Marktredwitz - Eine neue Variante für die Hochspannungs-Gleichstromtrasse bringt der Bayreuther Bundestagsabgeordnete Hartmut Koschyk ins Gespräch. Dabei sollen die Leitungen nicht - wie bisher vorgesehen - entlang der bestehenden Hochspannungstrassen sondern parallel der Bahnschienen verlegt werden. Koschyk sieht enorme Synergieeffekte für die Region, wenn die Gleichstromtrassen zusammen mit der Elektrifizierung der Franken-Sachsen-Magistrale ermöglicht würden. Der Bayreuther Kreistag hat den Vorstoß Koschyks in der Sitzung am 29. Juli begrüßt und Landrat Hermann Hübner damit beauftragt, in München und Berlin diesen Plan zu unterstützten.

Ganz so neu ist die Variante allerdings nicht, denn schon 2012 haben die Technischen Universitäten Dresden, Clausthal und die Leibnitz-Universität Hannover eine Machbarkeitsstudie dazu erstellt.

Fred Buchka, einer der Sprecher des Bürgerforums, befürchtet, dass die Pläne weiter fortgeschritten sind als der Öffentlichkeit bekannt ist. Als Indiz führt er ein geplantes Umrichterwerk auf einem 5000 Quadratmeter Grundstück bei Thölau an. "In diesem Zusammenhang ist auch von der Firma Amprion die Rede gewesen", sagt Buchka gestern in einem Pressegespräch.

Hellhörig sind auch die Grünen im Landkreis und die Bürgerinitiative "Fichtelgebirge sagt Nein" geworden, deren Vertreter ebenfalls an dem Gespräch teilnahmen.

Auf Nachfrage der Frankenpost beim Bauamt der Stadt, sagte Klaus Helm, dass seine Behörde in derartige Pläne noch nicht involviert sei.

In einem Schreiben der DB-Netze, das der Frankenpost vorliegt heißt es, dass die DB Energie GmbH den Neubau eines Umrichterwerkes zur zukünftigen Versorgung den Strecken Weiden-Oberkotzau und Nürnberg-Schirnding beabsichtige. "Derzeit befindet sich das Bauvorhaben in der Vorplanung, in der mehrere Standortvarianten untersucht werden." Für das geplante Umrichterwerk sei der Bau einer 110-Kilovolt-Freiluftschaltanlage sowie ein Schaltanlagengebäude vorgesehen.

Der Netzbetreiber Amprion ist bei dem Bau allerdings noch nicht mit im Boot. So sagte deren Pressesprecherin Joëlle Bouillon auf Nachfrage unserer Zeitung, dass die Idee, Trassen entlang der Bahnlinien zu verlegen, an sich nicht neu sei. "Diese Vorschläge gibt es seit Jahren, und die decken sich mit der Absicht, die Trassen zu bündeln." Im Falle der Hochspannungs-Gleichstromtrasse könne auch eine derartige Lösung geprüft werden.

Dass für die Verwirklichung der Gleichstromtrasse bereits ein Umrichterwerk oder eine ähnliche Einrichtung entlang der Bahnlinie bei Marktredwitz gebaut wird, ist laut Joëlle Bouillon ausgeschlossen. "Amprion ist hier nicht involviert."

Am gestrigen Mittwoch waren weder Bundestagsabgeordneter Koschyk selbst, noch ein Vertreter der Deutschen Bahn für eine Stellungnahme zu erreichen.

Als erstaunlich bezeichnet Brigitte Artmann, Kreis- und Stadträtin der Grünen, dass sie in den Gremien von der Bahnvariante der Gleichstromtrasse noch nichts gehört habe. "Das ist unverständlich, normalerweise wird uns zeitnah mitgeteilt, was die Kreistage in den umliegenden Landkreisen entscheiden." Dass die Gleichstrom-Trasse entlang der Bahn kommen kann, hält Brigitte Artmann ebenso möglich wie Heike Bock, Sprecherin der Initiative "Fichtelgebirge sagt nein". "Die Variante lässt sich von den Befürwortern sicher besser verkaufen, wenn man sie mit der Elektrifizierung der Franken-Sachsen-Magistrale verknüpft."

Für die Vertreter des Bürgerforums, der Grünen und der Bürgerinitiative ist eine Gleichstromtrasse entlang der Bahn eine Horrorvorstellung. "Das würde bedeuten, dass die Leitungen mitten durch alle Orte verlaufen", sagt Fred Buchka. Marktredwitz wäre besonders belastet, führten die Schienen doch mitten durch das Stadtgebiet. Selbst wenn die Trasse technisch machbar wäre, hält sie der Bürgerforums-Sprecher für unverantwortlich. "Es gibt keine wissenschaftlichen Studien, die bestätigen, dass eine Hochspannungs-Gleichstromtrasse die Gesundheit nicht beeinträchtigt."

Beinahe begeistert scheint Bundestagsabgeordneter Hartmut Koschyk von der Idee zu sein. So ist zumindest ein auf seiner Homepage veröffentlichtes Schreiben zu deuten. Wörtlich heißt es: "Die Nutzung des Bahnstromnetzes sei zwar mit einem hohen technischen und finanziellen Aufwand verbunden, aufgrund des öffentlichen Widerstands gegen den Bau neuer Freileitungen aber volkswirtschaftlich durchaus vertretbar. Die Gelegenheit ist günstig, da im nächsten Jahr der Bundesverkehrswegeplan fortgeschrieben wird und so zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen wären: die Franken-Sachsen-Magistrale elektrifizieren und eine neue Trasse durch den Landkreis (Bayreuth, Anmerkung der Redaktion) verhindern."

Diese Vorschläge gibt es seit Jahren, und die decken sich mit der Absicht, die Trassen zu bündeln.

Joëlle Bouillon

Belastungen höher als die der Bahnstromleitungen

Die Autoren der Mitte 2012 gefertigten Studie zur "Verknüpfung von Bahn- und Energieleitungsinfrastrukturen" haben ein Ausbauszenario entworfen, das einen Leitungstransport auf vier Leitungsverbindungen von Norddeutschland in die Verbraucherzentren berücksichtigt. "In diesem Szenario werden Leitungstrassen mit einer Gesamtlänge von 2246 Kilometer genutzt." Die auftretenden elektrischen und magnetischen Felder liegen laut der Studie im Falle einer zusätzlichen Drehstromleitung unterhalb der zulässigen Grenzwerte, "aber wesentlich höher als die einer Bahnstromfreileitung". Im Falle einer Gleichstromleitung heißt es: "Da für Gleichfelder bisher keine gesetzlichen Grenzwerte definiert wurden, kann hier kein Nachweis der Zulässigkeit geführt werden." Allerdings sei zu erwarten, dass die elektrischen und magnetischen Emissionen aufgrund der geringen Höhe der Masten unproblematisch sein werden. Die Autoren schätzen, dass die Mastenhöhe etwa 40 bis 60 Meter betragen sollte.