Wunsiedel Der Weg zurück ins Leben

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Eine perfekte Therapie ist für Franz Mutz das Zitherspiel, wozu ihm sein Arzt dringend rät. Weil die linke Hand etwas anderes tut als die rechte, sei dies bestens geeignet, um eine Verbindung zwischen beiden Gehirnhälften wieder neu herzustellen, sagt Mutz. Foto: zys

Franz Mutz will nach einem Schlaganfall eine Selbsthilfegruppe für Betroffene gründen. Mit 51 ändert sich für ihn alles von heute auf morgen. Seine Therapie sind das Zitherspiel und Wandern.

 
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Wunsiedel - Von heute auf morgen ist nichts mehr, wie es war. Franz Mutz, stets fideler Wanderer, steht noch mitten im Arbeitsleben, als er mit 51 Jahren einen Schlaganfall erleidet. Jetzt ist er 55 und seit einiger Zeit Frührentner. Noch immer plagen ihn die Nachwirkungen des Schlaganfalls. Und obendrein hat die Krankheit ein tiefes Loch in seine Kasse gerissen. "Ich hab' nur noch 63 Prozent meiner früheren Bezüge. Ein Auto kann ich mir nicht mehr leisten", erzählt er im Gespräch mit der Frankenpost. Dennoch ist er zufrieden. Denn er ist mit dem Leben davongekommen. Anders als 30 Prozent aller Betroffenen. Sie sterben an den Folgen. Franz Mutz muss lernen, mit der Krankheit umzugehen und hat sich intensiv damit beschäftigt. Sein Know-how will er jetzt weitergeben. "Ich möchte eine Selbsthilfegruppe gründen, in der sich Betroffene wie Angehörige austauschen können."

An jenem Abend ist Franz Mutz allein daheim. Ihm wird schwindlig und übel. "Ich habe plötzlich alles doppelt gesehen und konnte fast nicht mehr laufen." Einen Arzt ruft er noch nicht, denkt, es geht schon vorüber. Doch am Morgen ist es nicht besser. "Ich hab' mich zum Telefon geschleppt und die Notrufnummer gewählt, aber der Mann am anderen Ende konnte mich kaum verstehen. Mutz versucht zu buchstabieren, zehn Minuten später steht der Sanka vor der Tür. Noch am Vormittag wird der Wunsiedler vom Klinikum in Marktredwitz nach Bayreuth in die Hohe Warte verlegt. Zwei Wochen bleibt er dort, kommt anschließend zur Heilbehandlung für fünf Wochen nach Schaufling.

Warum es ihn trifft, weiß der 55-Jährige nicht. "Das Rauchen habe ich schon 1985 aufgegeben, ich trinke hin und wieder ein Gläschen Wein und achte auf eine ausgewogene Ernährung." Auch Stress ist einer der Faktoren, die zum Schlaganfall führen können, wie er sagt.

Mutz zählt zu jenem Drittel, das "halbwegs ungeschoren davonkommt". Weitere 30 Prozent müssten mit erheblichen Beeinträchtigungen leben, gerieten in Pflegestufe II oder III. "Nur ein geringer Prozentsatz schafft die Rückkehr in den Beruf." Mutz nicht. Ein erster Arbeitsversuch nach fünf Monaten scheitert. "Zwei Stunden gingen noch, aber vier am Stück habe ich einfach nicht mehr geschafft. Da konnte ich mich nicht mehr konzentrieren." Der Amtsarzt bescheinigt dem einstigen Vorsitzenden des Fichtelgebirgsvereins Bad Alexandersbad Dienstunfähigkeit. "Daraufhin hat mich die Stadt Wunsiedel, wo ich als Verwaltungsbeamter im Mittleren Dienst gearbeitet habe, in den Ruhestand geschickt."

Das Handy ist heute der regelmäßige Begleiter des Naturliebhabers, "falls wieder etwas passieren sollte". Täglich wandert er vier Stunden auf die Kösseine und wieder zurück, zwölf bis 15 Kilometer, je nach Route. "Manchmal geht es ein bisschen besser, manchmal schwenkt ein Bein etwas unkontrolliert aus." Der tägliche Ausflug ist für ihn die beste Therapie, wieder zurück ins Leben zu finden. Auch das Spiel auf der Zither, wozu ihm der Arzt rät. "Denn hier kann ich die Koordination beider Hirnhälften wieder lernen."

Der Schlaganfall hat das Leben von Franz Mutz auf den Kopf gestellt. "Aber dadurch habe ich eine komplett neue Lebenseinstellung gewonnen, mein Schutzengel hat mir einen Bodycheck verpasst", sagt der 55-Jährige.

"Vor gut einem Jahr bin ich von Alexandersbad nach Wunsiedel gezogen. Es wird langsam Zeit, wieder unter Menschen zu kommen." Und sich mit Betroffenen, die das gleiche Schicksal ereilt hat, auszutauschen. "Ich hätte gern mal jemanden zum Reden gehabt, der sich mit all den Dingen wie Pflegestufe, Schwerbehindertenausweis und ähnlichem auskennt." Wohl gebe es die Aphasiker-Gruppe in Wunsiedel und Selb, doch die sei spezialisiert auf Sprachstörungen nach Schlaganfall oder Tumor.

Franz Mutz will jetzt andere an seinen Erfahrungen teilhaben lassen und auch ihnen dabei helfen, den Weg zurück ins Leben zu finden.

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30 Prozent aller Patienten sterben an den Folgen eines Schlaganfalls.

Mein Schutzengel hat mir einen Bodycheck verpasst.

Franz Mutz


Info-Nachmittag für Betroffene und Angehörige

Am 9. Februar lädt Franz Mutz zum ersten Info-Nachmittag in den "Wunsiedler Hof" nach Wunsiedel ein. Beginn ist um 14.30 Uhr. Die Veranstaltung richtet sich an Betroffene ebenso wie an Angehörige und soll einem ersten Gedankenaustausch dienen. Unterstützt wird die neue Selbsthilfegruppe laut Franz Mutz unter anderem vom Klinikum Fichtelgebirge und der AOK. Nähere Infos gibt es bei Mutz, Telefon 09232/6565 oder via Internet unter der Adresse franz.mutz@t-online.de


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