Plauen Zwischen Teambus und Elektro-Transporter

Katrin Mädler

Trotz der derzeitigen Corona-Krise blickt der Bus-Umbauer MAN in Plauen positiv in die Zukunft. Seine Chance sieht er im Fokus auf die E-Mobilität.

 
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Plauen - In den Produktionshallen geht die Arbeit weiter, auf 60 000 Quadratmetern wird lackiert, montiert, gebaut: Nach Umsatzeinbrüchen in der Corona-Krise und drohenden Stellenstreichungen im Unternehmen will der Plauener Bus-Umbauer MAN Bus Modification Center (BMC) nach vorn schauen. "Trotz der gegenwärtigen Krise sehen wir uns durch unseren stärkeren Fokus auf die Elektromobilität und auf individuelle Kundenwünsche gut für die Zukunft aufgestellt", sagt Marcus Galle, Betriebsratsvorsitzender von BMC Plauen, der Deutschen Presse-Agentur.

Im März hatte der Lastwagenbauer MAN, der zur VW-Tochter Traton gehört, einen massiven Stellenabbau angekündigt - ohne jedoch Details zu nennen. Laut Berichten stehen rund 6000 Arbeitsplätze auf der Kippe. "Über die in der Presse genannten Personalreduzierungen bei MAN können wir in Plauen nichts sagen", sagt Galle.

Derzeit geht die IG Metall Zwickau davon aus, dass das Plauener Werk mit 150 Beschäftigten nicht von den Stellenstreichungen bei MAN betroffen ist. "Aber die Frage ist, in welche Richtung sich der Standort entwickeln möchte. Um zukunftsfähig zu sein, wird der Schwerpunkt auf Busmodifikationen nicht ausreichend sein. Es braucht Diskussionen, welche Geschäftsbereiche dort zusätzlich angesiedelt werden könnten", sagt der Erste Bevollmächtigte, Thomas Knabel. Die Corona-Krise sei nur eine Art Brennglas auf die ohnehin vorhandenen Probleme der Fahrzeughersteller. Rund 100 000 Menschen seien in Sachsen von der Automobilindustrie abhängig.

Bei MAN in Plauen geht man davon aus, dass bis 2030 rund 60 Prozent aller Fahrzeuge im ÖPNV elektrisch fahren. "Auch wir beteiligen uns an dieser Trendwende in der Automobilindustrie", sagt Galle. Ein Schwerpunkt sei der Ausbau von Elektrobussen und der Elektroshuttle eTGE, ein vollelektrischer Kleintransporter.

Im vergangenen Jahr machte das Plauener Werk mit Umbauten für den Bus der deutschen Fußball-Nationalmannschaft auf sich aufmerksam - mit einer Komforttoilette, Schrankelementen, absenkbaren Tischen und vielem mehr. "Wir konnten zeigen, zu welch hochwertigen Ausstattungen wir in der Lage sind", sagt Galle. Auch das Frauen-Nationalteam, die U21-Nationalmannschaft und andere internationale Fußballclubs und Sportmannschaften fahren mittlerweile in maßgeschneiderten Bussen aus dem vogtländischen Werk.

Alle Fahrzeughersteller stünden vor der Frage, wie die Antriebstechnologie in den nächsten Jahrzehnten funktionieren soll, so Knabel. "Geklärt werden muss, wie dieser Strom der neuen Technologien gespeichert werden soll - über Batterien oder einen Wasserstoffantrieb."

Gerade Unternehmen wie MAN in Plauen zeigten, dass die Automobilindustrie auch außerhalb von Zwickau wichtige Standbeine im Freistaat Sachsen hat, sagte Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) der dpa. Inzwischen hätten sich die Plauener durch Einzel- und Spezialaufträge einen sehr guten Ruf erarbeitet und seien ein bedeutender Standort für MAN geworden.

"Die Nachfrage nach Modifizierungen nimmt generell zu und insbesondere die Umbauten von Vans, also Transportern, erfahren bei uns ein starkes Wachstum. Dazu zählen beispielsweise Veränderungen im Innenraum hin zu Personenfahrzeugen etwa für Schülertransporte, ergänzende Spezialfunktionen, Klimatisierung oder Lichteffekte", erzählt Marcus Galle. Auch der E-Van spiele eine immer größere Rolle. "Wir sehen als Hersteller einen Trend, dass Kommunen im ÖPNV zunehmend auf kleinere, individuell angepasste Ruftaxis und Personentransporte setzen", ergänzt er.

Der Umbau von Fahrzeugen ist seit der Eröffnung stark angestiegen: Von 170 Fahrzeugen 2015 auf geplante 900 Fahrzeuge in diesem Jahr. Diese Stückzahl habe man sich laut Galle trotz Corona-Krise vorgenommen. "Durch die Krise sind die Aufträge für Fahrzeugmodifikationen bei uns um 70 Prozent eingebrochen. Inzwischen normalisiert sich die Nachfrage wieder."

Laut Gewerkschafter Thomas Knabel ist die Automobil-Branche in Sachsen unterschiedlich von der Corona-Krise betroffen: "Einigen geht es sehr gut. In anderen Werken sieht es sehr schlecht aus, besonders bei denen, die mit der Produktion von Verbrennungsmotoren zu tun haben." Das betreffe die Maschinenbauer im Chemnitzer Raum, Gießereien in der Zwickauer Region und ebenso eine Continental-Tochter in Limbach-Oberfrohna.

Seit 100 Jahren ist der Busbau in Plauen etabliert. Los ging es 1919 durch die Vogtländische Maschinenfabrik AG (Vomag). Später folgte die Marke Neoplan, und nach deren Schließung 2015 übernahm das MAN Bus Modification Center die Führung. "Nach dem Aus von Neoplan vor fünf Jahren waren wir froh, dass wir den Industriestandort erhalten konnten. Und wir werden alles tun, dass es so bleibt. Jedes weitere Ausdünnen der Belegschaft wäre vor Ort eine Katastrophe", findet IG-Metall-Bevollmächtigter Knabel.

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