Naila/Weimar Eine Legende fährt wieder ihre Krallen aus

In den Achtzigern war die Metal-Band Talon aus Franken ziemlich dick im Geschäft. 30 Jahre später ist sie reformiert und tritt am 9. März in Naila beim CFN-Fest auf.

 
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Naila/Weimar - Was ein einzelner Telefonanruf auslösen kann: Vor zwei Jahren meldeten sich die Veranstalter des traditionsbewussten Trveheim-Metal-Festivals in Oberbayern bei den Gründungsmitgliedern der fränkischen Metal-Legende Talon. Plötzlich ging alles ganz schnell und Sänger/Gitarrist Uwe Hoffmann fand sich auf einer Zeitreise 30 Jahre in die Vergangenheit wieder.

CFN-Fest 2019

Zum vierten Mal öffnet das CFN-Fest am 9. März in der FT-Turnhalle in Naila seine Pforten, und zwar genau um 17 Uhr, um die ersten Biere zu verhaften. Um 18 Uhr eröffnen dann die Hofer Death-Metal-Experten Killing Capacity den Reigen der fünf Bands. Sie gehören zu den Newcomern, auch wenn die Mitglieder schon in einigen Bands aktiv waren.

Um 19 Uhr geht es weiter mit Old Mother Hell , die Freunde von Doom Metal, Epik und W.A.S.P. mögen dürften. Die erste Band aus den USA in der CFN-Geschichte sind nach Spell aus Kanada aus dem vergangenen Jahr dann ab 20 Uhr Sanhedrin . Das Trio stieg innerhalb kurzer Zeit mit den beiden Alben "A Funeral for the World" und "The Poisoner" zu echten Hoffnungsträgern für den traditionellen Metal auf. Eine Woche später, am 14. März, treten sie mit den Kanadiern Gatekeeper in Hof im Wiesla Rock Club auf.

Schnellen Heavy Metal aus Schweden gibt es anschließend von 21 Uhr an mit Screamer , bevor um 22.20 Uhr der Headliner Talon die Bühne betritt.

Anders als in den Vorjahren gibt es dieses Jahr auch eine Aftershow-Party. DJ Danny Keck legt einige Gassenhauer auf.

Aufgewachsen in Ramsenthal bei Bayreuth, lebt Hoffmann heute in Weimar. Musiker ist er noch immer. Doch vor dem Anruf aus Oberbayern hatte er die Lieder seiner Band Talon fast drei Jahrzehnte nicht mehr gespielt. Die Trveheimer wollten wissen, ob es Talon noch gibt und die Band auf dem 2017er Festival auftreten wolle. "Ich habe etwas fahrlässig einfach ja gesagt", erinnert sich Hoffmann lachend. Zusammen mit Andy Hammon am Bass und Tommy Resch am Schlagzeug bildete er schon Anfang der Achtziger den Kern von Talon (englisch für "Kralle", "Klaue"). Für die Wiedervereinigung nahm man Gitarrist Roland Hagen hinzu - und war fortan wieder komplett.

Hoffmann hatte, seit Talon 1987 zu Grabe getragen wurden, immer Musik gemacht - ob Thrash Metal bei Headhunter oder "handwerkliche Unterhaltungsmusik" bei Acousticocktail in Weimar. Dennoch war die erste Probe mit den wiederbelebten Talon etwas Besonderes. "Ich hatte absolut Gänsehaut, und auch etwas Pipi in den Augen", gibt Uwe Hoffmann zu. Die alten Songs der Gassenhauer-Alben "Neutralized" und "Never look back" fließen regelrecht, klingen vielleicht sogar besser als damals. "Wir waren früher hektischer, jetzt sind wir entspannter", meint Hoffmann. Es folgt eine leicht surreale Erfahrung beim Trveheim. "Das muss man sich mal vorstellen. Da standen Fans in den Zwanzigern und haben meine Songs mitgesungen, die Lieder, die ich vor über 30 Jahren geschrieben habe", sagt Hoffmann.

Eins kommt zum anderen und die Band entscheidet sich weiterzumachen. Immer mal ein paar Auftritte pro Jahr, keine ausgedehnten Tourneen, kein neues Album. Alle Mitglieder haben ihre regulären Jobs. "Das ist für uns eine spätpubertäre Wiederbelebung", sagt Hoffmann lachend. "Da können wir nicht einfach mal eine zweiwöchige Tour einschieben." Hoffmanns Wurzeln liegen in Münchberg. "Meine Großeltern lebten an der Gartenstraße", erinnert er sich lachend. Viele Jahre war Hoffmann Moderator bei Radio Plassenburg in Kulmbach, bis es ihn vor zehn Jahren mit seiner Frau in ihre thüringische Heimat zog.

Da war die erste Karriere von Talon schon 20 Jahre Geschichte. 1982 gegründet, hatte sich Uwe Hoffmann schon durch die eine oder andere kleinere Band gespielt, bevor er mit Hammon, Gitarrist Steve Hohenberger und Drummer Hubert Wattenbach gemeinsame Sache machte. 1984 veröffentlichten Talon ihr Debut "Neutralized" über das Label Bellaphon. "Man darf nicht vergessen: Wir hatten die Songs damals schon zwei Jahre für uns in meinem Elternhaus in Ramsenthal geprobt, als wir die unserer Meinung nach besten dann aufnahmen", erinnert sich Hoffmann. "Wir wollten wie die Großen sein, bastelten im Keller Bühnenaufbauten und feilten an den Songs."

Und Talon werden doch ziemlich groß. Die Alben, die sich stilistisch stark an den damaligen (und jetzigen) Helden Iron Maiden und Judas Priest sowie den deutschen, teils schnelleren Vertretern Accept oder Running Wild orientieren, kommen bei der Fachpresse und bei Fans gut an, und auch getourt wird ausgiebig. Hoffmanns großer Traum war immer, einmal in der Hemmerleinhalle in Neunkirchen am Brand zu spielen, wo er schon so vielen seiner Helden zugejubelt hatte. Als 1984 der Plattenvertrag kam, ergab sich eine dieser seltenen Gelegenheiten. "Wir sollten beim Christmas Metal Meeting spielen, mit Motörhead, Girlschool und Mercyful Fate. Eigentlich sollte das Ganze in der neuen Frankenhalle stattfinden, aber die wurde zu spät fertig, zum Glück. So wurde das Konzert in die Hemmerleinhalle verlegt." Ein Traum wird wahr: Die 3500 Leute fassende Halle ist voll und tobt beim Gig von Talon.

Mit "Never look back" legt die Band ein Jahr später nach, 1986 folgt das dritte und letzte Album "Vicious Game", der Anfang vom Ende. "Wir haben uns vom Management reinreden lassen. Welches Lied kommt aufs Album, welcher Part muss länger, welcher fliegt raus - solche Sachen", erinnert sich Hoffmann. Das Ergebnis ist ein Album, das viel glatter und kommerzieller klingt als die beiden Vorgänger. Zu allem Überfluss wurde "Vicious Game" auch noch mit einem anderen Line-up eingespielt, so dass sich der Albumtitel ironisch fast eins zu eins auf die Situation übertragen lässt. "Wir haben damals sehr viel Kritik dafür einstecken müssen, dass wir das Line-up getauscht haben", sagt Hoffmann jetzt. "Wir haben den Leuten von der Plattenfirma (damals Steamhammer; Anm. der Red.) geglaubt." Dass die aber nicht immer das Wohl der Bands im Blick, sondern gerade in den Achtzigern auch im Metal den schnellen Profit suchten, das war damals nicht jedem klar. Das vorläufige Ende von Talon kommt jedenfalls zwei Jahre nach "Vicious Game". Eine Compilation 1988 ist das letzte Lebenszeichen der Band - bis 2017.

Am 9. März haben Talon in der FT-Turnhalle in Naila beim CFN-Fest ein echtes Heimspiel, nur wenige Kilometer von Uwe Hoffmanns Geburtsort Münchberg entfernt. "Wir spielen die ersten beiden Alben", kündigt der Sänger an. Das sind die Alben, die am meisten für das stehen, was Talon ausmacht: schnelle Stücke, teils ungehobelte Rhythmen, hoher, aggressiver Gesang und viele Melodien. Talon sind die Headliner, die die Veranstalter Florian Tomaschek und Sebastian Kaske dem Publikum in diesem Jahr präsentieren.

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