Carsten Kirschner betonte in seiner Stellungnahme, er habe in der besagten Bauausschuss-Sitzung nicht gelogen: "Ich habe lediglich gesagt, ich habe mit dem Plakat nichts zu tun." Keineswegs habe er seine Beteiligung an der Veranstaltung abgestritten. Und der Urheber des Plakats habe sich schließlich gemeldet, entschuldigt und sei auch bei der Polizei vorstellig geworden.
Aus seiner Sicht rollte Kirschner die Ereignisse noch einmal auf: Die Idee eines Muckturniers habe er bereits während einer Stadtrats-Sitzung im Februar zur Diskussion gestellt. Ihm sei damals mitgeteilt worden, während des Wiesenfests seien keine Partei-Veranstaltungen gewünscht, und dass er sein Vorhaben mit den Festwirten besprechen müsse. An diese Vorgaben habe er sich gehalten: "Das Muckturnier sollte keine CSU-Veranstaltung sein, sondern war von mir privat initiiert worden", stellte Kirschner fest. "Und die Festwirte waren von der Idee angetan."
Erst in der besagten Sitzung des Bauausschusses - kurz vor dem Wiesenfest - habe man ihm mitgeteilt, dass zur Veranstaltung dieses Turniers ein Stadtrats-Beschluss nötig sei. Doch eine Stadtrats-Sitzung habe es zu diesem Zeitpunkt vor dem Wiesenfest gar nicht mehr gegeben. "Kurios" nannte es Kirschner, dass ausgerechnet während dieser Sitzung die Tonbandaufzeichnung, die seine Aussage stützen könnte, ausgefallen sei.
Hauptamtsleiter Tobias Schön wies darauf hin, dass sich auch in den Protokollen der Februar-Sitzung kein Tagesordnungspunkt findet, der mit dem Wiesenfest in Verbindung steht. Schön: "Es sind auch keine Anfragen diesbezüglich aufgezeichnet."
Carsten Kirschner führte den dritten Bürgermeister und Parteifreund Roland Vogel (CSU) als Zeugen an. Ein taktischer Schachzug? Letzterer konnte sich in der Sitzung nicht zum Sachverhalt äußern. Aus einem einfachen Grund: Er war nicht anwesend.
Dennoch ist nicht auszuschließen, dass mit dieser Diskussion im Stadtrat das Kapitel um das gefälschte Wiesenfest-Plakat nun endgültig ad acta gelegt werden kann. Nachdem er seinem Ärger Luft gemacht hatte, betonte Bürgermeister Busch, dass das leidige Thema Muckturnier für ihn und die Stadtverwaltung "nun abgeschlossen und erledigt ist".
Andreas Sinterhauf, 28 Jahre alt, CSU-Mitglied seit fast zehn Jahren, ist der Mann, der das gefälschte Wiesenfest-Plakat auf Facebook postete. Das haben Recherchen der Frankenpost ergeben. Sinterhauf gab dies auf telefonische Nachfrage gleich zu. Er habe nicht geahnt, was er damit lostreten würde, sagte er. Von der hitzigen Sitzung im Bauausschuss vor dem Wiesenfest habe er telefonisch durch Carsten Kirschner erfahren. Er sei als Außendienstmitarbeiter unterwegs und nicht in der Region gewesen. Als er sich von einem Bekannten die Frankenpost -Berichterstattung dazu vorlesen ließ und von Buschs Ultimatum erfuhr, habe er ihm sofort eine E-Mail mit einer Entschuldigung zugeschickt - "datiert vom 15. Juli, 19.16 Uhr".
Die Anzeige gegen unbekannt konnte aber nicht mehr zurückgezogen werden. Das Ermittlungsverfahren gegen Sinterhauf ist weiter anhängig. Er lasse sich mittlerweile von einem Anwalt vertreten. Das Posting auf Facebook sei mit seinem Parteifreund Kirschner abgesprochen gewesen, nicht aber "dass ich es in ein Wiesenfest-Plakat einbaue". Das sei ein "spontaner Einfall" gewesen.
Noch ist Andreas Sinterhauf Parteimitglied, bei der Kommunalwahl im Vorjahr kandidierte er sogar auf der CSU-Stadtratsliste. Mittlerweile überlegt er, ob er nicht austritt, weil er sich ein bisschen auch als "Bauernopfer" sieht: "Hier in Selbitz bekriegen sich die Parteien, das gefällt mir nicht."
Laut Geschäftsordnung darf nur der Bürgermeister die Belange der Stadt nach außen vertreten. Bürgermeister Stefan Busch
Ich habe lediglich gesagt, ich habe mit dem Plakat nichts zu tun. CSU-Stadtrat Carsten Kirschner