Rehau Der Kampf ums Rehauer Rathaus

Michael Abraham will wieder, Ulrich Scharfenberg zum ersten Mal Rehauer Bürgermeister werden. Bei der Podiumsdiskussion von Frankenpost und Radio Euroherz begegnen sie sich auf Augenhöhe.

 
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Die 100 versprochenen Wohnungen

Als Michael Abraham und Ulrich Scharfenberg zuletzt aufeinandertrafen, nämlich bei der Bürgermeisterwahl 2013, da hatte Abraham versprochen, dass bis zum Ende der Amtsperiode, also jetzt, 100 neue Wohnungen entstehen. Und wie viele sind es jetzt? "Ich habe mir damals eine hohe Hürde gesetzt. Jetzt sind wir bei etwa der Hälfte", muss der Bürgermeister eingestehen. Ein gefundenes Fressen für seinen sozialdemokratischen Herausforderer. Ulrich Scharfenberg meint, hier könne man sich noch mehr engagieren und unter anderem mehr Gespräche mit privaten Investoren führen. "50 bis 80 mehr Wohnungen könnten wir schon gebrauchen", sagt Ulrich Scharfenberg. Und zwar Wohnungen, die auf der einen Seite bezahlbar sind für diejenigen, die nicht so viel Geld haben, aber auch hochwertige Wohnungen. Michael Abraham erklärte: "Wir haben uns für den schwierigeren Weg entschieden." Das sei der Hauptgrund dafür, dass das Ziel nicht erreicht wurde. Statt Wohnungen auf der grünen Wiese zu planen, habe die Stadt zunächst versucht, die innerstädtischen Grundstücke, die sich in privater Hand befinden, zu vermitteln, was in vielen Fällen auch gelungen sei. Erst anschließend habe man sich um neue Baugebiete in Innenstadtnähe gekümmert. Und: "Die Möglichkeiten der Gewog für Neubau-Projekte sind begrenzt", sagte Abraham über die städtische Wohnungsbaugesellschaft. Allein die Instandhaltung der 760 Gewog-eigenen Wohnungen binde übers Jahr große Teile der Kapazitäten.

Was sie aneinander schätzen

Bevor die eigentliche Auseinandersetzung starten durfte, wollten die Moderatoren Christoph Plass und Elias Rossow von den beiden Kandidaten erst einmal wissen, was sie denn am jeweils anderen schätzen. Abraham über Scharfenberg: "Ich schätze an ihm, dass er mit seiner Familie in Rehau lebt, und dass er sich in vielen Bereichen engagiert und auch dafür, dass er sich zur Wahl stellt. Für mich ist er ein wichtiger Widerpart." Weiterhin beschrieb der CSUler seinen SPD-Kontrahenten als ein Mitglied des Stadtrates, an dem man sich auch einmal reiben könne. "Aber ich denke, wir haben eine gute Basis für die Zusammenarbeit", schloss der Amtsinhaber.

Scharfenberg, der vor sieben Jahren bereits gegen Abraham angetreten war und deutlich unterlag, hatte sich, wie er sagte, nach charmantem Drängen seiner Parteikollegen zur erneuten Kandidatur bewegen lassen, auch "um nicht alles der CSU und rechts davon zu überlassen". Trotz der gerade schwierigen Situation, in der sich die deutschen Sozialdemokraten befinden.

Ulrich Scharfenberg sagte über Bürgermeister Michael Abraham: "Man kann sich mit ihm austauschen, ohne dass es dabei persönliche Verletzungen gibt. Da kann man auch mal auf den Tisch hauen und klare Kante zeigen, ohne dass es danach zwischen uns Probleme gibt." Er nannte ein Beispiel, wonach sich er und Abraham anschließend im Rehauer Rathaus getroffen und sich noch einmal zum Thema ausgetauscht hätten.

Dauerthema Jugendarbeit

Ein Steckenpferd der Rehauer SPD im Stadtrat ist die Jugendarbeit. Seit Jahrzehnten fordert die Fraktion eine zweite Kraft für das Jugendzentrum, um das dortige Angebot erweitern zu können. Mittlerweile besteht eine Kooperation mit der Diakonie Hochfranken, aktuell arbeitet Johannes Wurm mit den Jugendlichen. "Das hätten wir auch viel früher haben können", sagte Scharfenberg. Er betonte, dass die Jugendarbeit nach wie vor in die Hände eines freien Trägers gehöre und nicht eines kirchlichen. Michael Abraham holte etwas aus: "Unser Fehler war lange, dass wir uns eingebildet haben, zu wissen, was die jungen Menschen brauchen." Dabei bräuchte es vielmehr jemanden, der auch altersmäßig näher an den Jugendlichen dran ist, um das herauszufinden. Daher sei ein städtischer Mitarbeiter, den die Stadt bis zur Rente beschäftigt, nicht die optimale Lösung. Daher die Kooperation mit der Diakonie. Das große Unternehmen könne personell flexibler reagieren und, so die Hoffnung, immer wieder jemanden für die Rehauer Jugendarbeit stellen, der nicht zu weit von der Realität der Jugendlichen entfernt ist. Michael Abraham bezeichnete Johannes Wurm als einen Glücksfall für die Stadt, allerdings wird das nicht von Dauer sein. Abraham kündigte an: "Johannes Wurm wird uns wieder verlassen."

Das transparente Rathaus

"Immer mehr Tagesordnungspunkte werden im nichtöffentlichen Teil der Stadtratssitzungen behandelt", so der Eindruck von Moderator Christoph Plass. Wie steht es denn in Rehau um das "transparente Rathaus"?, wollte er zunächst vom Amtsinhaber wissen. "Wenn Dinge in nichtöffentlicher Sitzung behandelt werden, können wir das immer begründen", sagte Abraham. Dann gehe es um Grundstücksangelegenheiten oder es würden persönliche Belange von Menschen berührt. Hier sei man in der Pflicht, die Öffentlichkeit außen vor zu lassen. Ohnehin hätten die Bürger ja 2014 den Stadtrat gewählt, damit genau dessen Mitglieder ihre Interessen vertreten. Erkenne man bei Themen aber ein besonderes Interesse seitens der Bürger, beteilige man die Rehauer. Das hätten beispielsweise die Prozesse, die zum neuen Maxplatz-Brunnen oder zur Umgestaltung des Bahnhofs führten, gezeigt. "Das Rathaus ist grundsätzlich für alle offen", sagte Michael Abraham. Mit dem mittlerweile umgestalteten Areal am Narrenbaum, nicht weit vom Maxplatz entfernt, dem Wohnmobilstellplatz und Photovoltaikanlagen nannte Kontrahent Ulrich Scharfenberg mehrere Beispiele, bei denen er sich eine frühe Bürgerbeteiligung gewünscht hätte. "Ich habe immer gesagt, dass man ruhig mehr Bürgerbeteiligung wagen sollte", sagte Scharfenberg.

Splitter

Kleider machen Leute - und Bürgermeister. So mancher im Raum mag gerätselt haben, ob Ulrich Scharfenberg eher mit Krawatte oder rotem Schal auftreten wird. Enttäuscht wurden Befürworter beider Theorien: Er verzichtete auf beides. Stattdessen kam er leger in Sakko und Jeans. Konkurrent Abraham warf sich in einen dunkelblauen Anzug mit weißem Hemd und grüner Krawatte. Was auf den ersten Blick kaum jemand bemerkte: Er trug mit Weiß (Hemd) und Grün die Rehauer Stadtfarben.

Darf man privaten Bauherrn vorschreiben, dass sie sich eine Photovoltaikanlage auf ihr Dach montieren lassen müssen? Da sind die beiden Kandidaten unterschiedlicher Meinung. Ulrich Scharfenberg: "Man sollte darüber nachdenken." Michael Abraham: "Privatleute können auf ihrem Grund tun, was sie möchten."

Absicht oder Fauxpas aus Heißhunger: Als Ulrich Scharfenberg über die Schwierigkeiten bei der Umsetzung von "Arte Noah" sprach, formulierte er das als den "Gang nach Cabanossi". Der Saal johlte.

Windräder auch auf Rehauer Flur?

Während andere Gemeinden im Landkreis sich über eine "Verspargelung" auf ihren Fluren beklagen, wie etwa Töpen, steht auf dem Rehauer Gemeindegebiet kein einziges Windrad. Manfred Rudlof, bis 2014 noch Stadtratsmitglied der CSU, wollte daher von Ulrich Scharfenberg wissen, ob der, sollte er am 15. März gewählt werden, sich für Windräder in Rehau starkmachen wolle. Scharfenberg antwortete: "Natürlich würde ich das tun." Allerdings habe der Staat mit seinen Vorgaben nur einen engen Korridor gelassen, um den Bau von Windkraftanlagen überhaupt zu ermöglichen, sagte Scharfenberg im Hinblick auf die 10H-Regelung. Kritiker sagen, diese Regelung mache den Bau neuer Anlagen weitgehend unmöglich.

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Die Stadt Rehau in den VGN?

Der Hofer Landbus rollt als Test-Projekt rund um Rehau und Regnitzlosau, und auch beim autonomen Fahren wird Rehau zur Test-Kommune. Das Thema Nahverkehr ist aktuell in aller Munde. Der Rehauer Thomas Gerbeth wollte daher wissen, ob die Stadt Rehau nicht eigenständig dem Tarifgebiet Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) beitreten könnte. Das verneinte Ulrich Scharfenberg, stellvertretend auch für seinen Mitbewerber. "Beitreten kann nur der Landkreis als Gebietskörperschaft", sagte Scharfenberg. Die Verhandlungen liefen aktuell vielversprechend. Scharfenberg betonte, dass mit dem VGN aber ausschließlich ein einheitlicher Tarif für die Region gelte. Neue Verbindungen würden dadurch nicht geschaffen.

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