Selb Zurück in die Mitte

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Obwohl der Landkreis Wunsiedel seit Jahren massiv Einwohner verliert, verwirklichen sich nach wie vor Bauherren ihren Traum vom Eigenheim. Foto: Miedl

In den größeren Städten im Landkreis gibt es kaum Bedarf für Neubaugebiete. Statt auf die Fläche zu setzen, entwickeln die Planer in Wunsiedel, Selb und Marktredwitz Strategien für das Wohnen in den Innenstädten.

 
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Wunsiedel - Es ist paradox: Der Landkreis Wunsiedel verliert massiv Einwohner, dennoch werden immer mehr freie Flächen versiegelt. Im Jahr 2008 (das ist das Jahr der jüngsten statistischen Erhebung) lagen genau 4,6 Prozent der gesamten Fläche unter Asphalt oder Pflastersteinen begraben. Seit dem Jahr 2000 ist der Anteil versiegelter Flächen im Landkreis um 0,8 Prozent gestiegen. Diese Zahlen hat das bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie veröffentlicht. Pro Einwohner sind im Landkreis Wunsiedel mehr als 306 Quadratmeter versiegelt. Das sind 25 Quadratmeter mehr als im Durchschnitt des Freistaats.

Auf Anfrage des Selber Tagblatts erklärt der Selber Oberbürgermeister Wolfgang Kreil, er hoffe, dass ihn "der Herrgott mit der Aufgabe belädt, weitere Wohngebiete ausweisen zu müssen". Der Wunsch junger Familien nach einem eigenen Heim werde bleiben. Hier biete Selb aber im Wartbergweg oder an der Röntgenstraße Grundstücke an, auf denen früher mehrstöckige Mietshäuser gestanden hätten. Er, Kreil, freue sich, wenn diese Flächen mit Einfamilienhäusern neu belegt würden (siehe Infokasten).

Derzeit sei Selb aber auch mit dem Rückbau beschäftigt. "Wir versuchen, nicht benötigte Gebäudesubstanz aus dem Stadtbild zu nehmen und dieses großzügiger zu gestalten. Gleichzeitig bieten wir hochwertig sanierte und gestaltete Wohnungen für Senioren an. Und die werden uns in Innenstadtnähe regelrecht aus der Hand gerissen."

Der Wunsiedler Bürgermeister Karl-Willi Beck sagt, dass die Versiegelung schon deshalb nicht aufzuhalten sei, "weil wir ja eine Weiterentwicklung insbesondere der Wirtschaft anstreben". Die Stadt versehe allerdings neue Gewerbegebiete, wie den Energiepark Holenbrunn, mit Regenrückhaltebecken, sodass zum Beispiel eine Überlastung der Kanalisation ausgeschlossen werde. "Außerdem achten wir bei innerstädtischen Neugestaltungen auf ausreichende Begrünung, die für ein angenehmes Klima sorgt.

Einer weiteren Zersiedelung der Landschaft soll in Wunsiedel laut Beck durch die konsequente Sanierung und Modernisierung innerstädtischer Häuser entgegengewirkt werden. "Ich kann aber verstehen, wenn Eltern Wert darauf legen, dass ihre Kinder im eigenen Reihen- oder Einfamilienhaus aufwachsen." Eine Ausweitung Wunsiedels in die Fläche wird es nach Aussagen Becks nicht geben. "Ich sehe angesichts der noch vorhandenen Bauplätze derzeit keinen weiteren Bedarf zu neuen Baugebieten."

Dieser Ansicht ist auch der Leiter des Marktredwitzer Bauamts, Stefan Büttner. Seit 15 Jahren betreibe die Stadt ein Baulückenkataster. "Wir haben derzeit etwa 50, 60 unbebaute innerstädtische Grundstücke, die komplett erschlossen sind." Wenn sich ein künftiger Häuslebauer nach Grundstücken erkundigt, weist Büttner immer auf die Brachflächen hin. Allerdings sei es manchmal nicht einfach, die Grundeigentümer zu einem Verkauf zu bewegen. "Viele sehen in Grundstücken eine Wertanlage fürs Alter. Aber die Preise werden bei uns nicht explodieren. Im Gegenteil, es ist zu befürchten, dass die Bodenrichtwerte weiter gesenkt werden, wobei sich Marktredwitz aber als relativ stabil erweist."

Büttner sieht im innerstädtischen Wohnungsbau die Zukunft. Schrumpfende Städte könnten es sich nicht mehr erlauben, die Infrastruktur auszuweiten. "Daher müssen wir sehen, dass wir den vorhandenen Grund sinnvoll nutzen." Eines sei klar: "Wer die Vorteile eines urbanen Lebens genießen will, der muss in die Stadt ziehen. Hier können sich Familien in der Regel einen Zweitwagen sparen, weil die Kinder überall zu Fuß hingelangen."

Beispiel Wartbergweg

Die Stadt Selb ist einer der Schwerpunkte des Stadtumbaus in Oberfranken. Insgesamt hat die Kommune zwischen 1971 und 2010 Finanzhilfen aus dem Städtebauförderungsprogramm in Höhe von 27,6 Millionen Euro erhalten. Ein Beispiel ist der Wartbergweg, wo Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 48 Wohnungen abgerissen wurden. Grund war der erhebliche Leerstand. Auf den frei gewordenen Flächen wurden Einfamilienhäuser gebaut.


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