Wunsiedel Hochbetrieb im Winter

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Michael Schricker (links) und Udo Legat zeigen, dass die Waldarbeit der Landwirte mit dazu beiträgt, die Landschaft zu erhalten. "Indem wir den Wald fortlaufend verjüngen, sind wir Lufterfrischer", sagt Michael Schricker und zeigt ein Werbeplakat des Bauernverbandes. Foto: Bäumler Quelle: Unbekannt

Auch wenn auf den Feldern derzeit Ruhe herrscht, haben die Bauern jede Menge zu tun. Für viele Landwirte ist die Arbeit im Wald ihr täglich Brot. Andere besuchen Kurse des Bauernverbandes wie das "Erotische Kochen mit dem Ehemann".

 
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Wunsiedel - 30 Tage Urlaub im Jahr, 38-Stunden-Woche, 13. Monatsgehalt. Was für die meisten Arbeitnehmer alltäglich ist, erscheint vielen Landwirten wie ein Traum. "Wenn es heißt, wir könnten uns doch ein zweites Standbein schaffen, etwa Urlaub auf dem Bauernhof anbieten, dann werde ich grantig. Wie sollen wir das denn auch noch schaffen", sagt Anja Rausch aus Oberweißenbach. Zusammen mit ihren Kollegen vom Arbeitskreis Öffentlichkeitsarbeit des Bauernverbandes, Udo Legat aus Arzberg, Michael Schricker aus Neudes und Reinhold Wunderlich aus Seedorf, will sie auf die Situation der Landwirte in der Region aufmerksam machen.

Dass der Beruf Landwirt kein Zuckerschlecken ist, weiß wohl jeder. Viele glauben jedoch, dass die Bauern im Winter eine ruhige Zeit haben. "Wir hatten zu Weihnachten tatsächlich zwei Feiertage an denen es so richtig ruhig war", sagt Michael Schricker. Das war allerdings eher dem Zufall geschuldet und trägt auch nicht unbedingt zum betriebswirtschaftlichen Erfolg bei. Wegen des warmen Wetters und des fehlenden Schnees hatten Gäste abgesagt, die sich eigentlich im Hof, der zugleich eine Pension ist, einmieten wollten.

Ruhig erscheint den Landwirten der Alltag im Winter lediglich im Vergleich zum Sommer, wenn 14-, ja 16-Stunden-Tage eher die Regel sind.

Wer Tiere zu versorgen hat, der muss in der dunklen Jahreszeit mehrere Stunden allein für das Mischen des Futters und das Füttern einplanen. "Wenn man dann am Morgen noch den Schnee vor dem Silo freischaufeln muss, dauert es länger."

Viele Bauern verbringen momentan eine Menge Zeit im Wald. "Früher galt der Wald als Sparkasse. Vor einigen Jahren galt er vielen als Last, weil die Holzpreise niedrig waren, und heute ist er so wertvoll wie lange nicht", sagt Reinhold Wunderlich. Innerhalb der vergangenen drei bis fünf Jahre habe sich der Holzpreis verdoppelt, da rentiere sich die Arbeit wieder.

Laut Michael Schricker, der derzeit täglich draußen ist, um Bruchholz zu entfernen, ist die Arbeit körperlich anstrengend. "Im Bauernwald kann man eben weniger mit Maschinen arbeiten als im Wald des Forstes. Wir müssen schon zupacken können."

Viele Stunden nimmt derzeit für die Landwirte die sogenannte Gremienarbeit und die Fortbildung in Anspruch. "Wir könnten jeden Tag einen anderen Kurs besuchen", sagt Reinhold Wunderlich und zeigt das dicht bedruckte Bildungsprogramm des Bauernverbandes. Egal ob Pflanzenbautag, Unternehmertag, Kälberhalter-Fortbildung oder Energiebauern-Schulung, es gibt für fast jeden denkbaren Bereich ein Angebot. "Vor einigen Jahren gab es sogar eine Schulung ,Erotisches Kochen mit meinem Mann'", sagt Anja Rausch. Die Bauern, die daran teilgenommen haben, hatten zumindest ihren Spaß. Was der Kurs bewirkt hat, ist nicht eruiert worden.

Die meisten Landwirte nutzen die Wochen, in denen die Feldarbeit ruht, auch für Reparatur- und Wartungsarbeiten. "Allein das jährlich vorgeschriebene Wechseln und Säubern der Milch- und Luftschläuche der Melkanlagen dauert gut einen Tag", sagt Schricker. Dazu kämen Reparaturen am Stall und im Haus. Wer nebenbei Winterdienst fährt, der muss nach dem Berufskraftfahrer-Qualiafikationsgesetz innerhalb von fünf Jahren 35 Stunden Lehrgang nachweisen. "Nicht zu vergessen sind die vielen Formulare, etwa beim Betriebsflächennachweis, dem Mehrfach- oder Kulap-Antrag, die wir ausfüllen müssen", fällt Wunderlich noch ein. Da meldet sich Anja Rausch wieder zu Wort. "Dennoch muss im Winter auch Zeit für die Familie, für die Kinder bleiben. Das muss einfach sein. Und: Manchmal braucht der Mann neue Kleidung. Da muss er wohl oder übel mit zum Einkaufen."

Allein das jährliche Wechseln und Säubern der Luft- und Milchschläuche der Melkmaschine dauert gut einen Tag.

Michael Schricker


Von einer Jahreshauptversammlung zur anderen

Was für viele Vereinsmitglieder eine Freude ist, ist für Landwirte Pflicht: Sie müssen jede Menge Hauptversammlungen besuchen. Und diese finden in aller Regel in den Wintermonaten statt. Reinhold Wunderlich, der beim Bauernverband für Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist, zählt folgende Versammlungen auf, an denen Landwirte teilnehmen sollten: die Hauptversammlung des Milchhofs, der Besamungsgenossenschaft, des Maschinenrings, der Kreiszuchtgenossenschaft, des Milcherzeugerrings und der Trocknungsgenossenschaft. "Es ist möglich, dass ich den einen oder anderen Termin vergessen habe." Die Versammlungen dienen den Landwirten traditionell auch als Informationsbörse. Außerdem gibt es meist einen Bildungsteil bei den Treffen.


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