Frau Dr. Oßwald-Meßner, was macht Menschen zu Schaulustigen?
Länderspiegel "Was jetzt passiert, hat eine neue Qualität"
Redaktion 26.05.2017 - 20:03 Uhr
Warum versperren Neugierige Rettern den Weg? Psychologin Dr. Silvia Oßwald-Meßner vom Fachbereich Polizei an der Hochschule für den Öffentlichen Dienst in Fürstenfeldbruck, erklärt es.
Frau Dr. Oßwald-Meßner, was macht Menschen zu Schaulustigen?
Bei manchen Menschen geht das aber so weit, dass sie etwa bei Unfällen nicht nur gucken, sondern Polizei und Rettungskräfte behindern.
Warum scheinen hier die Regeln des guten Umgangs miteinander zu versagen?
Das klingt ja ziemlich pessimistisch ...
Es ist auch nicht die einzige Konstante, die uns Menschen ausmacht. In uns verankert ist auch das Bedürfnis zu helfen. Nur ist die Neugierde in solchen Situationen oft stärker. Exzessive Gaffer leiden wahrscheinlich an einem Mangel an Einfühlungsvermögen. Sie können sich schlecht in die Situation anderer Menschen hineinversetzen. Leider verhindern sie mit ihrem Verhalten manchmal schnelle lebensrettende Hilfe.
Wie bewerten Sie die Rolle der sozialen Medien in diesem Zusammenhang?
Das Verbreiten von Fotos und Videos, zum Beispiel von Unfällen, hat zugenommen, weil praktisch jeder heute die technische Möglichkeit dazu hat. Und dann sind wir als Nutzer der sozialen Netzwerke natürlich auch schuld. Denn solche Fotos und Videos werden durch Klicks, Likes und Kommentare immer noch honoriert, nicht sanktioniert. Was wir brauchen, ist die Verurteilung von Gaffern, die Polizei und Rettungskräfte behindern und das Leid der Opfer ins Internet stellen.
Wie soll das konkret geschehen?
Wir brauchen härtere Strafen und Aufklärungskampagnen, was bei Unfällen und Katastrophen zu tun ist. Aber auch die Gesellschaft muss nachziehen. Wir müssen uns einig sein, dass wir keine Gaffer wollen, die die Arbeit der Einsatzkräfte stören. Die Polizei sollte auch nicht alleine mit Gaffern diskutieren müssen. Wer Gaffer sieht, der sollte sie von sich aus zurechtweisen.
Das Gespräch führte Gertrud Pechmann