Wunsiedel/Marktredwitz - Die Ärzte im Landkreis Wunsiedel sitzen wie auf Kohlen. Und mit ihnen die Patienten. Doch nicht nur da: In ganz Bayern müssen Kassenpatienten noch bis mindestens Mitte Oktober auf ihre Grippeschutzimpfungen warten. Denn der Impfstoff steht erst zwei Wochen später als geplant zur Verfügung. Wenn alles klappt. "Viel zu spät", wie die Ärzte beklagen. Denn mit der verspäteten Auslieferung wird das Zeitfenster für die Impfung immer enger. "Es kann auch durchaus länger dauern", befürchtet Ärzte-Sprecher Alexander Fuchs aus Wunsiedel, Facharzt für Innere Medizin. Die Termine vor dem Winter, wo die Grippeviren Einzug halten, würden also äußerst knapp.

Wie Fuchs in einem Fax der Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände erst am Montag mitgeteilt bekommen hat, kommt der Impfstoff mit Verspätung. Hintergrund dieser Misere ist nach Mitteilung des Wunsiedler Arztes, "dass sich erstmals die Krankenkassen um den Impfstoff kümmern". Bisher habe es solche Probleme nie gegeben, "weil die Ärzte ihren Impfstoff schon im Vorjahr geordert haben". Doch nun seien die Kassen der Meinung, die Ärzte hätten zu viel bestellt. "Denn das letzte Mal vor der Schweinegrippe waren die Leute so verunsichert, dass sie sich kaum haben impfen lassen. Somit sind wir Ärzte auf dem Impfstoff sitzen geblieben."

Die Kassen hätten daher entschieden, sich selbst um die Bestellung zu kümmern "und haben dies ausgeschrieben". Letztlich hätten sie wohl den günstigsten Hersteller unter Vertrag genommen. Bei der Firma Novartis, die den Zuschlag bekommen habe, handelt es sich laut eigener Aussage des Unternehmens auf deren Homepage um "die umsatzstärkste Pharmaunternehmensgruppe im deutschen Gesundheitsmarkt". Dass es mit der Impfstoff-Lieferung nicht klappt, liegt nach Worten des Ärzte-Sprechers Fuchs "in der Verzögerung der Dokumentation der Qualitätssicherungs-Maßnahmen". Denn jedes Jahr müsse der Impfstoff neu hergestellt werden, weil sich die Viren ständig veränderten.

Die Wahrscheinlichkeit, dass es in diesem Jahr mehr Grippefälle gibt als zuvor, ist nach Einschätzung des Facharztes aus Wunsiedel "sehr hoch". Und damit stiegen auch die Behandlungskosten. Unterm Strich sieht Alexander Fuchs durch das Handeln der Krankenkassen also keine Einsparungen. Denn in der Zeit, in der der Impfstoff fehlt, müsse man eben auf andere Grippe-Medikamente ausweichen.

Für den Wunsiedler Arzt "vergeht einfach zu viel Zeit". Normalerweise beginnen er und seine Kollegen Ende September mit den Impfungen. Denn später kämen ja auch noch die anderen Erkältungskrankheiten dazu. "Die Kassen werden schon merken, dass das alles nicht so einfach ist", meint Fuchs resigniert.

Gerade Risikopatienten benötigten den Impfstoff, bestätigt Dr. Karl Gack, Allgemeinmediziner in Marktredwitz. "Die Nachfrage nach einem Grippeschutz ist groß, und für Notfall-Patienten sollen wir den Impfstoff ab 15. Oktober bekommen, weniger dringende Fälle sind frühestens nach dem 5. November dran", erklärt er der Frankenpost. Dr. Gack hätte längst mit den Impfungen vor dem Winter begonnen, "jetzt wird der Zeitkorridor zu eng". Denn breche die eiskalte Jahreszeit an, komme man wohl mit dem Impfen nicht mehr nach.

Zu den Risikogruppen gehören dem Marktredwitzer Mediziner zufolge Diabetiker, chronisch Kranke, Herzpatienten, Tumorpatienten, Schwangere und Altenheimpatienten. Also eine ganze Menge. "Es ist das erste Mal, dass ich so etwas erlebe", kritisiert Dr. Gack. Es habe immer funktioniert - bis jetzt die Kassen ihre Macht ausspielten.

Wenn es mehr Grippefälle gibt, sparen die Krankenkassen unterm Strich nichts ein.

Ärzte-Sprecher Alexander Fuchs


Das Klinikum impft keine Patienten

"Im Klinikum Fichtelgebirge werden grundsätzlich keine externen Patienten geimpft", teilt Pressesprecherin Uschi Geiger auf Nachfrage der Frankenpost mit. Diese Leistung obliege den niedergelassenen Ärzten. Bis vor zwei Jahren sei eine Grippeimpfung für Mitarbeiter angeboten und dafür im Voraus der Impfstoff bestellt worden.

Wegen zu geringer Nachfrage habe man dieses Angebot eingestellt. "Deshalb kann man im Klinikum auch nicht beurteilen, ob es in diesem Jahr einen Engpass geben würde oder nicht."