Selb "Jetzt red' i Europa" kommt nach Selb

Von Herbert Scharf
Erste Karten für Redner wurden bereits nach dem Gespräch im Rathaus verteilt. Foto: Herbert Scharf

In der Live-Sendung am 18. Februar geht es darum, wie Bestimmungen aus Brüssel sich auf das tägliche Leben auswirken. Nun gibt es ein Vorgespräch über die Themen.

 
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Selb - Vertreter der Kommunalpolitik, der Vereine und des öffentlichen Lebens haben sich mit Annette Peter vom Bayerischen Rundfunk und Oberbürgermeister Uli Pötzsch am Runden Tisch im Selber Rathaus getroffen. Dabei ging es um die Themen, die bei "Jetzt red' i Europa" am Dienstag, 18. Februar, im Porzellanikon zur Sprache kommen sollen.

Der Oberbürgermeister dankte Hans-Joachim Goller dafür, dass sich dieser dafür eingesetzt habe, dass die Sendung in Selb aufgenommen, hielt sich aber ansonsten absolut zurück. Mit gutem Grund, wie Annette Peter von der Redaktion der Fernsehsendung betonte. Denn "Jetzt red' i Europa" sei "keine Bürgermeister-, sondern eine Bürgersendung", sagte sie. Hier gehe es in erster Linie um die Sorgen der Selber.

Befürchtungen, dass der Bayerische Rundfunk eine weitere Negativ-Berichterstattung über die Region sende, zerstreute die Vertreterin des BR: "Wir kommen viel rum in Bayern und finden, dass in Selb ganz schön was los ist." Natürlich habe sie vor einigen Wochen den "Spiegel"-Artikel über die Region gelesen, in dem es um demografische und wirtschaftliche Probleme sowie den Heimatminister ging. Sie empfahl den Kollegen des Nachrichtenmagazins, lieber vor Ort zu recherchieren, bevor sie über ein solches Thema schreiben.

In der Live-Sendung des BR am 18. Februar gehe es darum, Themen und Bestimmungen aus Brüssel von der EU-Ebene auf die konkreten Auswirkungen auf die Kommunen und das tägliche Leben der Bürger herunterzubrechen, kündigte Peter an.

Oft genug stelle sich nämlich heraus, dass scheinbar wirklichkeitsfremde Beschlüsse im EU-Parlament nur gefällt worden seien, weil Anregungen dazu aus einem Bundesland oder von einer Industrie-Lobby gekommen seien. So geschehen im Fall der berühmten Vorschrift über die Gurken-Krümmung, initiiert von heimischen Herstellern, die sich unliebsame Konkurrenz vom Hals halten wollten.

Dabei sein werden in Selb die neue bayerische Europaministerin Beate Merk und ein früherer Europaabgeordneter der SPD. Aufgenommen werde im "Alten Brennhaus". Man sei nicht zuletzt nach Selb gegangen, weil es sich hier um eine Region handle, in der grenzübergreifend einiges geschehe und auch das Thema Zuwanderung eine Rolle spiele. "Sie sind der Macher der Sendung" wandte sich Annette Peter an die Selber, verwies auf die anstehenden Europawahlen und gab das Feuer frei für Fragen zur Sendung, für die etwa 150 Karten kostenlos ausgegeben werden.

Die Energiewende von unten im Gegensatz zu großen Lösungen sprach Klaus Cullmann an. Hier könnte die Region als Vorbild vorangehen und um Unterstützung bitten.

Seine Idee von einem grenzübergreifenden europäischen Institut für Kunst und Kultur trug Hans-Joachim Goller vor. Analog zum Beispiel eines Hauses in Brüssel, in dem die Geschichte Europas im Mittelpunkt stehe, könnte in dem Institut mit Wissenschaftlern und Künstlern aus 28 Nationen Europas etwas für die Zukunft geschaffen werden, regte Goller an. Das sei auf kommunaler oder Länderebene nicht zu schaffen, sondern nur mit der Europäischen Union. Immerhin spreche man hier von einem Projekt mit rund 50 Millionen Euro in der Mitte Europas.

Pädagogin Dorothea Schmidt regte eine engere Zusammenarbeit der Schulen über Ländergrenzen hinweg an, wie es sie bei Kindergärten bereits gebe. Weitere Themenvorschläge waren die medizinische Versorgung im Grenzgebiet, das ausstehende Sozialhilfeabkommen mit Tschechien und der Vorschlag, auch auf Ebene der Krankenhäuser enger zusammenzuarbeiten.

Der Selber Unternehmer Kai Hammerschmidt verurteilte negative Äußerungen über Zuwanderer. Er suche weitere Beschäftigte, weil er seinen Betrieb von 20 auf 65 Mitarbeiter aufstocken wolle. Da seien ihm selbstverständlich auch Arbeitnehmer aus anderen Ländern willkommen.

Weiteren Themen, die für die Sendung vorgeschlagen wurden, waren die Neigung der EU, immer mehr und immer problematischere Länder aufzunehmen, ohne die Kriterien vorher genau zu überprüfen, unterschiedliche und wettbewerbsverzerrende Voraussetzungen in Handwerksberufen, das Wahlrecht für Ausländer, die seit Jahrzehnten in Deutschland leben, sowie die Möglichkeit, grenzübergreifende Sportstätten auf der Fläche ehemaliger Industriebrachen zu bauen.

Beifall erntete ein Verantwortlicher der "Selber Grenzweihnacht", einer grenzübergreifenden Veranstaltung mit zahlreichen Besuchern. Er hob einen dicken Aktenordner hoch und kritisierte die umfangreichen Anträge, die er alljährlich bei der EU stellen müsse, um 250 bis 500 Euro Zuschuss zu bekommen. Da hätte manch anderer Antragsteller schon kapituliert, klagte er.

Schließlich ging es um die Frage, ob sich die EU angesichts der herben Kritik in der Öffentlichkeit nicht schlecht verkaufe und man so die enormen Vorteile der Europäischen Union vergesse.

Angesprochen wurde weiter der enorme Flächenverbrauch für Großmärkte vor den Städten im gesamten EU-Raum, während Innenstädte verfielen, die Haushaltsdisziplin der Mitgliedsländer nach den Maastricht-Kriterien und das Fehlen einer europäischen Energiewende.

Die Vertreterin des BR zeigte sich zufrieden mit den vielen Anregungen, verhehlte aber nicht, dass sicher nicht alles in der 45 Minuten laufenden Livesendung angesprochen werden könne. Sechs bis acht Themen seien realistisch.

Wir kommen viel rum in Bayern und finden, dass in Selb ganz schön was los ist.

Annette Peter

vom Bayerischen Rundfunk

Kostenlose Karten

Am 18. Februar ab 20.15 Uhr wird "Jetzt red i - Europa" live aus dem Selber Porzellanikon gesendet. Kostenlose Karten gibt es erst ab 5. Februar in der Tourist-Info bei der Stadtverwaltung.