Ein schwieriges Unterfangen, denn Daniel T. kann sich kaum noch auf den Füßen halten. Er hatte der Zeugin gesagt, dass er mindestens "drei Teile" genommen habe. Das entspräche einer gewaltigen Überdosis, denn die "Punisher" sind ohnehin zwei- bis dreimal stärker als sonst gängige Ecstasy-Pillen. Obwohl sie ein verblüffendes Drogenwissen offenbarte, hält es die 17-jährige Gymnasiastin für ausreichend, Daniel T. zum Ausschlafen in einem Bett unterzubringen.
Dies war eine fatale Fehleinschätzung: Wenig später kollabiert der Kreislauf des 16-Jährigen, vor seinem Mund steht Schaum, seine Finger färben sich blau. Erst jetzt entschließen sich seine Freunde, den Rettungswagen zu rufen. Obwohl die Rettungsstelle noch über Telefon Anweisungen zur Ersten Hilfe gibt und die Freunde Mund-zu-Mund-Beatmung probieren, stirbt Daniel, noch bevor die Retter eintreffen. Dass sie nicht eher gerufen wurden, kann Vorsitzender Richter Carsten Sellnow ebenso wenig verstehen wie der Erlanger Rechtsmediziner, Professor Peter Betz, der die Hauptverhandlung als Sachverständiger begleitet.
Gut acht Monate nach dem Drama offenbaren die einstigen Freunde von Daniel T. als Zeugen im Gerichtssaal große Erinnerungslücken. Vor allem, wer die Pillen damals in Verwaltung hatte und wer sie an Daniel T. weitergab, wollen sie heute nicht mehr wissen. Eine 17-Jährige gibt sogar an, überhaupt nichts vom Drogenkonsum der Freunde mitbekommen zu haben - obwohl sie durchgehend eine Woche in der besagten Einzimmer-Wohnung verbracht hatte.
Die letzte Zeugin dieses zweiten Verhandlungstages ist die Mutter von Daniel T. Sie sagt, dass sie allenfalls geargwöhnt habe, dass ihr Sohn ab und an kiffe. Dies habe er jedoch bestritten. Von härteren Drogen habe sie nichts geahnt. Vom Tod ihres Sohnes erfährt sie am 15. Juni durch die SMS eines Bekannten. Zu diesem Zeitpunkt kursieren auf Facebook schon die ersten Gerüchte vom Tod Daniels. Die Mutter zieht los, um ihren Sohn zu suchen. Sie kommt gerade noch rechtzeitig, um zuzusehen, wie der Sarg mit der Leiche aus dem Hochhaus am Q-Bogen getragen wird.
Der Prozess wird am 4. April fortgesetzt.