Rehau Sie sagen den Robotern, wo's langgeht

Hier sind Lego-Steine kein Kinderspiel: Während des Projekts "RoboKids" an der Realschule Rehau lernen Schüler spielerisch Programmieren - von Azubis der Firma Lamilux.

 
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Rehau - Wie von Geisterhand sausen die kleinen Fahrzeuge über den Boden, docken an andere an, drehen sich, heben ihre Kran-Arme und vollführen kleine Choreografien. Der Clou dabei: Ihre Aktionen sind vorher am Tablet-Computer programmiert worden. Und zwar von einer Gruppe Fünftklässler der Markgraf-Friedrich-Realschule in Rehau.

Die Begeisterung ist den zwölf Schülern anzumerken, die das Ergebnis ihrer technischen Tüftelarbeit der vergangenen Wochen gerade ihrem Schulleiter Rüdiger Lang vorführen. Besonders wenn ein neuer Programmier-Befehl zum ersten Mal gelingt, ist die Freude groß: "Wahnsinn, der Robo 8 macht wirklich mal, was ich ihm sage", jubelt einer der jungen Kurs-Teilnehmer. Er hat einen Propeller an seinen Roboter montiert, der zu rotieren beginnt, sobald ihm ein Gegenstand von vorne zu nahe kommt.

In neun Doppelstunden haben Auszubildende der Firma Lamilux den Kindern gezeigt, wie man solche Super-Spielzeugmaschinen baut und ihnen Befehle erteilt. "RoboKids" heißt das Projekt. Ebenfalls von Auszubildenden des Unternehmens entwickelt, startete es Ende des vergangenen Jahres an der Rehauer Realschule. Nun ging es in seiner ersten Phase zu Ende. Nächste Woche startet ein zweiter Kurs an der Realschule, danach dürfen sich die Gutenberg-Mittelschüler im Roboterprogrammieren versuchen.

Die Teilnahme ist freiwillig; die Kinder können sich für den Kurs anmelden. Anhand eines Lego-Bausatzes, von denen Lamilux mehrere inklusive der Tablets für die Kurse zur Verfügung stellt, lernen sie, welche verschiedenen Sensoren es gibt, was eine Schleife, also Wiederholung in der Programmierung ist, und wie sie die Arbeit erleichtert. "Die Kinder basteln Bausteine von verschiedenen vorgeschriebenen Codes zusammen, die die Roboter dann ausführen", erklärt Fabian Rogler, angehender Industriekaufmann bei Lamilux und einer der Tutoren. "Viel mehr Spaß als normale Schule" mache das, sagt einer der Schüler.

Vor allem freut das natürlich die Verantwortlichen des Robotik-Projekts. "Wir wollen Schüler spielerisch für Technik begeistern und ihnen Verständnis für algorithmische Anwendungen vermitteln", sagt Dr. Dorothee Strunz, Geschäftsführerin von Lamilux, die das Projekt auf den Weg gebracht hat. Der massive Fachkräfte-Mangel in der IT-Branche mache das auch nötig. Sie verweist auf die Veränderungen in Lebens- und Arbeitswelt durch die Digitalisierung: "Die Jugendlichen müssen die immer komplexer werdende IT-Welt gestalten lernen." Bedauerlicherweise sei die Begeisterung bei jungen Menschen für die sogenannten Mint-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, nicht sehr ausgeprägt. Das bestätigen mehrere Studien. Die Folge: Bei der späteren Berufswahl entscheiden sich nur wenige für eine Tätigkeit in diesem Bereich: "Wenn Deutschland den Anschluss nicht verlieren will, brauchen wir aber Leute, die in der Lage sind, Systeme zu entwickeln, neue digitale Wege zu finden und Produkte zu kreieren", betont die Unternehmerin.

Vor allem Mädchen würden selten Spaß an Technik und Naturwissenschaften entdecken. "Nur zwei Prozent der Mädchen in Deutschland können sich vorstellen, ein Mint-Studium zu ergreifen", sagt Strunz. "Das ist besorgniserregend und schade."

Leider hätten sich auch für den ersten Kurs von "RoboKids" keine Mädchen angemeldet, erklärt Anke Feselmayer, Referentin der Geschäftsleitung bei Lamilux. "Das lag jedoch an Zufällen." Im zweiten Durchgang an der Realschule seien auch Schülerinnen mit von der Partie.

Die Verantwortlichen wünschen sich, dass die Mädchen mit genauso großem Eifer dabei sein werden wie die Jungs. "Sie sind immer drangeblieben, auch wenn etwas erst mal nicht geklappt hat", erzählt Fabian Rogler. Aber gerade darum gehe es beim Programmieren: Ausprobieren, Fehler machen, Nachdenken, Nachfragen, noch mal ausprobieren und dann besser machen.

Auch Schulleiter Rüdiger Lang freut sich über die Begeisterung, mit der seine Sprösslinge bei der Sache waren: "Man musste die Schüler in ihrem Tatendrang regelrecht bremsen." Während des Kurses habe kein Einziger von ihnen eine Robotik-Stunde versäumt.

Guter Grund zur Hoffnung besteht also, dass die Kinder auch nach Projekt-Ende am Ball bleiben. "Mit diesem Hintergedanken haben wir uns auch für den Bausatz von Lego entschieden", erklärt Dorothee Strunz. Zum einen sei er pädagogisch gut gemacht, zum anderen fänden interessierte Schüler zu dem Bausatz viele Angebote im Internet, um selbstständig weiter tüfteln zu können.

Und nicht nur die Kinder lernen etwas bei dem Projekt, auch für die Azubis ist es eine Art Weiterbildung. "Für sie ist es eine tolle Chance, Erfahrung zu sammeln im Hinblick auf Wissensvermittlung", erklärt Linda Hohenberger, Ausbildungsleiterin von Lamilux. Als Tutoren könnten sie ihre sozialen Kompetenzen trainieren. Ein Konzept namens "Education for Excellence", auf das das Unternehmen seit 2010 setzt und wofür es auch den Deutschen Bildungspreis erhielt.

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