.

Mit den Augen eines Mädchens

Der Roman beginnt zu Ostern im Jahr 1964. Susanna fährt mit dem Zug in die Tschechoslowakei, nach Cheb, um nach ihrem Heimtadorf Altkinsberg, heute Stary Hroznatov, zu suchen. Und vor allem: um am Grab ihrer Mutter Anna Maria in Maria Loreto zu beten.

Doch zunächst ist es schwierig, überhaupt in das Sperrgebiet an der Grenze zu kommen. Und dann ist es ernüchternd, zu sehen, dass viele Häuser des Dorfs zerstört sind. Zerstört ist auch die Wallfahrtskirche, genauso wie der Friedhof: Das Grab ihrer Mutter ist nicht mehr zu finden - "geschundene Heimat". Hier vergisst die Autorin während der Lesung aber nicht, auf die Restaurierung von Maria Loreto hinzuweisen, initiiert vom inzwischen verstorbenen Anton Hart senior aus Waldsassen.

Im Roman macht sich Susanna auf die Suche nach dem tschechischen Arzt Jan, den ihre Mutter geliebt hat. Dabei erinnert sie sich: an die Rivalität zum Nachbardorf Schloppenhof (heute Slapany), an Pascher-Episoden der Schmuggler im Grenzgebiet, die näher kommenden Einschläge während des Kriegs, die Zeit der amerikanischen Soldaten in Altkinsberg und an die schreckliche Szene, als nach dem Krieg tschechische Grenzposten einen Deutschen totgeschlagen haben. Als Neunjährige hat Elfriede Bidmon das mit ansehen müssen - als sie die Szene in Marktredwitz vorliest, ist sie immer noch bewegt.

Aber eine andere, versöhnlichere Szene, bleibt ebenso in Erinnerung: Es ist ein Tag während des Kriegs, an dem Susannas Tante Margarete eine Tasche voll Liwanzen gebacken hat, die das Kind dann verteilt - an tschechische Kriegsgefangene in Eger.

Auf die nächste Veranstaltung des Literarischen Cafés, getragen von der Ackermann-Gemeinde und der KEB Wunsiedel, wiesen die Leiter Roswitha Budow und Johannes Geiger hin: Am 18. Februar um 14.45 Uhr liest Bernhard Fuchs im Egerland-Kulturhaus aus Werken des tschechischen Schriftstellers Karel Klostermann.