Wunsiedel - 1.30 Uhr - um diese Uhrzeit schlummert man in der Regel selig. Oder aber man verlässt als einer der Letzten sein Stammlokal. Für den 21. März 2013 steht in Wunsiedel zu dieser nachtschlafenden Zeit eine Einweihung an. An jenem Tag und zu nämlicher Stunde wird im Jahr 1763 ein gewisser Johann Paul Friedrich Richter in der kleinen, aber lichten Stadt geboren, ein Kind, das es später unter seinem Künstlernamen Jean Paul zu einer gewissen Berühmtheit unter den Literaten deutscher Sprache bringen sollte.

Beheizbarer Raum

Am 21. März 2013, einem Donnerstag, um 1.30 Uhr wird in Wunsiedel etwas eingeweiht, was derzeit nur als Idee existiert: das Jean-Paul-Zimmer. Ein solches einzurichten, schickt sich gerade ein Mann an, der die Geschichte Wunsiedels kennt wie kaum ein zweiter: Dr. Peter Seißer. Seißer, der inzwischen auch dritter Vorsitzender des in Bayreuth ansässigen Vereins "Jean Paul 2013" ist, tut dies in enger Zusammenarbeit mit dem Fichtelgebirgsmuseum.

Dass Wunsiedels berühmtester Spross im heutigen evangelischen Gemeindehaus geboren wurde, darauf weist lediglich eine Erinnerungstafel hin, die an der Wand des eher unauffälligen Gebäudes angebracht ist. Für die Fans des Dichters und andere Interessierte gibt es in dessen Geburtsstadt neben der bronzenen Büste bei der Stadtkirche bislang wenig Handfestes zu besichtigen, was an den Mann erinnert, dessen Werke dereinst beliebter waren als die eines gewissen Goethe.

Das Jean-Paul-Geburtshaus war im 18. Jahrhundert noch zweigeschossig, also ein Stockwerk niedriger, als es sich heute präsentiert. Das zeigt die Kopie des alten Plans, die vor Peter Seißer auf dem Tisch liegt. Mit diesem Plan, dessen Original im Wunsiedler Stadtarchiv liegt, hat sich Seißer intensiv beschäftigt. "Jean Paul", sagt er und deutet auf die Bauzeichnung, "ist mit höchster Wahrscheinlichkeit in dem beheizbaren Raum neben der Küche im Erdgeschoss geboren." Der Raum, der hin zur Straße "Am Burggraben" liegt, befindet sich direkt über dem ehemaligen kirchlichen Jugendtreff "Katakombe". Wie Seißer sagt, ist das Zimmer seit Jean Pauls Tagen von seinem Grundriss nahezu unverändert geblieben. Derzeit dient es der evangelischen Kirchengemeinde noch als Jugendzimmer. Laut Beschluss des Kirchenvorstands soll dieses nun unter das Dach verlegt werden. Das Kirchengremium hat auch Seißer mit der Ausgestaltung des Jean-Paul-Zimmers beauftragt.

Was aber soll nun in des Dichters Geburtszimmer hinein? Da es von den ursprünglichen Einrichtungsgegenständen nichts mehr gibt, kann die Ausstattung nur der der damaligen Zeit nachempfunden werden. Seißer will das ehemalige Schlafzimmer in enger Abstimmung mit Dr. Sabine Zehentmeier, der Leiterin des Fichtelgebirgsmuseums, also so einrichten, wie es zu Jean Pauls Geburt hätte aussehen können: ein Bett oder ein Himmelbett im Stil das damaligen Zeit, ein bemalter Bauernschrank und ein eiserner Ofen.

Aus dem Museum

Die Möbel steuert größtenteils das Fichtelgebirgsmuseum bei. Auch werden auf dem bestehenden Betonboden Holzdielen verlegt. Die Tür wird erneuert und von der Gestaltung her der Zeit Jean Pauls angepasst. Die Fenster erhalten Sprossen. An den Wänden des Zimmers und auch des Flurs davor kann sich Seißer allerlei Gegenstände vorstellen, die mit dem Dichter in enger Verbindung stehen: eine Kopie des Taufeintrags, Auszüge aus dem literarischen Werk oder dessen Bezüge zur Stadt Wunsiedel. Und schließlich wird in dem Zimmer ein sogenannter Mini-PC aufgestellt, an dessen Touch-Screen etwa Jean-Paul-Lesungen, Bilder oder Porträts des Dichters abrufbar sind. Gefördert wird die Einrichtung des Jean-Paul-Zimmers von der Oberfrankenstiftung.

Die Einrichtung im Geburtszimmer soll das 250. Geburtsjahr des Dichters überdauern. Seißer stellt sich vor, dass der Erinnerungsraum auch danach in die Wunsiedler Stadtführungen einbezogen wird. Diese beginnen ja bekanntlich bei der Dichterbüste auf dem Jean-Paul-Platz.

Nur ein kurzes Gastspiel in Wunsiedel

Jean Paul erblickte am 21. März 1763 das Licht der Welt. Er war das erste von fünf Kindern des Lehrers und Organisten Johann Christian Christoph Richter und seiner Ehefrau Sophia Rosina. Dass Jean Paul um 1.30 Uhr seinen ersten Atemzug tat, weiß die Nachwelt aus dessen Autobiografie, der "Selberlebensbeschreibung".

Das Geburtshaus, das heutige evangelische Gemeindehaus, diente seinerzeit als Domizil für Lehrer. Es war aufgeteilt in drei Wohnungen Jean Pauls Vater war dritter Lehrer an der Lateinschule, also dem Lyzeum, und spielte die Orgel an der Spitalkirche, später auch an der Stadtkirche. Das Gastspiel des späteren Dichters in seiner Geburtsstadt währte nur kurz. Bereits 1765 erhielt sein Vater eine Stelle als Pfarrer in Joditz, und die Familie verließ Wunsiedel.