Naila/Treuchtlingen – Bei zwei Reizgas-Attacken auf Wiesenfesten in Franken sind binnen 24 Stunden mehr als 70 Menschen verletzt worden. Auf dem Wiesenfest in Naila litten am Samstagabend mehr als 50 Besucher unter Reizhusten und brennenden Augen, 500 Besucher mussten das Festzelt vorzeitig verlassen. Auf einem Volksfest im mittelfränkischen Treuchtlingen gab es am Freitagabend einen ähnlichen Vorfall, bei dem nach Angaben der Polizei 18 Personen verletzt wurden.

Es geschah während eines Auftritts der „Troglauer Buam“: Ein bislang unbekannter Täter versprühte auf dem Nailaer Wiesenfest am späten Samstagabend völlig unvermittelt Reizgas. Schnell drängten die rund 500 Festzeltbesucher nach draußen, Panik brach aber laut Polizei nicht aus. Mehr als 50 Menschen litten nach der Attacke an Atembeschwerden und Augenreizungen. Sanitäter versorgten die Volksfest-Besucher, es musste aber niemand in ein Krankenhaus gebracht werden. „Das Bayerische Rote Kreuz war mit 64 Einsatzkräften und 22 Einsatzfahrzeugen vor Ort, hinzu kommen fünf Notärzte“, listete BRK-Einsatzleiter Markus Hannweber auf Anfrage unserer Zeitung auf.

Die Nailaer Feuerwehr war mit 20 Einsatzkräften und sechs Fahrzeugen angerückt und setzte nach Absprache mit den Verantwortlichen der Freien Turnerschaft zwei Hochdrucklüfter ein. Kreisbrandinspektor Rolf Hornfischer und Kreisbrandmeister Hans Münzer waren vor Ort. „Außerdem mussten wir die Einsatzstelle ausleuchten und absperren“, berichtet Kreisbrandmeister Münzer am Sonntag. „Es gab Durchsagen mit der Aufforderung, sich bei Beschwerden wie Augenjucken, Husten und Atembeschwerden in einem der Einsatzzelte zu melden.“

Bürgermeister Frank Stumpf war am Sonntag einfach nur fassungslos: „Was soll man dazu sagen?“ Es sei schmerzlich festzustellen, dass ein Traditionsfest, das viele mit größten Mühen Jahr für Jahr zum Erfolg führten, durch einen einzigen Menschen kaputt gemacht werde. Das habe viele Auswirkungen, Rufe nach mehr Security und Taschenkontrollen würden laut. Man könne ein Fest in dieser Art und Weise dann nicht mehr auf die Beine stellen. „Ich hoffe, dass man den Schuldigen fasst und zur Rechenschaft zieht – und zwar mit aller Härte“, sagte Stumpf. „So etwas kann man nicht dulden, es ist einfach unglaublich.“ Das Stadtoberhaupt dankte zugleich den Hilfskräften und der Integrierten Leitstelle für Hochfranken. „Alles hat sehr gut funktioniert“, lobte Stumpf. „Nicht auszudenken, was noch hätte passieren können, aber auf die Einsatzkräfte ist Verlass.“

Die Nailaer Polizei war mit zehn Beamten vor Ort. Sie ermittelt nun wegen gefährlicher Körperverletzung gegen einen unbekannten Täter. Die Ermittler hoffen auf Zeugenhinweise, eventuell auch in Form von zufällig aufgenommenen Handy-Videos. Das Wiesenfest lief gestern und soll auch heute programmgemäß fortgesetzt werden.
In Treuchtlingen versprühte am Freitagabend ein 18-jähriger Mann Reizgas in einem Festzelt. Die 18 verletzten Besucher klagten über Augenreizungen und Reizhusten. Nach Angaben der Polizei soll es sich hierbei um ein Tierabwehrspray gehandelt haben, das der angetrunkene junge Mann am Hintereingang eines Festzeltes versprüht haben soll. Die Dämpfe seien dann in das Zelt gezogen.
Beide Vorfälle ereigneten sich kurz vor Mitternacht. Während in Naila niemand ins Krankenhaus musste, wurden in Treuchtlingen elf Verletzte vorsorglich in Kliniken gebracht. Sieben weitere Festbesucher behandelten die Helfer vor Ort.

Gegen den 18-Jährigen werde nun wegen Verdachts der gefährlichen Körperverletzung ermittelt, teilte die Polizei mit. Einen Grund für sein Handeln habe der Täter nicht genannt. Gegen den unbekannten Täter von Naila ermittelt die Polizei nun wegen gefährlicher Körperverletzung.
Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml warnte angesichts der Vorfälle vor dem unbedachten Einsatz von Reizgas. „Pfeffersprays oder Reizgas sollten nur im Notfall eingesetzt werden“, sagte die CSU-Politikerin. „Aber nur da. Ein leichtsinniger Umgang kann fatale Folgen haben, nicht nur für den vermeintlichen Angreifer, sondern bei unsachgemäßem Einsatz auch für den Sprüher selbst“, fügte sie hinzu.