Wunsiedel Im ehrenamtlichen Dienst für bedürftige Mitmenschen

Einmal in der Woche sorgt die Wunsiedler Tafel für volle Regale in ihrer Ausgabestelle. Foto: pr

Die Tafel in Wunsiedel besteht heuer seit zwölf Jahren. Derzeit versorgen deren Helfer im Schnitt pro Woche 90 Haushalte mit Lebensmitteln.

 
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Wunsiedel - Die erste deutsche Tafel hat die Initiativgruppe Berliner Frauen genau vor 25 Jahren am 22. Februar 1993 in Berlin gegründet. Durch die Entschlusskraft einer der Frauen übertrugen sie das Konzept der New Yorker City Harvest auf Deutschland. Der Gedanke, Lebensmittel einzusammeln, die nach den Gesetzen der Marktlogik "überschüssig" sind, und diese an bedürftige Menschen und soziale Einrichtungen weiterzugeben, schien einfach und sinnvoll. Im Landkreis Wunsiedel gibt es inzwischen vier Tafeln, die älteste ist die in Wunsiedel. Von Anfang an dabei und einer der wichtigsten Organisatoren ist Peter Finsel.

Tafel Deutschland

934 Tafeln mit mehr als 2100 Tafel-Läden und Ausgabestellen entstanden seit der Gründung der ersten Tafel im Jahr 1993. Deutschlandweit engagieren sich ungefähr 60 000 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Über 2000 Fahrzeuge sind im Einsatz; davon haben rund 59 Prozent eine Kühl- und rund acht Prozent eine Tiefkühlfunktion.

"Die Geburtsstunde der Tafel in Wunsiedel ist der 6. April 2006", sagt Finsel. Später folgten im Landkreis die Tafeln in Selb, Marktredwitz und Arzberg. Angestoßen haben das Projekt in der Festspielstadt neben ihm Verena Buchta, die Frau des damaligen Dekans, sowie die damals amtierende dritte Bürgermeisterin Margit Widenmayer bei einem Treffen im evangelischen Gemeindehaus. Auch sie waren darauf aufmerksam geworden, dass viele Supermärkte ihre abgelaufenen Lebensmittel entsorgten, wohl wissend, dass es in der Stadt Menschen gibt, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen.

"In kürzester Zeit fanden sich zwölf Frauen und Männer, die bereit waren mitzuhelfen", erinnert sich Finsel. Am 6. April 2006 gaben die Ehrenamtler dann zum ersten Mal Lebensmittel in den Räumen des Hauses am Jean-Paul-Platz 6 ab. 30 Haushalte nahmen das Angebot in Anspruch, das heißt, es wurden für rund 90 Menschen Obst, Gemüse, Brot, Milch, Nudeln und Reis gegen einen kleinen Obolus abgegeben. Zur Zeit sorgen etwa 40 Helfer dafür, dass sich 90 Haushalte mit dem Nötigsten jeweils am Samstag ab 15 Uhr eindecken können.

Bis dahin sei es aber ein weiter Weg gewesen, erzählt Finsel. Drei Mal habe die Tafel umziehen müssen. Auf den Ausgabeort am Jean-Paul-Platz folgte die ehemalige Weinhandlung Krug hinter dem Rathaus. Platzmangel und Gründe der Hygiene, auch die Tafeln werden vom Gesundheitsamt kontrolliert, machten einen Wechsel in die Hornschuchstraße 1 nötig. Als auch dieses Haus zum Verkauf stand, wechselte die Tafel zum jetzigen Standort in der Katharinenstraße 15. Hier ist nun seit März 2014 die Anlaufstelle derjenigen, die ihren Lebensunterhalt allein durch Arbeit oder Unterstützung vom Staat nicht bestreiten können. "Wir sind der Familie Weiß unglaublich dankbar, dass sie uns diese Räume zur Verfügung stellt", freut sich Finsel.

Die Räume alleine reichen allerdings nicht, um das Projekt am Leben zu erhalten, erklärt der 73-Jährige. Zwingend notwendig sei auch ein Fahrzeug, um die Lebensmittel von Supermärkten und bei anderen Spendern abzuholen. Dazu liehen sich die Helfer am Anfang zunächst einen Kleinbus der Johanniter. Seit 2008 verfügt der Wunsiedler Ableger der Tafel nun über ein eigenes Kühlfahrzeug. "Die Kühlung ist wichtig, wenn wir Fleisch oder Wurst bei der Großmetzgerei abholen", betont Finsel. Oder aber an heißen Sommertagen, um leicht verderbliche Ware zu transportieren.

Und die Transporte müssen erst einmal organisiert werden, ein Leichtes für den ehemaligen Bundeswehrler. "Unter der Woche fahren wir los und holen die Lebensmittel", erklärt Finsel. "Zum Glück haben wir ein super Verhältnis zu den Betreibern der Märkte", betont der Wunsiedler. Die sowie Großbäckereien werden unter der Woche von zwei eingeteilten Helfern angefahren. Dankbar sind die Mitglieder auch privaten Spendern, die vor allem vor Ostern und Weihnachten kartonweise Naturalien abgeben. Vor den Weihnachtsfeiertagen tritt dann auch der Lions-Club in Aktion und sorgt mit gespendeten Christstollen dafür, dass bei den Bedürftigen ein wenig Festtagsstimmung aufkommt. Aber auch der Rotary-Club hat sein Scherflein zum Gelingen des Projekts beigetragen und eine Kühltheke beigesteuert.

Am Samstagmittag treffen sich dann die ehrenamtlichen Frauen und Männer, um die Kühltheke sowie die Auslagen mit den Waren zu bestücken. "Hier haben sich inzwischen bewährte Teams herauskristallisiert." Für die Ausgabe der Nahrungsmittel hat Finsel dann auch einen fairen Plan ausgetüftelt, bei dem jeder der Abholer einmal als erster an der Reihe ist, sich mit dem Notwendigsten einzudecken.

Durch die Arbeit der Tafeln entstünden den Supermärkten geringere Entsorgungskosten, Menschen in Not würde geholfen. "Aber das Wichtigste ist, es werden weniger Lebensmittel weggeworfen", fasst Finsel die ehrenamtliche Arbeit zusammen. Im Gespräch merkt man dem Mann von der Tafel die Freude an seinem ehrenamtlichen Engagement an. "Wir hatten viele unglaublich schöne Erlebnisse", blickt Finsel zurück. So hätten die Mitarbeiter der Tafel Mittagessen für ihre Mitmenschen in Not im Advent im evangelischen Gemeindehaus organisiert, einmal für 220 Leute. Neben dem gemeinsamen Feiern beeindruckt die Helfer vor allem die große Dankbarkeit der Beschenkten. "Für heuer haben wir eine Wiederholung der Aktion geplant", sagte Finsel und hofft dabei auch im Namen seiner vielen Helfer weiter auf die Unterstützung von Firmen und der Bevölkerung.

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