Oberfranken Jeder elfte Coburger ist überschuldet

Nach dem aktuellen Schuldneratlas geraten vor allem Geringverdiener und Rentner durch die Corona- Pandemie in Schwierigkeiten. In der Region sind nicht alle Landkreise und Städte gleich stark betroffen.

 
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Hof/Coburg/Bayreuth - Gerade alte Menschen und Geringverdiener landen auch in der Region immer häufiger in der Schuldenfalle - verstärkt durch die Corona-Krise. Das geht aus dem Schuldneratlas hervor, den die Wirtschaftsauskunftei Creditreform am Dienstag veröffentlicht hat. Zwar sind die Menschen im Vergleich zu anderen Regionen in Deutschland vergleichsweise weniger überschuldet, aber auch hier gibt es einige Ausreißer. Besonders betroffen ist die Stadt Hof, hier gilt mit 14,41 Prozent jeder siebte Einwohner als überschuldet. Im Landkreis Wunsiedel fällt vor allem die Stadt Selb mit einer Quote von 11,6 Prozent aus dem Rahmen. Vergleichsweise gering ist die Überschuldung in den Landkreisen Kulmbach, Kronach oder Bayreuth.

Überschuldungsquote

7,1 Prozent der Bayern können ihre Schulden nicht mehr bezahlen. In der Region sehen die Überschuldungsquoten folgendermaßen aus:

Stadt Hof: 14,41 Prozent

Landkreis Wunsiedel: 9,35 Prozent

Stadt Bayreuth: 9,32 Prozent

Stadt Coburg: 9,11 Prozent

Landkreis Hof: 8,72 Prozent

Landkreis Coburg: 7,55 Prozent

Landkreis Kulmbach: 6,99 Prozent

Landkreis Kronach: 6,78 Prozent

Landkreis Haßberge: 6,33 Prozent

Landkreis Bayreuth: 6,16 Prozent

Landkreis Tirschenreuth: 5,85 Prozent


Der Anteil an Menschen über 70 Jahren, die als überschuldet gelten, stieg im vergangenen Jahr um 23 Prozent. Demnach sind in Deutschland aktuell rund 470 000 Senioren in diesem Alter überschuldet. Ein Trend, der sich bereits seit Jahren verstärkt - seit 2013 hat sich ihre Anzahl um 325 Prozent erhöht. In den Altersgruppen unter 50 beträgt die Steigerung hingegen lediglich vier Prozent. "Viele Rentner empfinden es immer noch als Schande, nicht mit ihrem Geld zurecht zu kommen und nehmen keine Sozialleistungen in Anspruch - obwohl ihnen diese zustehen würden", weiß Philipp Ganzmüller, Gesellschafter von Creditreform Bayreuth. Da ihre Rente nicht zum Überleben reicht, verdienen sich viele Menschen ab 60 Jahren etwas zu ihrer Rente hinzu. Häufig handelt es sich hierbei um eine geringfügige Beschäftigung. Seit 2003 stieg deren Anteil an den Arbeitsverhältnissen über 60-Jähriger um 74 Prozent; alleine in den letzten beiden Jahren betrug der Anstieg acht Prozentpunkte.

Gut zwei Drittel aller Niedriglohnjobs entfallen auf die Gastronomie - und damit auf eine Branche, die von der Pandemie besonders hart getroffen wurde. Mit der Folge, dass viele von diesen Beschäftigungsverhältnissen weggefallen sind. "Gerade die Gastronomie, das Hotelgewerbe und die Unterhaltungsbranche ist durch die Pandemie besonders betroffen", sagt Ganzmüller. Dies gehe aus Rückmeldungen über nicht gezahlte Rechnungen hervor, die Creditreform regelmäßig von Zulieferern dieser Branchen erhalte. "Aktuell werden Zahlungsziele in einer Weise überzogen, wie wir es nicht erwartet hätten." Ende Oktober zeichnete sich bereits ein leicht positiver Trend ab. Welche Folgen der erneute Lockdown für diese Branchen in der Region haben wird, lässt sich laut dem Finanzexperten noch nicht abschätzen.

Doch nicht nur Rentner arbeiten häufig im Niedriglohnsektor. Es sind vor allem Menschen mit geringer beruflicher Qualifikation, die ihren Lebensunterhalt mit Mini-Jobs bestreiten. Sie leiden laut Ganzmüller doppelt unter der Krise: Sie verdienen zu wenig, um sich ein Polster für schlechte Zeiten anzusparen und profitieren nur selten von den staatlichen Hilfen während der Corona-Pandemie. "Das Problem ist, dass geringfügig Beschäftigte nicht unter das Kurzarbeitergeld fallen, und häufig ihre Arbeit verlieren." Die Gefahr sei groß, dass sie sich anschließend dauerhaft überschulden. "Gerade Arbeitnehmer mit niedrigem bis mittlerhaben im vergangenen Jahr ihre wirtschaftliche Situation deutlich zu positiv eingeschätzt", sagt Ganzmüller. Die Krise treffe sie jetzt mit voller Wucht. Seite 23

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