BAMBERG – Die Angelegenheit bringt Commissario Guido Brunetti ganz schön ins Schwitzen. Knifflig ist die Situation in dem stilvoll eingerichteten Esszimmer mit Blick auf Venedigs Canale Grande. Der erfahrene Ermittler muss all seine Detektiv-Kunst aufwenden, all die teils widersprüchlichen Indizien gegeneinander abwägen, um der Sache auf den Grund gehen zu können. Dann überschlagen sich die Ereignisse, Brunetti muss jetzt sofort reagieren. Doch der Kommissar ist gewappnet: Souverän greift er zum Dessert-Löffelchen. Es ist „Mousse au Chocolat“, der Nachtisch, dessen Existenz seine Frau Paola ihm während des ganzen Essens verheimlichen wollte. Aber: Einen alten Hasen wie Brunetti führt man nicht so leicht an der Nase herum.

Donna Leon muss selber schmunzeln, als sie diese Stelle aus ihrem neuesten Buch vorliest. Die Bestseller-Autorin stellt in Bambergs ausverkauftem E.T.A.-Hoffmann-Theater den 15. Band ihrer Commissario-Brunetti-Serie vor. Mehr als 400 Fans wollen es aus dem Munde der weltweit in Millionen-Auflagen gelesenen Kriminalschriftstellerin selbst hören, um was es geht in „Wie durch ein dunkles Glas“.

Doch das genüsslich zelebrierte Nachtisch-Rätsel bleibt an diesem Abend der einzige Fall, den der distinguierte Kommissar zu lösen bekommt. Donna Leon verzichtet vor Publikum auf Bluttaten, schwelgt lieber in poetisch schönen Frühlingsbildern aus ihrer Lieblingsstadt. Venedig, das gibt sie offen zu, ist der eigentliche Star ihrer Romane. Seit 26 Jahren lebt die Amerikanerin in der Lagunen-Stadt – und die Liebe ist offenbar frisch wie am ersten Tag.

Das wird auch in dem Gespräch deutlich, das die Bamberger Literaturwissenschaftlerin Dr. Beatrix Hesse vor der eigentlichen Lesung mit der Autorin führt. Sympathisch, locker und sprühend humorvoll kommt die grauhaarige 64-Jährige rüber, ganz ohne Allüren plaudert sie über ihre Wahl-Heimat und über die Charaktere, mit denen sie sie in ihren Büchern bevölkert.

Natürlich müssen Krimis spannend sein, aber ihre Brunetti-Romane, darauf besteht die Autorin, haben zudem auch Witz. An diesem Abend ohne literarische Leichen beweist sie das gleich mehrfach. Während sie Passagen auf englisch liest, fügt der Bamberger E.T.A.-Hoffmann-Schauspieler Eckhart Neuberg Szenen auf deutsch hinzu. Es geht, soviel erfährt man zumindest, diesmal um die Glasbläser-Insel Murano in der Lagune von Venedig, es geht um giftigen Müll. Und: Guido Brunetti wird wohl kniffligere Aufgaben lösen müssen als nur das Geheimnis des Nachtischs.