Kulmbach Hängepartie um neuen Schlachthof

Seit einigen Wochen liegen im Landratsamt die Zahlen des Kronacher Schlachthofs vor. Dem Landrat reicht das abgegebene Material als Entscheidungsgrundlage für weitere Überlegungen aber nicht aus. Foto: Archiv

Wo die Reise hingeht, ist unklar. Im März schlugen die Metzger Alarm. Ein Neubau, möglichst in Kooperation mit Kulmbach, steht als mögliche Lösung im Raum.

 
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Kronach/Kulmbach - "Erst dachte man, der Dachstuhl brennt und jetzt hört man nichts mehr", meint der SPD-Kreistagsfraktionsvorsitzende Richard Rauh zur Causa Schlachthof-Neubau. Anfang November habe er in der NP gelesen, dass Landtagsabgeordneter Jürgen Baumgärtner (CSU) die Zahlen des Kronacher Schlachthofs bekommen habe. "Ich selbst kenne sie nicht. Wenn der Abgeordnete sie schon hat, wäre es schön, die Kreistagsfraktionen hätten sie auch", ärgert sich Rauh.

Gläserne Manufaktur

In Dänemark gibt es seit 2014 einen gläsernen Schlachthof. Durch die Glassscheibe kann man live miterleben, wie aus einem lebenden Tier ein Lebensmittel wird - von der Tötung der Schweine über das Ausweiden bis zum Zerlegen. Führungen sind kostenlos und überaus beliebt. Diese gelebte Transparenz schützt am Ende die Tiere auf ihrem letzten Weg, aber auch die dort Beschäftigten. Und: Der Verbraucher sieht, wie sein Fleisch produziert wird.

Ein Rückblick: Bis 1995 war der Kronacher Schlachthof kommunal. Allerdings musste die Stadt Kronach damals bis zu 400 000 Euro jährlich drauflegen. Man einigte sich auf ein neues Geschäftsmodell. 25 Metzger bauten schließlich am heutigen Standort neben der Kronacher Kläranlage neu. 2012 musste der Weismainer Großvermarkter Heizer sein Geschäft aufgeben - somit brach einer der wichtigsten Kunden weg. Infolgedessen drohte auch dem Kronacher Schlachthof die Insolvenz. Damals retteten die beteiligten Metzger mit einem Darlehen den Betrieb. Seitdem betreiben sie den Schlachthof komplett eigenständig. Jedoch hat sich über die Jahre ein immenser Investitionsstau gebildet und es besteht dringend Sanierungsbedarf.

Im März dieses Jahres schlugen die Kronacher Metzger wieder Alarm. Aufgrund einer Gebührenerhöhung für die Fleischbeschau wähnten sie den Schlachthof erneut in Gefahr. Plötzlich stand die Frage im Raum, wie die Einrichtung zukunftssicher aufgestellt werden kann. Hier brachte der Kronacher Landtagsabgeordnete Jürgen Baumgärtner die Idee eines Neubaus ins Spiel. Für das Projekt veranschlagte er zehn Jahre Zeit bis zur Realisierung.

Im Kronacher Kreistag hat man schließlich im April auf Antrag der CSU beschlossen, mit der Geschäftsführung des Schlachthofs und allen Beteiligten erforderliche Gespräche zu führen und Einblick in die Bilanzen zu nehmen, um den erforderlichen Finanzbedarf zu eruieren.

"Den tatsächlichen Finanzbedarf sieht Landrat Klaus Löffler als Dreh- und Angelpunkt für weitere Überlegungen und Strategien", teilt der Pressesprecher des Kronacher Landratsamtes, Bernd Graf, nun mit. Ende September hätten die Metzger zwar Zahlen geliefert, die würden aus Sicht des Landrats aber noch keine Bewertung der wirtschaftlichen Situation ermöglichen. Man müsse erst Einblick in die Bilanzen und einschlägigen Unterlagen bekommen. Außerdem wäre es wichtig zu wissen, warum die Erlöse aus der Schlachtung rückläufig sind und welche Betriebe aus welchem Grund keine Schlachtungen mehr in Kronach durchführen.

Landtagsabgeordneter Jürgen Baumgärtner quittiert unterdessen die Frage Richard Rauhs nach den Zahlen mit einem Schulterzucken: "Wenn er Interesse an dem Projekt hätte, hätte er die Zahlen, die die Metzger bisher geliefert haben, auch schon. Das ist ja schließlich keine Einbahnstraße. Man kann ja auch mal danach fragen." Das sieht Richard Rauh ganz anders. "Ich erwarte, dass der Dienstweg eingehalten wird." Wenn die Zahlen im Landratsamt vorliegen, dann müsste man sie den Fraktionsvorsitzenden doch weiterreichen. Er habe mehrmals danach gefragt. "Schließlich entscheidet am Ende der Kreistag und nicht der Landtagsabgeordnete als allwissender Allrounder. Der ist ja wie die eierlegende Wollmilchsau", ärgert sich Rauh, dem noch etwas ganz anderes im Magen liegt: Baumgärtners Neubau-Idee, die dieser bisher immer mit einer Kooperation mit dem Kulmbacher Schlachthof verknüpft hat. "Es wäre interessant, ob Kulmbach überhaupt zu einer Kooperation bereit wäre", stichelt Rauh. Diese Spitze kontert Baumgärtner mit einem Bild: "Wenn man darauf wartet, dass jemand seine Bereitschaft signalisiert, ist das so, als stünde man am Bahnhof und wartet auf ein Schiff." Der Neubau funktioniere nun einmal nur mit Partnern. Allein sei das nicht zu schultern. Und um Partner müsse man sich bemühen.

Die Kronacher Metzger sind der Meinung, dass der neue Schlachthof auf jeden Fall in Kronach stehen muss. Schließlich schlachtet man laut dem Metzgerinnungsobermeister Eberhard Kraus in Kronach viermal so viel wie in Kulmbach. Außerdem habe der hiesige Schlachthof ein Einzugsgebiet bis nach Jena. Daher sei er auch der strategisch günstigere Standort. Und auch wenn man sich in Kulmbach immer auf die direkte Nähe zur Fleischforschungsanstalt berufe: Fleischforschung könne man genauso gut in Kronach durchführen. Jürgen Baumgärtner betont, ihm sei die wohnortnahe Schlachtung im Einklang mit der Schöpfung, also tiergerecht, ein großes Anliegen. Wenn man also in Kulmbach sage, man wolle den Schlachthof nicht nach Kronach verlagern, müsse man das einmal genau anschauen: "Warum soll die Kulmbacher Einrichtung staatlich subventioniert werden und die Kronacher Metzger müssen sich dem Markt stellen?" Er persönlich glaube ohnehin, dass Schlachthöfe in staatliche Hand gehörten und halte nichts von privaten Schlachtbetrieben. Die müssten Gewinn maximieren, das Tierwohl habe dann oft eine untergeordnete Rolle. Deshalb strebe er eine gläserne Manufaktur für einen kommunal betriebenen Schlachthof an. "Wir müssen eine Lösung finden, die für alle gut ist. Und ich glaube, das wäre ein Neubau mit einem Kooperationspartner, wer auch immer das am Ende ist."

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