Wunsiedel Rechtsextreme mit neuen Strategien

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Die Bürgerinitiative Wunsiedel ist bunt klärt über die Netzwerke der Neonazis auf. Die Verantwortlichen der BI rufen die Wunsiedler auf, am 16. November wieder Flagge zu zeigen.

 
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Wunsiedel - Lästig. Nur noch lästig. So empfinden die meisten Wunsiedler den alljährlichen Aufmarsch Rechtsradikaler in ihrer Stadt. Für den Sprecher der Bürgerinitiative Wunsiedel ist bunt, Karl Rost, ist dies eine verständliche Reaktion. "Mir geht es genauso. Aber dennoch müssen wir am 16. November den Nazis wieder deutlich zeigen, dass sie in unserer Stadt nicht erwünscht sind", sagte Rost bei einer Infoveranstaltung der BI am Dienstagabend.

Immer wieder wundern sich Wunsiedler, warum der Nazi-Spuk nicht einfach verboten wird. "Weil wir in einer Demokratie leben. Und hier haben die Nazis die gleichen Rechte, wenn es zum Beispiel um die Versammlungsfreiheit geht", sagte der BI-Sprecher. Solange die Veranstalter - heuer ist es das sogenannte Freie Netz Süd - keine justiziablen Gründe für eine Ablehnung der Demonstration böten, dürften sie marschieren. "Und natürlich wissen die Nazis, dass sie sich nicht direkt auf den Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß beziehen dürfen."

Seit 25 Jahren gibt es mit Unterbrechungen die gespenstischen Aufmärsche der Neonazis in der Festspielstadt, zuletzt zwölf Jahre hintereinander am Stück.

Arno Speiser von der BI "Wunsiedel ist bunt" und ausgewiesener Kenner der rechten Szene, gab einen Einblick in die Strukturen des "Freien Netzes Süd". Dies sei ein loser Zusammenschluss von Kameradschaften, hätte also keine Vereinsstruktur. "Die Mitglieder sind wesentlich radikaler als die NPD, die sie als Schlipsträger verspotten. Die Kameradschaften wollen keine Demokratie und sind durchaus gewaltbereit." Als Speiser die führenden Köpfe des Netzwerkes, etwa Thomas Wulff, Norman Kempken, Matthias Fischer oder Tony Gentsch aufzählte, merkte er an, dass "diese Jungs" viele Jahre Gefängnisstrafen abgesessen hätten - vor allem wegen Gewaltdelikten.

Die autonomen Nationalisten, zu denen das Freie Netz Süd sich zählt, verfolgen eine perfide Strategie. Sie veranstalten Konzerte und Demos, wie die am 16. November, halten Kameradschaftsabende, etwa in Oberprex, Wehrsportübungen und betreiben eine Anti-Antifa-Arbeit. "Dabei rennen sie bei ihren Veranstaltungen mit Fotoapparaten rum und lichten die führenden Köpfe der Gegendemonstranten ab. Die Bilder stellen sie dann, gerne versehen mit einer Adresse, ins Internet. Die Folgen können ein zerkratztes Auto oder ein mit Buttersäure verschmierter Briefkasten sein", berichtete Speiser.

Aber nicht nur auf plumpe Aktionen beschränken die Neonazis ihr Repertoire. Immer öfter streifen sie sich laut Speiser ein soziales Deckmäntelchen über. "Die greifen Themen wie Altersarmut, Leiharbeit oder sogar Tier- und Umweltschutz auf. Erst durch die Hintertür präsentieren sie dann ihre unmenschliche und rassistische Ideologie."

Wir müssen am 16. November zeigen, dass die Neonazis in unserer Stadt nicht erwünscht sind.

Karl Rost

BI plant erneut eine große Gegenkundgebung

"Wegschauen funktioniert nicht." Dies steht für den Sprecher der Bürgerinitiative Wunsiedel ist bunt, Karl Rost, fest. Denn, wenn die Bevölkerung Aufmärsche von Neonazis ignoriere, "dann interpretieren dies die Rechten als heimliche Zustimmung". In Wunsiedel will ein breites Bündnis aus Bürgern, Kirchen, Vereinen und Gewerkschaften den Nazis das Demonstrieren verleiden. Wenn das rechtsextreme Freie Netz Süd am 16. November wieder zu einem unseligen Heldengedenken aufruft, wird auch die Wunsiedler Bürgerschaft erneut auf den Beinen sein. Wie berichtet, wollen die Kirchen am Samstagnachmittag vor dem Volkstrauertag einen Stationengottesdienst veranstalten, der von der Wirtschaftsschule bis zum Friedhof führt. Hier wird die Hauptkundgebung mit kurzen Statements von Vertretern unterschiedlichster gesellschaftlicher Gruppen stattfinden. Anschließend schreiten die Teilnehmer den Weg des KZ-Todeszuges durch Wunsiedel ab. Zudem veranstaltet der DGB am Bahnhofsgelände eine Kundgebung. Wo die Nazis marschieren dürfen, steht noch nicht fest, anzunehmen ist erneut eine Route im Wunsiedler Osten. Wunsiedel ist bunt zeigt sich mit den vom Nazimarsch betroffenen Bürgern solidarisch. "Wir wissen, was die Menschen aushalten müssen", sagte Rost. Die BI erhofft sich, dass sich auch Vertreter von Vereinen oder die Bauern an der Kundgebung von Wunsiedel ist bunt beteiligen. "Wir alle lehnen Rassismus ab", so Rost.


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