Oberfranken Corona-Studie wirft Blick auf Kinder

Jürgen Umlauft, Josefine Kaukemüller

Wie ansteckend sind die Jüngsten in der Corona-Krise? Eine neue Studie an insgesamt sechs bayerischen Kinder- Universitätskliniken soll darüber Aufschluss bringen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

München - Mit einer bayernweit angelegten Langzeitstudie will die Staatsregierung die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Kinder untersuchen. Das Forschungsprojekt "Covid Kids Bavaria", an dem die sechs bayerischen Universitätskliniken beteiligt sind, beschäftigt sich mit Ansteckungsgefahr und Krankheitsverlauf, aber auch mit den psychischen Folgen des Lebens mit Corona für Kinder. Dazu werden in den 46 Bundestagswahlkreisen Bayerns je eine Grundschule und zwei benachbarte Kindertagesstätten ausgewählt. Insgesamt sind bis Anfang kommenden Jahres in vier Wellen 12 000 Corona-Tests an Kindern im Alter zwischen einem und zehn Jahren sowie deren Lehrkräften und Erzieherinnen geplant.

Vor dem Hintergrund der für September geplanten Rückkehr zum Normalbetrieb an allen Schulen und Kitas soll vor allem die Frage geklärt werden, welche allgemeine Infektionsgefahr von den Einrichtungen ausgeht. Außerdem soll die Studie Aufschluss über die Auswirkungen der Pandemie auf die allgemeine Kindergesundheit geben.

Bisher ist in der Wissenschaft umstritten, ob Kinder das Virus genauso wie Erwachsene weiterverbreiten oder in einem geringeren Umfang. "Wer öffnet, muss mehr wissen, um mit möglichen Risiken besser umgehen zu können", begründete Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Studie, die vom Freistaat mit einer Million Euro finanziert wird. "Covid Kids Bavaria" begleite die Öffnung von Schulen und Kitas daher wissenschaftlich. Einige Analysen weisen bislang darauf hin, dass Kinder das Virus seltener an andere Menschen weitergeben als Erwachsene und nicht zu den Hauptträgern der Ausbreitungswelle gehören. Es gibt aber auch Analysen, die in eine gegenteilige Richtung weisen. "Gerade in Zeiten wie diesen sind wir auf fundierte, wissenschaftliche Erkenntnisse angewiesen, dafür sind wir mit den bayerischen Universitätskliniken bestens aufgestellt", betonte der Ministerpräsident.

Die Studie wird von den beiden Professoren Christoph Klein und Johannes Hübner vom Dr.-von-Hauner’schen-Kinderspital der Universität München geleitet. Klein erklärte, es bestehe die Vermutung, dass Kinder "nicht die Hotspots der Corona-Verbreitung sind". Ziel des Forschungsprojekts sei es, Licht in das Dunkel zu bringen. Man wolle wissenschaftliche Fakten liefern, auf deren Basis rationale Entscheidungen zum weiteren Schul- und Kita-Betrieb möglich seien.

Hübner ergänzte, der Nachteil bisheriger Studien zur Infektiösität von Kindern sei gewesen, dass sie zur Zeit des Lockdown durchgeführt worden seien. "Schul- und Kita-Öffnungen sind ein Risiko, das wir glauben, eingehen zu können", sagte Hübner. "Wir wollen es aber genau wissen." Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) erklärte, er erhoffe sich ein "weiteres, großes Puzzlestück im Covid-19-Bild".

Die Teilnahme an der Studie ist für alle Beteiligten freiwillig. Tests und Befragungen vor Ort werden von erfahrenen Kinderärzten begleitet. Das Studiendesign ist flexibel ausgelegt, sodass auch Einrichtungen zusätzlich einbezogen werden können, die von einem akuten Corona-Ausbruch betroffen sind. Geplant sind zunächst nur Virus-Tests, zum Ende der Studie sollen die Probanden auch auf Antikörper untersucht werden, um die Verbreitungsdaten abgleichen zu können. "Wir müssen mehr an Kinder denken", betonte der Studienbetreuer, Professor Hübner.

Klein legte zudem Wert auf den psychologischen Ansatz der Studie. Kinder reagierten oft sehr sensibel auf Veränderungen in ihrem Lebensumfeld. Daher sei es wichtig, auch die Folgen des Lockdown sowie der in der Gesellschaft verbreiteten Verunsicherung wegen der Corona-Pandemie auf die Kinderseele zu untersuchen.

An der Studie sind neben den Professoren auch Medizinerinnen und Mediziner aus Augsburg, Erlangen, München (sowohl von der Ludwig-Maximilians-Universität als auch von der Technischen Universität) sowie aus Regensburg und Würzburg beteiligt. Die Auswertung der Daten soll voraussichtlich bis Ende März 2021 abgeschlossen sein. Foto: Sven Hoppe/dpa

Bilder