München Es wird einsam um Horst Seehofer

Jürgen Umlauft
Horst Seehofer ist angezählt. Die Vorstandsmitglieder hielt er noch im Zaum, aber im Laufe des Tages gab es die ersten Stimmen, die den Chef infrage stellten. Quelle: Unbekannt

Die Vorständler der CSU wünschen sich keine Debatte übers Spitzenpersonal. So bleibt die Revolte aus.

 
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München - Am Morgen nach der historischen Wahlschlappe sind die Reihen bei der CSU geschlossen. Den Kopf des Vorsitzenden Horst Seehofer fordert erst einmal keiner. Ob aus ehrlicher Überzeugung oder Selbstdisziplin ist nicht immer zu erkennen. Der Chef jedenfalls erstickt jede Personaldebatte schon kurz nach Sonnenaufgang im Keim. "Wenn jemand das anders will, dann soll er das sagen", raunt Seehofer mit drohendem Unterton bei seinem Eintreffen zur CSU-Vorstandssitzung. Er selbst betont, seit Sonntag 18 Uhr zu keiner Sekunde daran gedacht zu haben, die Brocken hinzuwerfen. Als Politiker sei er verpflichtet, das Ergebnis anzunehmen und Lösungen zu finden. "Mein ganzes politisches Leben war ein Bohren dicker Bretter - und das ist ein besonders dickes Brett", sagt er. Von Aufgeben keine Spur.

Der Schock über die krasse Schlappe und den Triumph der AfD sitzt in der CSU aber immer noch tief. Der Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber spricht von "einer der bittersten Stunden in fast 50 Jahren CSU-Mitgliedschaft". Zu Stoibers aktiven Zeiten galt 50 plus x als immerwährender Anspruch. "39 Prozent vertragen sich nicht mit der DNA der CSU", ordnet er das Abschneiden vom Sonntag ein. Der frühere Ministerpräsident Günther Beckstein, der bei der Landtagswahl 2008 das Absinken der CSU auf gut 43 Prozent mitzuverantworten hatte, seufzt über ein "schlimmes Ergebnis". Die CSU habe mehr verloren als die CDU, und ausgerechnet in Bayern habe die AfD ihr bestes Resultat im Westen Deutschlands erzielt. Das erfordere eine sorgfältige inhaltliche Analyse. Eine überstürzte Personaldebatte bringe nichts. Beckstein sagt aber auch: "Montagfrüh war bei mir damals auch noch heile Welt." Drei Tage später trat er auf innerparteilichen Druck hin zurück.

Ungewohnt ernst und ohne Beschönigung nimmt Finanzminister Markus Söder Stellung zum Desaster. Er spricht von einer "epochalen Herausforderung" für die CSU, die nun kleinste Partei im Bundestag sei. Mit Blick auf die "fundamentale Stärke" der AfD warnt Söder davor, dass diese für die Union das werden könnte, was die Linke für die SPD sei. Da dürfe man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Nun sei er "kein Freund von Hauruck-Analysen", weshalb er empfehle, jetzt sehr genau in die Partei hineinzuhorchen. Auf die Erfahrungen der Basis im Wahlkampf gelte es zu hören, auf das, was die CSU-Ortsvorsitzenden zu sagen hätten. Er ahnt wohl, dass es dort brodelt. Auf die Frage nach personellen Konsequenzen flieht Söder im Eiltempo um die Ecke und sagt demonstrativ nichts.

Auffallend ist, dass von den befragten Vorständlern am Morgen vor der Sitzung sonst alle vor einer Personaldebatte warnen, sich aber keiner explizit hinter Seehofer stellt und dessen Wahlkampfstrategie verteidigt.

Im Laufe des Tages aber gibt es doch die ersten Stimmen, die den Chef infrage stellen. Aus Hof meldet sich der Abgeordnete Alexander König, und aus der Vorstandssitzung wird kolportiert, dass der Altvordere Thomas Goppel an die Rücktritte Becksteins und des damaligen CSU-Chefs Erwin Huber nach der vergeigten Landtagswahl 2008 erinnert. Seehofer will das nicht weiter kommentieren.

Auch der mittelfränkische CSU-Ortsverband Großhabersdorf aus dem Landkreis Fürth forderte am Montag Seehofers Rücktritt.

Über eine Personalie wird dann doch geredet: Über die des Spitzenkandidaten Joachim Herrmann, der wegen des schlechten CSU-Abschneidens den Sprung in den Bundestag verpasst hat. Kämpferisch in Richtung Berlin gibt er sich trotzdem. Die CSU werde nun den Beweis antreten, dass sie ihre Positionen - vor allem bei der Flüchtlingsbegrenzung - im Bund durchsetzen könne. Das bedeute aber "keinen Rechtsruck der CSU", beschwichtigt er. Die CSU sei und bleibe eine Partei der Mitte, offen für Liberale genauso wie für Konservative.

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