Hof/Marktredwitz Lucas im Glück

Gertrud Pechmann
Das neue Zimmer ist sein ganzer Stolz: Lucas mit seinen Eltern Nadja und Daniel Reinel. Er liebt es, hier zu malen oder mit seinen Dinosauriern zu spielen. Foto: Thomas Neumann

Die ganze Region hat mitgeholfen: Dank vieler großer und kleiner Spenden konnten Nadja und Daniel Reinel ein behindertengerechtes Kinderzimmer anbauen.

 
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Wer Familie Reinel in Lorenzreuth besucht, sieht noch kleinere Baustellen: Im Garten stehen Pflasterarbeiten an, der Ausgang wird rollstuhlgerecht gestaltet. An der größten Baustelle aber sind die Arbeiten abgeschlossen: Lucas’ neues Zimmer im Erdgeschoss ist fertig.

Rückblende: Im Rahmen von Der Sechsjährige leidet an einem schweren Gendefekt, ist zu 100 Prozent schwerbehindert. Er kann nicht selbständig sitzen, stehen oder laufen. Auch das Sprechen fällt ihm schwer. Lucas braucht immer eine Person an seiner Seite, die sich um ihn kümmert.

Die Betreuung wurde für seine Eltern Nadja und Daniel Reinel mit der Zeit aber immer schwieriger. Denn ihr kleines Haus ist nicht behindertengerecht geplant. "Als wir vor sechs Jahren gebaut haben, haben wir nicht geahnt, dass eines unserer Kinder so krank sein würde", erinnert sich Daniel Reinel. Die Kinderzimmer und das Bad liegen im ersten Stock, in den eine schmale gewundene Treppe führt. Als Lucas älter und damit auch schwerer wurde, konnte ihn seine Mutter kaum mehr die Treppe hoch- und hinunter tragen. Die einzige Lösung, die die Familie sah, waren ein behindertengerechtes Zimmer und Bad im Erdgeschoss. Doch aus eigenen Mitteln konnten sie den etwa 75 000 Euro teuren Anbau nicht stemmen. Da fassten sich Nadja und Daniel Reinel ein Herz – und schilderten ihre Situation in der Frankenpost. Die Hilfsbereitschaft war überwältigend: Die Reinels erhielten einen dicken Zuschuss, den unsere Leser für die Familie gespendet hatten. Daneben sammelten weitere Initiativen und Privatleute für Lucas‘ neues Zimmer. Zum Beispiel die Dorfgemeinschaft Lorenzreuth, die Freiwillige Feuerwehr Schirnding, der Kindergarten "Guter Hirte", die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Marktredwitz, die Kolpingfamilie und das Basarteam Marktredwitz, die katholische Kirchenstiftung Arzberg, die katholische Kirchengemeinde Herz Jesu in Marktredwitz, die Bands "Partyfever" und "Pop nach 8" sowie "Antenne Bayern hilft" und die "Marianne Strauß Stiftung". Das Landratsamt genehmigte einen namhaften Betrag für den Umbau und auch von der Pflegekasse kam ein Zuschuss.

Doch nicht nur Geld für den geplanten Umbau ging ein, sondern auch praktische Hilfsangebote, etwa für die Finanzierung, Planung und Umsetzung des Anbaus. Nicht zuletzt arbeiteten einige ortsansässige Firmen zum Selbstkostenpreis oder stellten Maschinen, ohne etwas dafür zu verlangen. So sorgte die Firma Plannerer aus Pullenreuth kostenlos für die Baggerarbeiten. Einen Teil der Heizungs- und Badausstattung sponserte die Firma Fraas Energietechnik aus Wunsiedel. "Ein Großteil des Anbaus ist spendenfinanziert", sagt Daniel Reinel. "Für mich ist es einfach der Wahnsinn, dass uns so viele Menschen unterstützt haben", sagt seine Frau und strahlt.

Mit der Unterstützung vieler helfender Hände hat der Anbau rasch Gestalt angenommen: Am 7. April begannen die Baggerarbeiten, am 25. April wurde bereits die Bodenplatte gelegt, am 12. Juni wurden das neue Kinderzimmer und das behindertengerechte Bad errichtet.

Auch über einige Sachspenden freute sich die Familie. "Lucas hat sehr viele Dinosaurier- und Playmobil-Figuren geschenkt bekommen, mit denen er gerne spielt", sagt seine Mutter Nadja. Die Figuren bewahrt Lukas in großen Kisten in seinem neuen Zimmer auf.

Auch der geschenkte CD-Player macht den Jungen glücklich. Jeden Tag höre er damit Musik, "am liebsten Weihnachtslieder", verrät Nadja Reinel.

Lucas’ größte Freude aber ist es, Besuchern sein neues Zimmer zu zeigen. Dann funkeln seine großen braunen Augen und er quietscht vor Vergnügen. Stolz drückt er auf einen Schalter neben der Tür. Das Licht geht an und zu sehen sind ein breites Bett, ein Schreibtisch, zwei Regale und ein Schrank. Lucas hat sich alles selbst aussuchen dürfen: das Einrichtungshaus Pilipp in Bindlach hat ihm die Möbel geschenkt. Der Raum ist groß genug, sodass sich Lucas in seinem Therapiestuhl gut darin bewegen kann. Auch das Bad begeistert den Kleinen: Am Waschbecken kann er jetzt ganz alleine Zähne putzen, was vorher nicht möglich war. Und auch in die Dusche kann er selbst mit seinem Rollstuhl fahren.

Die Nachbarskinder haben Lucas schon besucht und sein neues Domizil ausgiebig bewundert. Positiver Nebeneffekt der ganzen Aktion: Lucas’ Schwester verbringt ihre Freizeit jetzt lieber im Zimmer ihres Bruders als in ihrem eigenen. So hat Lucas immer eine Spielkameradin.

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