Hof/Kastl - Es muss ein beklemmender Moment gewesen sein, damals in den 80er-Jahren im Festspielhaus in Salzburg. Peter Hofmann, der Titelheld der Wagner-Oper "Parsifal", unterbrach bei einer Probe den Star-Dirigenten Herbert von Karajan und schlug vor, eine bestimmte Szene nach seiner, Hofmanns, Idee umzusetzen. "Ich bin mir nicht sicher, ob ihm das Risiko dieser Kritik bewusst war", erinnert sich Fritz Hofmann an die Szene. "Im Festspielhaus herrschte sekundenlanges, betroffenes Schweigen. Das hatte wohl noch kein Sänger gewagt, erfuhr ich später." Doch der Maestro ließ sich wundersamer Weise umstimmen. Fritz Hofmann, der jüngere Bruder und langjährige Manager des Helden-Tenors, schildert die Situation über 20 Jahre später mit den Worten: "Karajan überlegte kurz und stimmte Peters Wunsch zu." Hofmanns Fazit über den Bruder: "So war er eben: manchmal rebellisch, oft unbequem, aber immer er selbst."

Peter Hofmann war einer der schillerndsten, einer der erotischsten Heldentenöre der deutschen Opern-Geschichte. Der ehemalige Zehnkämpfer gab mit seiner hünenhaften Statur, mit seiner Löwenmähne und seiner voluminösen Stimme das Idealbild der Wagner-Helden ab, die er mimte. Als Siegmund, Tristan, Lohengrin, Walther von Stolzing und Parsifal feierte er Triumphe bei den Bayreuther Festspielen und in allen großen Opernhäusern der Welt. Vor zwei Jahren, am 29. November 2010, ist Peter Hofmann - der seinen Lebensmittelpunkt lange Jahre in Schloss Schönreuth bei Kemnath hatte - in Selb im Alter von 66 Jahren gestorben, nach einer langen Leidenszeit, in der er infolge der heimtückischen Krankheit Parkinson ans Bett gefesselt war.

Fritz Hofmann setzt seinem Bruder jetzt ein Denkmal der außergewöhnlichen Art. In einem Buch mit dem Titel "Peter Hofmann - Geschichten aus einem bewegten Sängerleben" schildert der 64-jährige Autor, was er mit dem berühmten Bruder erlebt hat, privat wie geschäftlich, im Show-Geschäft und daheim, auf den Reisen zu den großen Konzertsälen und hinter den Kulissen, bei Auftritten Peter Hofmanns als Pop- und als Opern-Star, bei Begegnungen des Künstlers mit Stars und historischen Persönlichkeiten wie Mick Jagger und Sony-Gründer Akio Morita, Loriot, Franz Beckenbauer, Leonard Bernstein und David Rockefeller.

"Ich habe bewusst keine Biografie geschrieben", erzählt Fritz Hofmann im Gespräch mit unserer Zeitung. "Die ausführliche Lebensgeschichte meines Bruders kann man in anderen Büchern und im Internet umfassend nachlesen. Ich habe das getan, was mein Bruder eigentlich selbst vorhatte und wozu es leider nicht mehr gekommen ist: Ich habe die kleinen Begebenheiten am Rande niedergeschrieben, die Anekdoten, die ich selbst miterlebt habe und die meinen Bruder als einen Menschen erscheinen lassen, der seine knapp bemessene Freizeit am liebsten mit ganz normalen Menschen verbracht hat."

Es menschelt in dem Buch: Denn Fritz Hofmann erzählt nicht intellektuell abgehoben, sondern in einer klaren, einfachen Sprache, und er legt durch den Blick auf Nebenschauplätze und eher alltägliche Vorkommnisse das Wesen und den Charakter berühmter Bezugspersonen frei. Die Bayreuther Festspiel-Legende Wolfgang Wagner erlebten die Hofmanns als einen witzigen, aber auch herrischen Chef, als einen "unermüdlichen Macher, den ich nie langsam gehen sah". "Eben noch in heftiger Diskussion mit Beleuchtern auf dem Schnürboden, sah man ihn kurz danach in der Kantinenküche mit einem Löffel in der Hand die Suppe probieren. ,Schmeckt nicht, da fehlt noch etwas Salz!' " schleuderte Wagner den Köchen entgegen, wie Fritz Hofmann in dem Kapitel "Bayreuth - Wolfgang Wagner" schreibt. Und der Autor erinnert sich an einen Ausbruch des Festspielchefs in der Kantine des Hauses, die Künstler und Gäste nur mit gültigem Hausausweis betreten durften. Als Wagner einmal merkte, dass offenbar Angehörige und Journalisten sich ohne Erlaubnis in den Speisesaal geschlichen hatten, fauchte er böse und laut: "Alle ohne gültigen Ausweis raus! Sofort raus, raus!"

Eindrucksvoll schildert Hofmann, wie die LP "Rock Classics" entstanden ist und welchen Riesenerfolg das Projekt hatte. Daran beteiligt war der langjährige Chef der Plattenfirma CBS, Jochen Leuschner, der zusammen mit Fritz Hofmann (Schlagzeug) in einer Aschaffenburger Rock-Band namens "Mercy Four" gespielt hatte. Als Peter den Song "The sun ain't gonna shine anymore" von den "Walker Brothers" bei einer Fernsehshow vor Millionen Zuschauern zum Besten gegeben hatte, habe Plattenchef Leuschner am darauffolgenden Montag freudig mitgeteilt, "dass halb Deutschland nach Peters Song aus der Show fragt". Die LP des Opern-Sängers, der ins Rock-Lager gewechselt war, verkaufte sich über 1,5 Millionen Mal.

Fritz Hofmann schildert auch, wie er für seinen Bruder eine Bleibe in der Nähe des Bayreuther Festspielhauses suchen sollte und in der Oberpfalz das Jagdschlösschen Schönreuth bei Kemnath fand. Hier pflegte Peter Hofmann sein größtes Hobby, das Reiten. Bei einer Auftritts-Serie in Hamburg, wo der Startenor über 300 Mal im "Phantom der Oper" auf der Bühne stand, ließ er sich eigens sein Pferd "Brasque" nach Hamburg bringen, um täglich am Elbufer reiten zu können.

Der Leser erfährt viele weitere Schmankerln: wie Sony-Chef Akio Morita das schwere Motorrad von Peter Hofmann bestaunte und im Flugzeug mit Kunstflugweltmeister Manfred Strößenreuther waghalsige Loopings über Oberfranken durchstehen musste; wie der FC Walhall während der Festspiele in Bayreuth zustande kam, in dem Peter Hofmann mit Stars wie Paul Breitner, Sepp Maier und Uwe Seeler Fußball spielte; wie Peter Hofmann mit seiner Profi-Band aus den USA noch zu Sozialismus-Zeiten in der thüringischen Stadt Suhl für eine DDR-Tournee probte und Fritz Hofmann in der dortigen Stadthalle mit einem Dutzend Männer vom SED-Parteikader zum "eigenartigsten Gespräch" seines Lebens zusammentraf.

Nach einer Lohengrin-Probe mit Peter Hofmann an der Metropolitan Oper in New York wurden die "Hofmann Brothers" von David Rockefeller, dem damals zweitreichsten Mann der Welt, zu einem privaten Dinner eingeladen. Während Peter Hofmann am Tisch von Rockefeller Platz nehmen durfte, kam Fritz Hofmann neben einer betagten Dame "mit blau-weißem Haar und funkelnden Brillanten" zu sitzen. Autor Hofmann schließt das Kapitel mit dem Bekenntnis: "Mir gingen langsam die Gesprächsthemen über Brillanten und Reichtum aus, und ich war froh, als nach dem Menü mit unzähligen Gängen langsam der Aufbruch nahte."


Über 300 Mal stand Sänger Peter Hofmann mit Anna Maria Kaufmann in dem Musical "Phantom der Oper" im Hamburger Theater "Neue Flora" auf der Bühne.


Ich habe bewusst keine Biografie geschrieben.

Autor Fritz Hofmann


Alle ohne gültigen Ausweis raus! Sofort raus, raus!

Festspielleiter Wolfgang Wagner


Glück und großes Leid

Das Buch "Peter Hofmann - Geschichten aus einem bewegten Sängerleben" ist im Buch & Kunstverlag Oberpfalz erschienen. Es umfasst 182 Seiten, mehrere Schwarz-Weiß-Fotos aus dem Privatbesitz der Familie Hofmann und enthält ein Vorwort von Jochen Leuschner, dem langjährigen Weggefährten und ehemaligen Chef der Plattenfirma CBS. Leuschner schreibt: Das Buch sei "die Beschreibung eines großartigen Menschen, der unfassbares Glück erleben durfte und am Ende seines Lebens großes Leid ertragen musste". Frauen-Geschichten, Anekdoten über Verehrerinnen oder Autogramm-Jägerinnen kommen in dem Buch nicht vor. Autor Fritz Hofmann sagt dazu im Gespräch mit unserer Zeitung: "Das Thema ,Sex, Drugs and Rock 'n' Roll" überlasse ich anderen Darstellern im Klatsch-Geschäft. Darüber ist auch in der Vergangenheit bereits genug berichtet worden." Das Peter-Hofmann-Buch gibt es auch in den Geschäftsstellen der Frankenpost und unter www.lesershop-online.de

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