Kulmbach Feind, Intimfeind, Parteifreund

Hinter einem Zaun in der Melkendorfer Straße in Kulmbach liegt das Plakat des AfD-Kandidaten Dominik Pflaum im Gebüsch. Pflaums Parteifreundin Daniela Förster hat es abgeschnitten und liegengelassen. Foto: Melitta Burger

In der Kulmbacher AfD scheint es mit Teamwork nicht so recht zu klappen. Bezirkstagskandidatin Daniela Förster hängt Plakate von Bewerbern der AfD ab und sieht sich als Opfer von gezielter Verfolgung.

 
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Kulmbach - AfD-Plakate, das beklagt die Partei immer wieder, werden in Wahlzeiten in großer Zahl zerstört, abgehängt, beschmiert. In Kulmbach hatte es deswegen im vergangenen Bundestagswahlkampf sogar Strafanzeigen gegeben. Doch der "Feind", so sieht es wenigstens in Kulmbach aus, kommt offenbar nicht in allen Fällen von außen. Die AfD-Direktkandidatin für den Bezirkstag, Daniela Förster aus Ködnitz, wurde jetzt sogar dabei gefilmt, wie sie mit einer Schere an einem Teleskopstab anrückte und Plakate entfernte, auf denen der Forchheimer Dominik Pflaum in Kulmbach um Zweitstimmen wirbt. Nach außen sagen jetzt alle Vertreter der AfD, die Sache sei ein Missverständnis gewesen und im Guten geklärt worden. Es gebe keinen Grund zur Aufregung. Sogar die Plakate des Kandidaten Pflaum hängen wieder in Kulmbach. Intern, berichten Insider, sollen die Wellen allerdings hochschlagen. Die AfD in Oberfranken, so heißt es, sei alles andere als eine Einheit. Das Video, wie Daniela Förster ausgerechnet Plakate eines Parteifreunds abschneidet, macht die Runde via WhatsApp und E-Mail. Hinter den Kulissen werde mit harten Bandagen gekämpft, seit es um konkrete Mandate geht. Es gebe regelrechte Kampagnen gegen unliebsame Personen. Daniela Förster bestätigt das: "Ich habe diese internen Machtkämpfe satt", sagt sie. Als Idealistin habe sie es schwer in der AfD.

"Das ist der falsche Kandidat", sagt Daniela Förster in dem Handy-Video mit Nachdruck. Dann hält sie Plakate mit dem Konterfei des AfD-Direktkandidaten im Stimmkreis, Gerd Kögler, in die Kamera. "Das sind die Echten! Die müssen ran!" Auf den Hinweis, es sei verboten, Plakate abzuhängen, erklärte Daniela Förster, der Platz gebühre dem Kulmbacher Bewerber, die Zweitstimmenwerbung von Dominik Pflaum, immerhin auf dem dritten Listenplatz der AfD, bezeichnete Förster als "Fremdplakatierung". Dann setzt sie die Schere an. Dem Mann, der sie dabei filmt, sagt sie, er solle Dominik Pflaum ausrichten, er könne seine Plakate bei ihr abholen. Mindestens bei einem wird das wohl nicht gelingen: Es fiel hinter den Zaun eines Kulmbacher Unternehmens und liegt seither dort in einem Gebüsch.

Der Mann, der den Vorgang filmt, macht Förster darauf aufmerksam, dass es verboten sei, Plakate abzuhängen. Er stellt Fragen, weist darauf hin, dass auch Dominik Pflaum auf der AfD-Liste sei. "Das können Sie doch nicht einfach abhängen", sagt er deutlich, aber höflich.

Die Person sei gezielt geschickt worden, um sie zu beobachten und zu filmen, ist sich Daniela Förster sicher. Rau sei er von der Art her zu ihr gewesen. Sie habe sich aber nicht beeindrucken lassen. "Den Mann, der mich ganz aggressiv angegangen ist, habe ich dem Staatsschutz gemeldet. Er hat auch Besuch bekommen." Sie müsse sich das nicht bieten lassen. Als Kandidatin habe sie einen erhöhten Schutzstatus. "Wenn ich mich nicht mehr sicher fühle, rufe ich beim Staatsschutz an." Den Beamten in Bayreuth habe sie das Autokennzeichen des Mannes mitgeteilt und auch ein Foto, das gemacht wurde, als er sie beim Entfernen der Plakate gefilmt habe. Dass der Mann, der sie gefilmt und mit dem sie gesprochen hatte, ebenfalls in der AfD ist, hat Daniela Förster offenbar gewusst. "Sie sind ein Hock-Mann", hat sie dem Mann in dem Video vorgehalten und damit den ehemaligen Kulmbacher Kreisvorsitzenden Georg Hock gemeint. Doch Parteifreund hin oder her: Sie hat den Mann, der sie gefilmt hat, dennoch angezeigt.

Auf keinen Fall sei das Abhängen der Plakate eine mutwillige Zerstörung gewesen. Ob derjenige, der das alles angezettelt habe, es am Ende bitter bereuen würde, werde man jetzt sehen. Wen sie damit meint, sagt sie nicht. Daniela Förster wird dann aber doch noch einmal deutlich: "Ich habe die Schnauze voll." Sie habe eigentlich gar nicht kandidieren wollen. Warum sie es dann doch getan hat, sagt sie auch: "Das ist Politik. Es ging darum, jemanden anderen zu verhindern." Wer das ist, behält Daniela Förster dann wieder für sich.

Dominik Pflaum, dessen Plakate von der Ködnitzer Bezirkstagskandidatin abgenommen worden waren, nimmt die Sache gelassen. Er habe sich mit Daniela Förster unterhalten. Was es in Kulmbach für Machtkämpfe gebe, wisse er nicht. Für ihn sei entscheidend, dass Förster die Plakate bereits am nächsten Tag "reumütig wieder aufgehängt hat".

Die abgehängten Wahlplakate haben in der AfD für viel Gesprächsstoff gesorgt. Doch das Bemühen, das Thema unter den Tisch zu kehren, ist deutlich. Auch Bezirksvorsitzender Tobias Peterka weiß von der Sache. Man habe sich inzwischen geeinigt, sagt er. Mehr will er dazu öffentlich nicht sagen. Nur so viel: "Es gibt keine Probleme mehr."

Das sieht der oberfränkische AfD-Listenführer Martin Böhm zumindest der Öffentlichkeit gegenüber ähnlich. Jeder Mensch, sagt er, müsse selbst wissen, wie er sich verhält. Rein rechtlich sei sicher nicht zu beanstanden, was in Kulmbach gelaufen ist. Laut Böhm sei das wohl eher "eine moralische Sache". Einen Satz sagt er dann aber doch noch: "Wir streiten alle für eine gemeinsame Sache. Da müssen persönliche Animositäten hinten anstehen."

Daniela Förster will, wie berichtet, laut einer im September auf der Facebookseite ihres Kulmbacher Kreisverbands verbreiteten Mitteilung Opfer eines "politisch motivierten Terroranschlags" geworden sein. Ihr VW-Bus, sagte sie gegenüber der Frankenpost , sei mit einer Flüssigkeit übergossen und dabei total beschädigt worden. Genau mit diesem VW-Bus war Daniela Förster unterwegs, als sie die Plakate abhängte. Ein Schaden, der auf eine "totale Zerstörung" hinweist, ist auf dem Video nicht zu sehen.

Das Fahrzeug stand, als das Video gemacht wurde, komplett auf dem Geh- und Radweg in der Melkendorfer Straße. Wer dort als Fußgänger vorbeigekommen wäre, hätte auf die Fahrbahn ausweichen müssen. Das Schlagen des alten Dieselmotors, der während der gesamten Aktion lief, ist auf dem Video deutlich zu hören. Zu der reißerischen Pressemitteilung, die inzwischen leicht verändert wurde, steht Daniela Förster heute nicht mehr: "Ich habe nicht umrissen, was in der Pressemitteilung stand", sagt sie und verweist darauf, dass Stimmkreis-Direktkandidat Gerd Kögler den Text vor der Veröffentlichung anschauen sollte. Die vielen zum Teil hasserfüllten Kommentare zu dieser Mitteilung sind inzwischen verschwunden. Sie wurden gelöscht, als Georg Hock in einem Beitrag zur Mäßigung aufgerufen und daran erinnert hatte, dass noch niemand weiß, wer das Fahrzeug beschädigt hat. Der Frankenpost sagte Daniela Förster gestern, sie selbst sei es gewesen, die die gesamten Beiträge von der AfD-Seite entfernt habe.

Gerd Kögler, dessen Plakate Daniela Förster so vehement als die "Richtigen" verteidigt hatte, bestätigt, dass es Irritationen wegen der Plakatierung von Dominik Pflaum in Kulmbach gegeben habe. Daniela Förster sei sehr erbost gewesen. Das Hoheitsrecht, welche Plakate aufgehängt werden, habe der Kreisverband. Deswegen sei er sich nicht sicher, ob an der Kulmbacher "Plakataffäre" etwas illegal sei. "Ob es richtig war, will ich gar nicht bewerten." Eine Erklärung liefert er dann doch: "Die Nerven liegen bei einigen Leuten blank. Da kann man nur den 14. Oktober herbeisehnen."

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