Wunsiedel - Das Fichtelgebirgsmuseum widmet eine Ausstellung einer Frau, die nach eigener Einschätzung mehr Menschen umgebracht hat als Lucrezia Borgia. Doch anders, als die berühmte Giftmischerin aus dem italienischen Clan, beging die Frau, um die es in Wunsiedel geht, ihre Morde mit der Schreibmaschine. Es ist: Agatha Christie.

"Arzneimittel in todsicherer Dosis - die Pharmazeutin Agatha Christie" heißt die aktuelle Sonderausstellung, die man so im Fichtelgebirgsmuseum nicht wirklich vermuten würde, wie auch Museumsleiterin Dr. Sabine Zehentmeier-Lang bei der Eröffnung am Freitagabend zugab. "Aber das Thema scheint die Menschen zu bewegen", sagte sie. Auch stellvertretender Landrat Gerald Schade erkannte eine "ganz außergewöhnliche Ausstellung", und erinnerte an Paracelsus Grundsatz "Dosis sola facit venenum" - Allein die Dosis macht das Gift.

Die neue Ausstellung, die das Fichtelgebirgsmuseum in überarbeiteter Form vom Leipziger Apothekenmuseum übernommen hat, zeigt eine Vielzahl von Exponaten, die für Umgang, Verkauf und Verarbeitung von giftigen Stoffen nötig waren. Es sind Giftfläschchen zu sehen, vorschriftsmäßig nach dem Arzneimittelgesetz beschriftet, Pillenmaschinen, historische Verpackungen, Mörser und Handwaagen - alles, was für die heikle Arbeit der Apotheker nötig war und ist. Den roten Faden liefert Agatha Christie, die "Lady of crime". Mit über zwei Milliarden verkaufter Romane reiht sie sich in die Bestsellerliste auf den dritten Rang ein - gleich hinter der Bibel und William Shakespeare.

Aber wohl den Wenigsten dürfte bekannt sein, dass die Autorin eine ausgebildete Pharmazeutin war. Ihr Interesse an toxischen Stoffen aber, und das erfahren die Besucher der Ausstellung, ging weit über das einer normalen Apothekenhelferin hinaus. Wie Kuratorin Yvonne Müller sagte, fertigte Agatha Christie Listen von giftigen Substanzen und deren Merkmalen. Und auch in ihren literarischen Werken griff die Autorin immer auf ihr fachkundiges Wissen zurück, hielt sich dabei stets an die Realität. Sogar Toxikologen bestätigten ihr pharmazeutisches Wissen auf Lehrbuchniveau. Die Beschreibungen von Giften und deren Wirkungen waren so exakt, dass 1977 eine Krankenschwester, dank ihrer Leidenschaft fürs Krimilesen, eine Thallium-Vergiftung erkannte und so das Leben eines kleinen Kindes retten konnte.

Während ihrer Arbeit in der Apotheke ersann Agatha Christie ihren Meisterdetektiv Hercule Poirot und die schrullige Amateurkriminalistin Miss Marple. Weil sie sich nicht mit Pistolen ausgekannt habe, ersann die Autorin ihre Giftmorde, sagte Yvonne Müller. Und Agatha Christie selbst sagte einmal: "Gift ist raffiniert und sauber und wirklich aufregend." Dementsprechend lang ist die Liste der Substanzen, die in ihren Krimis eine Rolle spielen. "Die tödlichen Spitzenreiter sind Blausäure mit 13, Arsen mit neun und Morphin mit sieben Titeln", so die Kuratorin.

Einige der Stoffe und Pflanzen, die im Werk Agatha Christies wiederholt eine nicht unwichtige Rolle spielen, lernen die Ausstellungsbesucher genauer kennen. Darunter der hochgiftige Fingerhut, der gleichzeitig ein wichtiger Arzneimittelrohstoff ist, Morphin und Barbiturate. Auch der Homöopathie, deren Grundsatz "Ähnliches werde durch Ähnliches geheilt" lautet, ist ein Ausstellungsraum gewidmet. Krimifans kommen in der Schmökerecke auf ihre Kosten, und Cineasten dürfen sich an dem Klassiker "Ein Unbekannter rechnet ab" gütlich tun.

Und wer den wohligen Schauer verträgt, der sollte sich den alten Apothekerschrank zu Gemüte führen. 13 Giftmörderinnen stellt das Museum darin vor, etwa die Französin Hélène Jégado, die in 18 Jahren 36 Menschen mit Arsen vergiftet hatte und 1852 enthauptet wurde. Nachdem es aber der Wissenschaft gelang, Arsen im Körper nachzuweisen, erfuhren die Giftpflanzen eine Renaissance: Strychnin landete im bitteren Bier, Aconitin im Kaffee und Kirschpralinen wurden mit Digitalis, dem Fingerhut, aufgepeppt. Und warum das alles? Allein ein Mann habe ihr Herz so böse gemacht, gibt Giftmörderin Anna Margaretha Zwanziger in der Ausstellung die Antwort. Was im Umkehrschluss für das starke Geschlecht nur bedeuten kann: Sei freundlich zu deiner Frau - oder geh auswärts essen.

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Die Ausstellung "Arzneimittel in todsicherer Dosis - die Pharmazeutin Agatha Christie" ist bis 25. Mai im Fichtelgebirgsmuseum zu sehen. Begleitet wird sie von einem "todsicheren" Programm mit Lesungen, Musik und Theater.

Die tödlichen Spitzenreiter sind Blausäure, Arsen und Morphin.

Kuratorin Yvonne Müller