Bayreuth Fall Sophia: Das Geheimnis der gelöschten Fotos

Manfred Scherer

Auf dem Handy des Mordverdächtigen im Fall Sophia entdeckten Ermittler Spuren gelöschter Bilder. Sie wurden kurz nach dem Tod der jungen Frau entfernt.

 
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Bayreuth - Das Verhalten des wegen Mordes angeklagten Lastwagenfahrers Boujeema L. vor und nach dem Tod der Anhalterin Sophia Lösche stand beim jüngsten Verhandlungstag vor dem Bayreuther Landgericht im Mittelpunkt. Dabei gibt es rätselhafte Handlungen - etwa die "Säuberung" des Mobiltelefons des Angeklagten.

Das Smartphone von Boujeema L. wurde am 19. Juni 2018 von spanischen Polizisten beschlagnahmt, kurz nachdem die Zugmaschine des Lastwagens, in dem der 42-Jährige den Leichnam von Sophia Lösche durch halb Europa gefahren haben will, 600 Kilometer südlich von Madrid ausbrannte.

Das Handy wurde an die Bayreuther Kripo übergeben. Die Auswertung ergab einige Besonderheiten. Am 13. Juni wurden mit dem Handy Fotos einer Toilettenanlage des Rastplatzes Leipzig-Birkenwald gemacht, besser: Fotos von Frauen, die auf dem Weg in die Toilette oder auf dem Weg wieder heraus waren. Der Ermittler, der das Handy auswertete, sagte am Montag aus: Die zwei Frauen, die auf den Bildern zu sehen waren, waren jung und leicht bekleidet - ähnlich wie Sophia Lösche. Am 14. Juni machte das Handy Fotos eines erigierten Geschlechtsteils, eine Hand daran. Der Angeklagte Boujeema L. hat gestanden, sich selbst beim Masturbieren fotografiert zu haben - es waren angeblich Fotos für einen Internetflirt in einem Sexportal.

Das hält die Anklägerin, Oberstaatsanwältin Sandra Staade, für eine Schutzbehauptung. Sie hat Boujeema L. auch wegen dieser Fotos angeklagt, Sophia Lösche gut eine Stunde nach den Masturbationsfotos bereits mit sexuellen Hintergedanken in seinen Laster eingeladen, danach eine Sexualstraftat an ihr begangen zu haben und die 28-Jährige dann zur Vertuschung und Verdeckung dieser Tat ermordet zu haben.

Boujeema L. bestreitet das und reklamiert einen aus dem Ruder gelaufenen Streit als Ursache für die Bluttat, die er grundsätzlich einräumt. Nach den GPS-Daten seines Fahrzeuges standen Zugmaschine und Sattelauflieger zwischen 21 Uhr bis gegen Mitternacht auf dem Parkplatz in Sperbes. Es dauerte etwa eine Stunde, bis im Handyspeicher des Geräts Löschaktivitäten vermerkt wurden: 50 Fotos und auch Videos, aufgenommen unter anderem mit einer geheimen App für unbeobachtetes Fotografieren oder Filmen, wurden ab 1 Uhr 13 gelöscht. Ein Kriminalbeamter sagte aus: Der Inhalt der Bilder und Videos sei "leider" nicht mehr rekonstruierbar, aber: "Sie waren da, das ist sicher. Der Speicher sagt uns: Da sind leere Zimmer, nur was in den Zimmern drin war, kann man nicht mehr feststellen." Nach der Einlassung des Angeklagten war Sophia Lösche zum Zeitpunkt der "Säuberung" - das ist ein Begriff, den der Angeklagte selbst verwendete, bereits tot.

Der Gerichtsvorsitzende Bernhard Heim formulierte den Verdacht: Das Löschen könne normalerweise nur von dem Angeklagten vorgenommen worden sein - und er fragte Boujeema L. direkt: "Was war da drauf, auf den Bildern? Wann wurden sie aufgenommen? Warum denkt man dran, dass man jetzt Bilder löschen muss - wenige Zeit, nachdem Sie möglicherweise Sophia Lösche vom Leben zum Tod gebracht haben?"

Ein Kriminalbeamter berichtete, dass die im marokkanischen Tanger ansässige Spedition, für die Boujeema L. fuhr, den Angeklagten als einen der zuverlässigsten Fahrer einstufte. Die Spedition arbeitete eng mit der Kripo zusammen. Die Spedition hatte nach dem Brand des Lasters einen Gutachter eingeschaltet - für die Versicherung. Der Gutachter kam zu dem Ergebnis: Die Zugmaschine wurde in Brand gesteckt - einen Tag, nachdem Boujeema L. Sophia Lösches Leichnam in Nordspanien in einem Gebüsch versteckte. Ob der Lasterbrand tatsächlich eine Brandstiftung war, ein letztes, das vielleicht größte Vertuschungsmanöver, soll sich heute zeigen: Ein Brandexperte des Landeskriminalamtes soll sein Gutachten erstatten.

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