Hof/Kulmbach Hausdurchsuchung bei einem Ex-Banker

Torsten R. überraschte Gericht und Staatsanwaltschaft mit der Aussage, dass er jahrelang erpresst worden sei. Unser Foto zeigt ihn mit einem seiner Verteidiger, dem Hofer Rechtsanwalt Peter Gutowski (rechts). Foto: Dankbar

Riesenüberraschung im Prozess gegen den Bayreuther Insolvenzverwalter Torsten R.: Er gibt an, über Jahre hinweg erpresst worden zu sein.

 
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Hof/Kulmbach - Der Prozess vor dem Landgericht Hof gegen den Bayreuther Insolvenzverwalter Torsten R. aus Bayreuth zieht weitere Kreise. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Hof gegen einen ehemaligen hohen Angestellten einer Privatbank in der Region. Er soll Torsten R. über Jahre um eine hohe Summe erpresst haben.

Wie die Staatsanwaltschaft am Dienstag auf Anfrage unserer Zeitung bestätigte, fand in der vergangenen Woche in der Kulmbacher Wohnung des Ex-Bankers eine Durchsuchung statt. Die dort gesicherten Unterlagen würden nun im Hinblick auf mögliche strafbare Handlungen untersucht. Weitere Angaben machte die Staatsanwaltschaft mit Hinblick auf den frühen Ermittlungsstand nicht.

Auslöser der Ermittlungen sind schwere Vorwürfe, die Torsten R. in seinem seit Jahresbeginn andauernden Prozess gegen den Banker erhoben hat. Der Rechtsanwalt berichtete den Richtern, dass ihn der Bankangestellte über Jahre finanziell erpresst habe. Hintergrund war wiederum ein von Torsten R. betreutes Insolvenzverfahren, bei dem die Privatbank Ansprüche hatte. Dabei sei mit Wissen des Bankers eine Unternehmensbeteiligung um eine halbe Million Mark wissentlich zu gering bewertet worden. Die Differenz und ein überhöhtes Honorar sei zunächst dem Anwalt zugutegekommen.

Später habe der Bankangestellte jedoch darauf bestanden, einen Teil dieses Geldes zu bekommen. Gleich nach seinem Ausscheiden aus der Bank habe er darauf gedrungen, bei Torsten R. formal als freier Mitarbeiter beschäftigt zu werden. Seine einzige Tätigkeit habe aber darin bestanden, sich in jedem Monat 2000 Euro in der Bayreuther Kanzlei abzuholen, berichtete Torsten R. seinen Richtern.

Diese Forderung konnte er später noch leichter durchsetzen, weil er darauf gekommen war, dass Torsten R. die Mitarbeiter der Insolvenzgerichte Bayreuth und Hof mit gefälschten Kontoauszügen hinterging. Wie Torsten R. in seinem Prozess schon vor Wochen einräumte, hatte er selbst Auszüge von nicht existierenden Festgeldkonten angefertigt, die den Gerichten hohe Massebestände der von ihm betreuten Unternehmen vorspiegelten.

Über diese Kontoauszüge sollte Torsten R. Jahre später stolpern. Einer Rechtspflegerin war aufgefallen, dass die Iban-Nummern der angegebenen Konten nicht zur Bankleitzahl der angegebenen Bank passen konnte. Deshalb schaltete sie die Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Wirtschaftsdelikte ein. Wenig später wurde Torsten R. in Untersuchungshaft genommen. Dort sitzt er seit Dezember 2017.

Für das Vorgehen des Bankangestellten gibt es einen gewichtigen Beweis. In den im Dezember 2017 beschlagnahmten Unterlagen der Rechtsanwaltskanzlei befindet sich eine Aktennotiz, die Torsten R. angelegt hatte, um die Erpressung zu dokumentieren - und zwar schon im Jahr 2008. Nachdem seine Zahlungen an den Erpresser die Grenze von 100 000 Euro schon überschritten hatten, schilderte er dem Gericht, habe er beschlossen, Schluss zu machen. Schließlich habe ja auch der Banker dann schon ein erhebliches Risiko der Strafverfolgung tragen müssen.

Sollten seine Vorwürfe stimmen, ist sein Kalkül aufgegangen. Auch als Torsten R. nicht mehr zahlte, ging keine Anzeige gegen ihn ein. Der Bankangestellte lehnte auf Anfrage unserer Zeitung jede Stellungnahme ab. Es handle sich um nichts als unbewiesene Vorwürfe.

Die Staatsanwaltschaft dürfte aufgrund der lange Zeit zurückliegenden Vorwürfe auch prüfen, ob eine eventuell vorliegende Erpressung bereits verjährt ist. Entscheidend dafür wäre der Zeitpunkt der letzten Zahlungen an den heutigen Rentner. Ebenso ist es aber auch denkbar, dass der hohe Angestellte wegen Untreue gegenüber seinem damaligen Arbeitgeber, der Privatbank, verfolgt werden muss.

In dem seit Dezember 2018 laufenden Prozess gegen Torsten R. ist ein Abschluss weiterhin nicht in Sicht. Verhandlungstag um Verhandlungstag gehen Gericht, Staatsanwältin, Verteidiger und Angeklagter gemeinsam mit einem Wirtschaftsreferenten der Staatsanwaltschaft die Kontolisten der 15 Insolvenzverfahren durch, die der Anklageschrift zugrunde liegen. Wie mehrfach berichtet, wird Torsten R. vorgeworfen, sich bei selbst bei den Unternehmen bedient zu haben, die ihm von den Amtsgerichten Bayreuth und Hof anvertraut worden waren. Zum Teil liegt der Beginn der Verfahren inzwischen schon 18 Jahre zurück, abgeschlossen sind sie größtenteils bis heute noch nicht. Die unberechtigten Entnahmen beziffert die Anklage auf rund 5,1 Millionen Euro. Nur 1,8 Millionen Euro seien später wieder eingezahlt worden.

Torsten R. verteidigt sich unter anderem damit, dass er mit den Entnahmen nur Unkosten bestritten habe, die er als Insolvenzverwalter ja selbst gehabt habe. So seien für diese Unternehmen ja auch Steuererklärungen oder die Erstellung einer Buchhaltung erforderlich gewesen.

Die Staatsanwaltschaft geht hingegen davon aus, dass ein Insolvenzverwalter prinzipiell nur auf Antrag und mit Zustimmung der Insolvenzgerichte Gelder aus der Masse entnehmen darf. Handelt er anders, verliert er jeglichen Vergütunganspruch. Da Torsten R. trotzdem mit den Gerichten abrechnete, erhöhe sich der Betrugsschaden noch einmal um 1,3 Millionen Euro.

Die Anklage geht ferner davon aus, dass sich der Jurist in vier Privatinsolvenzverfahren ungesetzlich bereichert hat. Hier habe er Menschen, die einen Insolvenzantrag stellten, über Jahre große und kleine Summen abstottern lassen. Das Geld habe er nicht an die Gläubiger weitergegeben, sondern behalten.

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