Mit Beginn der Kontaktsperre hat der Dekan die Lebensmittel bei den spendenden Betrieben abbestellt. Die Bäckereien, Metzgereien und Supermärkte in Münchberg und Helmbrechts stellen trotzdem alle Lebensmittel dem privaten Helferkreis zur Verfügung, damit sie den Hilfebedürftigen zugutekommen. "Bei einem Münchberger Metzger kam ich ein paar Minuten zu spät. Er hatte die Ware, die er sonst dem Tisch spendet, gerade weggeworfen", erinnert sich Aust. Eine Kundin aber verfolgte die Szene und legte Geld auf den Tresen, damit die Bedürftigen trotzdem Wurstwaren erhalten. "Ich konnte gar nichts sagen, so gerührt war ich", erinnert sich der Helfer und erzählt, dass die Frau seitdem jede Woche Geld für den Tisch hinterlegt.
Aber nicht nur die Lebensmittel holen die Helfer unbeirrt ab, sie nehmen auch Kontakt mit den Bedürftigen auf und versorgen zurzeit ungefähr die Hälfte der Menschen, die den Münchberger Tisch normalerweise nutzen. Es lassen sich nicht alle erreichen, weil die Helfer aus Datenschutzgründen keine Adressen besitzen. Aber natürlich sind ihnen viele über die Jahre bekannt.
Der Diakonieverein will den Münchberger Tisch erst wieder öffnen, wenn ein Schutzkonzept ausgearbeitet ist. "Wir brauchen auch entsprechende Ausrüstung", betont Lechner. Am Montag soll es dazu ein Treffen mit den Verantwortlichen aus dem Helferkreis geben.
Die Zeit der Schließung will der Dekan nicht mit dem privaten Engagement der selbst gefährdeten Ehrenamtlichen überbrücken, sondern mit einem Notfallplan. Wer Hilfe braucht, kann sich seit vier Wochen telefonisch an Diakon Norbert Pühler wenden. "Es sind aber bislang nur drei Anrufe eingegangen, mehr waren es nicht", betont Lechner. Er geht davon aus, dass ältere Menschen Unterstützung aus der Nachbarschaft erhalten. Gottfried Aust hält dagegen, dass die Bedürftigen von dem Angebot der Kirchengemeinde gar nichts wissen. "Sie können sich keine Tageszeitung leisten."
Der Helfer überbringt jedes Wochenende an die 30 Päckchen mit Lebensmitteln. "Gotti fährt für Gott und die Menschen", lautet sein Prinzip. Für ihn steht fest, dass die Hilfe auch in Zeiten von Corona nicht aufhören darf. "Ich habe stets die Werte gelebt, die ich meinen Schülern unterrichtet habe", sagt der ehemalige katholische Religionslehrer. Nach all den Jahren kennt er die Not vieler Menschen. "Mich hat ein verzweifelter Rentner angerufen, der für zwölf Tage noch acht Euro in der Tasche hatte." Auch ihm hat er Lebensmittel gebracht. "Wenn man sich nicht raus begibt, sieht man die Not nicht."
Der Dekan hingegen hält die Aktion der Helfer für riskant. Für Bedürftige habe man den Notfalldienst, und selbst wenn in dieser Zeit Lebensmittel weggeworfen werden müssten, habe der Schutz der Helfer Vorrang. Aust hingegen wird weitermachen, auch über ein Lokalradio will er Bedürftige erreichen, um ihnen Lebensmittel zu bringen. Angst vor Ansteckung sei hier zweitrangig. Ihn schützen Maske, Handschuhe und - wie er betont - Gottvertrauen.