Als Erzieherin hat sie in Kindergärten in Konradsreuth, Helmbrechts, Gefrees und zuletzt mehrere Jahre in der Kinderoase der Dreieinigkeitskirche in Hof gearbeitet - Hunderte Kinder hat sie betreut, viele Eltern haben sich bei ihr gemeldet. Das Schicksal von Marina Kunzelmann ist ihnen nicht egal - vielleicht, weil sie die 42-Jährige als herzliche Erzieherin kennen, oder wegen ihres fröhlichen Lächelns an jedem noch so verregneten Morgen. Als die Wochen vergehen und die Erzieherin nicht an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt, fragen viele bei ihr nach, sind betroffen von ihrer Diagnose, wollen wissen, wie es ihr geht und wie sie ihr helfen können.
Je mehr sich Marina Kunzelmann mit dem Leiomyosarkom beschäftigt, desto klarer wird: Eine Therapie ist sehr kompliziert. Die seltene Krebsart spricht nicht ausreichend auf eine Chemotherapie an; eine Operation kommt aufgrund der Metastasen nicht infrage. Im Sarkomzentrum München wird an einer Immuntherapie für Sarkome geforscht, Marina stellt sich vor, wird allerdings nicht für die Forschungsgruppe ausgewählt. Ihr Onkologe in Hof rät ihr abzuwarten.
"Ich dachte immer, man hat eine Krankheit, und dann wird man irgendwie aufgefangen und jemand sagt einem: Wir machen erst das, dann das, dann das. Aber so ist es bei mir nicht. Da war ich schon enttäuscht und habe mich ziemlich alleingelassen gefühlt." Am Ende entscheidet sie sich dafür, ihrem Onkologen zu vertrauen und abzuwarten. Gleichzeitig lässt sie sich bei einem Komplementärmediziner in Bad Steben naturheilkundlich behandeln. Früher stand sie Naturheilverfahren skeptisch gegenüber. "Aber jetzt habe ich so viel darüber gelesen, und ich glaube schon, dass alles Einfluss nimmt. Mich hat ein Arzt gefragt: Haben Sie eine Ahnung, warum Sie Krebs bekommen haben? Was war in den vergangenen beiden Jahren? Und ja, das waren bei mir zwei wirklich harte Jahre, mit beruflichem und sehr viel privatem Stress."
Marinas Wunsch ist es, eine Therapie in einer naturheilkundlichen Klinik zu starten. Von positiven Erfahrungsberichten anderer Erkrankter ermutigt, hofft sie, mit den Kräften der Natur etwas gegen die Metastasen und den Haupttumor in ihrem Körper ausrichten zu können. Gleichzeitig kehrt sie der Schulmedizin nicht den Rücken: Sie bleibt unter der Beobachtung ihres Onkologen und schließt, sollte der Krebs aggressiver werden, eine klassische Chemotherapie nicht aus.
Die Zeit, in der die Schulmedizin nichts weiter tun kann, will Marina aber nicht ungenutzt verstreichen lassen: Eine alternative Therapie würde für sie bedeuten, etwas zu unternehmen, dem Krebs den Kampf anzusagen, mindestens Zeit zu gewinnen, und ihre Lebensqualität zu verbessern. "Ich will nicht daheimsitzen und warten, bis alles über mich hereinbricht."
Um Marinas Wunsch wahr zu machen, startet ihre Cousine Carolin gemeinsam mit Freunden die "Mission Marina": Sie richten ein Spendenkonto ein und sammeln Geld, um Marina den Aufenthalt in einer naturheilkundlichen Klinik ihrer Wahl finanzieren zu können. Am 11. Oktober organisieren sie in der Eventhalle Strobel in Dörnthal ein Benefizkonzert von Nina Hudetz für Marina Kunzelmann. Jeder Euro kommt Marina direkt zugute.
In ihrem anstrengenden Erzieherberuf zu arbeiten, dafür ist Marina momentan psychisch und physisch nicht stabil genug, obwohl sie das Lachen und die Zuneigung, die ihr von so vielen Kindern entgegengebracht wurden, sehr vermisst. In ihrem Alltag genügen manchmal Kleinigkeiten, um sie aus der Bahn zu werfen: "Mein Sohn hat sich letzthin schlimm das Knie aufgeschlagen und angerufen, ich soll ihn vom Bahnhof abholen, das war so ein Moment, in dem ich denke: Hoffentlich kann ich das noch lang, ihm ein Pflaster aufs Knie kleben." Oder als ihr Patenkind 20 worden ist, da saß sie da, schaute den großen Kerl an und dachte: "Hoffentlich erlebe ich das bei meinem Sohn auch."
Marina Kunzelmann sitzt in ihrem liebevoll dekorierten Garten, der so farbenfroh blüht wie jedes Jahr. Ihr Lachen klingt genauso wie immer, so wie man es kennt. Wie es aber in ihr aussieht, was in ihr vorgeht, das zeigt sie fast keinem. Ihre Entscheidung aber steht fest: Sie hat sich entschlossen, nicht aufzugeben, sondern zu hoffen. red