Tirschenreuth/Falkenberg Die Allianz zweier Weltmarktführer

Julian Trager
IGZ-Geschäftsführer Johann Zrenner (links) und Hamm-Vorstand Stefan Klumpp, hier im Palettenregallager von Hamm in Tirschenreuth, wollen mit ihrer Kooperation auch die Stärke ihrer Region zeigen. Bild: Gabi Schönberger Quelle: Unbekannt

Der Straßenwalzen- hersteller Hamm und die Software-Firma IGZ sind fast Nachbarn - und in ihren Geschäftsfeldern erfolgreich. Nun arbeiten beide Unternehmen in einem großen Projekt zusammen.

 
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Tirschenreuth/Falkenberg - Dort, wo es sonst laut ist, wo montiert und geschraubt wird, ist es an diesem Tag ganz ruhig. Die fast fertigen Walzen bleiben unberührt, genau wie die noch nicht mal ansatzweise fertiggestellten. Die Produktionsbänder stehen still. Eine Putzmaschine wischt durch die Gänge. Morgen wird in der Halle wieder montiert, geschraubt und gewerkelt. Morgen ist die Inventur bei der Hamm AG in Tirschenreuth wieder vorbei, nach zwei Tagen. Früher dauerte das fünf Tage.

Seit Kurzem ist in der Fabrik vieles anders. Die Software-Firma IGZ aus Falkenberg (Kreis Tirschenreuth) hat in den vergangenen vier Jahren die komplette Logistik des Tirschenreuther Straßenwalzenherstellers digitalisiert.

"Gerade bei der Inventur kann man feststellen, dass es funktioniert", sagt Stefan Klumpp, Vorstand Technik bei Hamm. Die Fabrik stehe dank der Arbeit der IGZ nun während der Bestandsaufnahme nicht mehr so lange still. Und das zahlt sich aus. Denn: "Ein Tag, an dem die Fabrik stillsteht, ist ein teurer Tag", sagt Gottfried Beer, Marketingleiter bei Hamm. Dasselbe gilt für eine stillstehende Montagelinie. Wenn nicht das richtige Bauteil am Band vorhanden ist, warten rund 60 Mitarbeiter bis es da ist. Durch die Digitalisierung der Logistikabläufe ist die Fabrik nun effizienter, sagt Vorstand Klumpp. "Wir sehen bei uns eine Produktionssteigerung von fünf Prozent." Natürlich sei das auch "monetär messbar".

Klumpp sagt: "Wir sind jetzt viel weiter als vor vier Jahren." Damals stieg die Vielfalt der Walzenmodelle stark an. Hamm nahm den Produktionsprozess unter die Lupe. Das Ergebnis: Es muss sich was verändern, um der gewaltigen Nachfrage nach den unterschiedlichsten Walzen Herr zu werden. Hamm produziert für die ganze Welt, zwei Drittel der Walzen gehen in Länder, die außerhalb Europas liegen.

Nach Nordamerika, Südamerika, Afrika oder Asien. Die Kundenanfragen seien entsprechend unterschiedlich. "Wir bauen kaum zwei Maschinen, die gleich sind", sagt Klumpp. Das erfordere erheblichen logistischen Aufwand. Hamm baut mehr als 200 verschiedene Maschinentypen. Dazu kommen 2000 Variationen. Diese Komplexität gilt es zu managen.

Hamm brauchte Experten, die das punktgenaue Zusammenspiel aus Paletten- und Kleinteile-Bereistellung für die Fertigung und Montage beherrschen. "Wir haben überlegt, dass zehn Kilometer von uns entfernt ein Spezialist sitzt, die IGZ. So sind wir ins Geschäft gekommen", sagt Klumpp und blickt zu IGZ-Geschäftsführer Johann Zrenner. Beide lächeln - und wirken in dem Moment wie zwei Jungs, die sich über einen gelungenen Streich freuen.

Zrenner sagt: "Straßenwalzen sind individueller als Autos." Eine Produktion von 10 000 gleichn Walzen gebe es nicht mehr. Es gehe um individuelle Wünsche. "Für die Logistik werden dadurch die Anforderungen höher", sagt der IGZ-Geschäftsführer. "Die richtigen Produkte sollen zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Platz sein."

In der Hamm-Zentrale in Tirschenreuth steht auf der Tür zum großen Konferenzraum, in dem die beiden Firmen ihr Projekt vorstellen, New York. Die Büros daneben heißen Moskau oder Johannesburg. Die große weite Welt ist hier ganz nah. Hamm ist Weltmarktführer - jede fünfte Straßenwalze in der Welt kommt aus Tirschenreuth.

Die IGZ ist ebenfalls erfolgreich in ihrem Geschäft - nach eigener Auskunft Marktführer für Digitalisierung von operativen Logistik- und Produktionsabläufen auf Basis von SAP-Software. Begonnen hat die Geschichte der Firma vor rund 20 Jahren - in einer landwirtschaftlichen Scheune. "Was die Garage bei Steve Jobs war, ist bei der IGZ die Scheune", sagt Zrenner. Das zieht sich bis heute durch die Firma, gehört zur Identität. Die Bürogebäude sind vom Design her alle an Scheunen angelehnt und heißen auch: Softwarescheunen.

Das Unternehmen ist stolz auf seine Innovationen. Auf der Feier zum 20. Geburtstag der Firma im vergangenen Jahr hielt Bergsteigerlegende Reinhold Messner die Festrede. Er verglich die IGZ mit seinen eigenen alpinistischen Herausforderungen. Es herrsche dort der gleiche Pionier- und Abenteuergeist, sagte Messner.

Die Kundschaft der IGZ reicht von Mittelständlern bis zu großen Konzernen wie Continental, BASF, Siemens oder Edeka. Aber: Bis vor wenigen Jahren hatte die Firma sehr wenig Aufträge aus der Region. "Wir wurden hier - bis auf Falkenberg - nicht wahrgenommen", sagt Zrenner. Dann fragte der Nachbar Hamm an.

Die Kooperation soll auch ein Statement sein, ein Plädoyer für die Stärke der Region. "Wir Oberpfälzer werden ja immer ein bisschen belächelt", sagt Zrenner. Aber nein: "Wir sind zwei Weltmarktführer, die eine Allianz schmieden." Hamm-Vorstand Stefan Klumpp erklärt: "Wir wollen auch zeigen, dass es in der Oberpfalz Unternehmergeist gibt. Hidden Champions, erfolgreiche Unternehmen, die deutlich über die Region hinausstrahlen und sehr erfolgreich sind."

Zum Abschluss des Projekts überreicht Zrenner Klumpp einen überdimensionalen Gutschein. Der IGZ-Geschäftsführer lädt das komplette Hamm-Projektteam, zum gemeinsamen Abend in der firmeneigenen Zoiglstube in Falkenberg ein. Wie passend: Zoigl, ein weiterer Champion aus der Oberpfalz.

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