Langenbach - Das Künstlerhaus Rollwenzelei in Langenbach ist zwar seit 17 Jahren Geschichte, aber am vergangenen Wochenende sind die einstigen Initiatoren um den Berliner Internisten Dr. Jürgen Bieberstein, die Galeristin Vera Ziegler und den Schriftsteller Petter J. Fabich an ihre Wurzeln im "Elisen-Haus" zurückgekehrt. Sie feierten das 35-jährige Bestehen des Berliner Künstlertreffs; dieser hat nach der Grenzöffnung im märkischen Glau, 30 Kilometer südwestlich von Berlin, in einem alten Bauernhof ein neues Domizil gefunden. Aus alter Verbundenheit mit den Langenbacher Freunden feierte man jetzt auch im altvertrauten Frankenwalddorf das "Zwischenjubiläum" mit einem literarischen Abend im alten Schulhaus.

Dietrich Selle begrüßte die befreundeten Berliner Kunstschaffenden mit einem Hölderlin-Gedicht: "Was Glück ausmacht und mit welchen Rezepten man es steigern kann?". Und er gab auch die Antwort: "Gedichte schreiben." Gekommen war auch Bürgermeister-Stellvertreter Ludwig Wich. In bunter Folge gab es anschließend Szenen und kleine Sequenzen aus 35 Jahren Kunstschaffen der "Rollwenzelei" unter dem Titel "Vom Frankenwald zu den Glauer Bergen".

Zur musikalisch-literarischen Soiree hatte der Schriftsteller Peter J. Fabich, die Schauspielerin Urte Blankenstein und Schauspielkollege Frank Ciazynski am früheren Lehrertisch Platz genommen. Trompeter Volker Uphoff begleitete die Lesungen und Rezitate musikalisch. Peter J. Fabich weiß: "Hier wird gelebt, wovon andere nur reden. Kunst ist für unsere Freunde und mich ein unverzichtbares Lebens- und Gesellschaftselixier. Die Rollwenzelei ist ein merkwürdiges Unterfangen. Gemüt, Geistigkeit und Schöpferkraft tummeln sich auf der Herzenswiese der Freundschaft."

Fabich trug seine Kurzgeschichte "Die Zeit vergeht in Augenblicken" vor, eine Liebeserklärung an die Menschen von Langenbach, an die Gastfreundschaft in "diesem landschaftlichen Labyrinth der Schönheit". Glückliche Stunden, frohe Tage, heiter-unbeschwerte 17 Jahre seien dahingeschwunden. Heute seien "die öffentlichen literarischen Spielwiesen verdorrt. Das Gras kitzelt nicht mehr ungeniert."

Fabich hat auch eine deftige Fantasie über Hans Clauert, den märkischen Till Eulenspiegel, mit dem Titel "Der Schelm wird genarrt" zu Papier gebracht. Den amüsant-hintergründigen Dialog übernahmen die Schauspielerin Urte Blankenstein - bekannt als Puppendoktor Tante Pille aus dem "Sandmännchen" - als Trude und Schauspielerkollege Frank Ciazynski ("Herr Nippel") übernommen. Wenn ein Narr genarrt werden soll, dann ist vergnügliches Spektakel programmiert.

Aber Vorsicht: Hinter jedem Lachen kann sich auch ein Weinen verbergen, wie dem Haus- und Poltergeist Baron Csala de Loudon am Büchertisch anzumerken war. Da ließ auch Volker Uphoff aus seiner Trompete Töne "wie rote Rosen regnen".

Reichlich Applaus bezeugte die Symphatie, die die Künstlerschar im Frankenwald genießt.

Die Wirtin Anna-Dorothea Rollwenzel

Der Name des Künstlerhauses Rollwenzelei erinnert an die fränkische Wirtin Anna-Dorothea Rollwenzel, die über ein Jahrzehnt mit dem Dichter Jean Paul (1763 bis 1825) befreundet war. In ihrem Gasthof bei Bayreuth gewährte die resolute und kunstverständige Frau dem oberfränkischen Dichter ein Asyl, in dem er ungestört arbeiten konnte, und verwöhnte ihn mit deftigem fränkischen Essen. Ein Gedicht Jean Pauls auf die Wirtin in Bayreuth: "Grün dampfen die Klöße, kühl schäumt das Bier und warm schlägt dein Herz im mächtigen Busen. Ach fränkische Traitteuse, keiner der Musen pries je die köstlichen Wonnen bei dir."