Münchberg E 10 - Zwischen Alibi und Flop

Von Sertan Ekmeci

Seit fünf Jahren können die Autofahrer "Bio" tanken. Doch der Ersatz für Superbenzin hat nicht nur Anhänger. Der Bund Naturschutz kritisiert die schlechte Ökobilanz.

 
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Landkreis - E 10 sollte eine Art Mehrzweckwaffe werden. Als der Sprit mit einem Anteil von zehn Prozent Bioethanol vor fünf Jahren eingeführt und damit eine EU-Richtlinie dazu umgesetzt worden ist, hatte die Regierung den Kampf gegen den Klimawandel im Blick. Durch den geringeren Benzinanteil sollte der Ausstoß von Kohlenstoffdioxid ebenso reduziert werden wie der Verbrauch von Erdöl. Man wollte nicht nur die Mineralölindustrie in die Pflicht nehmen, sondern auch mehr Unabhängigkeit von den Erd- ölimporten erreichen. Das Fazit nach fünf Jahren ist eher ernüchternd: Die große Mehrheit der Autofahrer tankt weiterhin konventionell. "Ich glaube, dabei hat sich die EU verschätzt", sagt dazu Wolfgang Degelmann, Geschäftsführer des Bundes Naturschutz in Hof.

Als der Ersatz-Sprit auf den Markt kam, hatten Umweltschützer aber noch aus anderen Gründen Alarm geschlagen: Nahrungsmittel gehörten nicht in einen Autotank, kritisierten sie. Auch beim Hofer Bund Naturschutz ist man überzeugt, dass E 10 keinen Beitrag zum Klimaschutz leistet. Im Gegenteil: E 10 verschlechtere die Ökobilanz sogar eher, sagt Wolfgang Degelmann. Ein Punkt ist der Transport. Für Bio-Ethanol würden Mais, Weizen, Zuckerrüben und Raps benötigt, erklärt Degelmann. Das Ethanol werde aus den USA importiert, die Rohstoffe kämen unter anderem aus Mexiko. In den Anbauländern wiederum fehlen deshalb Flächen, die zur Produktion von Nahrungsmitteln gebraucht würden.

Bei der Einführung des neuen Kraftstoffes vor fünf Jahren ließ die Bundesregierung wissen: "Ziel ist es, bis 2020 zehn Prozent des Energieverbrauchs im Verkehr durch nachwachsende Rohstoffe zu decken." Dabei war die Skepsis der Autofahrer zu Beginn groß: Viele Autobesitzer befürchteten, ihr Wagen könnte einen Schaden nehmen, wenn sie das neue E 10 tanken. Und wie sieht es heute aus? Eine kleine Umfrage bei Tankstellen in der Region zeigt, dass die Rechnung der Bundesregierung tatsächlich aufgegangen zu sein scheint - bis zu 20 Prozent der Autofahrer tanken E 10. Das heißt aber auch: Die große Mehrheit verzichtet darauf.

"Das E 10 verkauft sich hier sehr gut, wie jeder andere Treibstoff", erklärt zum Beispiel Jaqueline Müller, Inhaberin der Aral-Tankstelle in Münchberg. Auch sie hat erlebt, dass die Autofahrer anfangs verunsichert waren, ob ihr Auto den neuen Sprit verträgt. "Aber mit der Zeit gab es eine bessere Aufklärung bezüglich E 10", sagt Fischer: "Die Leute kaufen es jetzt."

Positive Erfahrungen mit dem Verkauf des neuen Sprits hat auch Vilma Hojer von der Walther-Tankstelle in Rehau gemacht: Das E 10 verkaufe sich sehr gut, sagt sie, ebenso gut wie alle anderen Kraftstoffe.

Gemischt fallen hingegen die Meinungen der anderen stichprobenartig befragten Tankstellenbesitzer in der Region aus.

Ewald Lang von der OMV-Tankstelle in Hof hält rückblickend nicht mehr viel von der Einführung des Agro-Kraftstoffs: "Die Idee war zwar nicht schlecht", sagt er. Doch für die Ökobilanz hat es aus seiner Sicht kaum einen Nutzen. Er weist darauf hin, dass nur die Bundesrepublik den neuen Kraftstoff eingeführt hat. Die Diskussion darüber nennt er ein "typisch deutsches Problem". Dass die Kunden unsicher sind, kann Ewald Lang allerdings nicht bestätigen: Sie sind informiert darüber, ob das eigene Auto E 10 verträgt.

"Erst Auto, dann Hund, dann Frau", scherzt Rolf Küstner, Betreiber der Tankstelle am Autohof Thiers- heim, über die Mentalität deutscher Autofahrer. Für ihn ist und bleibt E 10 ein Ladenhüter, "den niemand so richtig wollte". Aktuell verkauft er nach eigenen Angaben bis zu 22 Prozent E 10, doch stagniert der "Bio-Kraftstoff" für ihn auf diesem Niveau. "Den könnte man meinetwegen sofort wieder abschaffen." Wegen der momentan gesunkenen Spritpreise tankten die meisten seiner Kunden sogar lieber Premium-Kraftstoff. Aus Küstners Sicht hat die anfangs lückenhafte Informationspolitik der Hersteller die Autofahrer sehr wohl verunsichert: "Das ist bis heute so geblieben."

E 10-Gegner führen als Argumentationspunkt auch an, dass Bioethanol weniger Energie liefere - man verbrauche mehr Kraftstoff und müsse also auch häufiger tanken. Das stimmt nach Experten-Meinung zwar, doch liegt der Mehrverbrauch im Vergleich zum üblichen E 5 mit höchstens fünf Prozent Bioethanol-Anteil bei gerade einmal rund 1,7 Prozent.

Doch sieht auch Jürgen Böhm, Inhaber der Walther-Tankstelle in Naila, im Mehrverbrauch einen der Gründe, warum die meisten Autofahrer sich nicht mit E 10 anfreunden können. "Der Motor kann nicht seine volle Leistung bringen", findet Jürgen Böhm. "Der Endverbraucher ist sich einfach nicht sicher. Bei mir kaufen höchstens 15 Prozent E 10."

Einen ganz anderen Ansatz verfolgt indes Wolfgang Degelmann: Er hält Verbrennungsmotoren an sich für nicht zukunftsorientiert - egal ob im Autotank nun Kraftstoff mit fünf oder mit zehn Prozent Bioethanol landen. "Muss es denn unbedingt ein Verbrennungsmotor sein? Elektroautos gehört die Zukunft."

Muss es denn unbedingt ein Verbrennungsmotor sein? Elektroautos gehört die Zukunft.

Wolfgang Degelmann,

Geschäftsführer,

Bund Naturschutz Hof

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