Wunsiedel Start in ein neues Zeitalter

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Beim Start ins Glasfaserzeitalter (von links): SWW-Geschäftsführer Marco Krasser, Bürgermeister Karl-Willi Beck und die drei Techniker, die die Glasfasertechnik im Griff haben: Markus Hausmann, Markus Kausler und Uwe Kammerer. Foto: Bäumler Quelle: Unbekannt

Das Glasfasernetz in Wunsiedel ist in Betrieb. Die ersten 140 Haushalte können im ultraschnellen Internet surfen. Bis in zehn Jahren soll das gesamte Stadtgebiet versorgt sein.

 
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Wunsiedel - Zwei Fertiggaragen irgendwo im Wunsiedler Stadtgebiet. Ein Regal mit Schaltelementen, ein PC und zwei dicke schwarze Kabel, die den Raum durchschneiden. So also sieht die digitale Zukunft der Stadt Wunsiedel aus.

Unspektakulär ist hier nur das Äußere. "Die Netzzentrale ist die Basis für die 1000-Megabit-Stadt", sagt Marco Krasser, der Geschäftsführer der SWW. Das politische Ziel von Bürgermeister Karl-Willi Beck und dem Stadtrat ist es, innerhalb der nächsten zehn Jahre jedem Haus einen Zugang zum ultraschnellen Internet zu ermöglichen. Laut Krasser sind die ersten 140 Gebäude in Hauenreuth, Schönlind, Sinatengrün, Wintersberg und Wintersreuth an das Glasfaserkabelnetz angeschlossen. Weitere Ortsteile werden in Kürze folgen. Im kommenden Jahr sollen noch einmal 200 Anwesen und die meisten Geschäftskunden die Glasfaserleitungen erhalten.

Mit der neuen Technologie ist nicht nur schnelles Surfen im Internet möglich. Nach und nach wird über das Glasfasernetz auch hochauflösendes Fernsehen, Video-on-demand und schließlich die Wun-Cloud realisiert. Letzteres ist ein für die Kunden virtueller Datenspeicher, in dem Videos, Fotos oder Dokumente sicher abgelegt und in Sekundenschnelle über den Rechner oder das Smartphone wieder downgeloaded werden können. Auch eine Telefon-Flatrate bietet die SWW an. "Wir haben uns nicht nur zu einem Provider entwickelt, sondern betreiben das Netz auch selbst, sodass wir die gesamte Infrastruktur in der Hand halten", sagt Krasser.

Damit beschreitet Wunsiedel einen ungewöhnlichen Weg. In der Regel (mit Ausnahme der Telekom) sind Netz und Providerdienste getrennt. Die SWW hat in der Festspielstadt in den vergangenen Monaten rund 20 Kilometer Glasfaseraußenkabel als sogenannter Internetbackbone (das Rückgrat der Internetversorgung) und noch einmal 45 Kilometer Glasfasermikrokabel verlegt. Die Mikrokabel haben die Techniker mit einem Kompressor mit einem Druck von 16 Bar in die Kabelhüllen geblasen.

Für Bürgermeister Karl-Willi Beck ist die Freischaltung des Glasfaserkabelnetzes ein historischer Tag. Schließlich sei Breitband-Internet heute für viele Menschen und Betriebe unverzichtbar, also ein entscheidender Standortfaktor. "Wir können nicht um Zuzüge oder Ansiedlungen werben und den Menschen dann keine vernünftige Internetversorgung bieten."

Derzeit bietet die SWW Datenraten mit maximal 50 Megabit pro Sekunde (es gibt für verschiedene Bedarfe unterschiedliche Raten). Wie Krasser sagt, kann die Bandbreite in Zukunft erhöht werden. "Es muss künftig jedes Unternehmen in Wunsiedel eine Videokonferenz mit weltweit verstreuten Zweigwerken oder Kunden führen können." Bislang sei dies nicht möglich gewesen, was ein Standortnachteil gegenüber den Ballungsräumen gewesen sei.

Der Geschäftsführer und der Bürgermeister sind sich sicher, dass Wunsiedel bei der Glasfasertechnologie auf das "richtige Pferd" gesetzt haben. "Alle Experten bestätigen, dass Glasfasern noch über Generationen das Nonplusultra der Datenübertragung sein werden", erklärt Krasser.

Damit schließt sich symbolisch ein Kreis zur Situation Anfang des 20. Jahrhunderts in Wunsiedel. "Auch damals haben die Verantwortlichen der Stadt und die Bürger heftig diskutiert, ob man auf ein Strom- oder Gasnetz setzten soll. Gas war damals Mainstream, Strom hatte den Ruf, etwas Neues und nur etwas für die Reichen zu sein. Wunsiedel hat sich nach fünf Jahre währender Diskussion für den Strom entschieden. Das war richtig."

Die SWW versorgt die Bürger zwar noch immer auch mit Gas, aber längst produziert das städtische Unternehmen selbst Strom aus regenerativen Ressourcen. Aus dem reinen Energieversorger wird mit der Glasfaser-Technologie nun immer mehr ein Infrastruktur-Bereitsteller.

Wir haben uns nicht nur zu einem Provider entwickelt, sondern betreiben das Netz auch selbst, sodass wir die gesamte Infrastruktur in der Hand halten.

Marco Krasser, Geschäftsführer der SWW


Landkreis will Lösungen für weiße Flecken

Auch der Landkreis will die Bürger in allen Orten mit schnellem Internet versorgen. Wie der Leiter der Entwicklungsagentur wiwego, Oliver Weigel, im Gespräch mit der Frankenpost sagt, hat seine Abteilung den Ist-Zustand der Internetversorgung für jeden Ort im Landkreis ermittelt. Dabei sei eine Karte entstanden, die genau aufzeige, wo Lücken bestehen. In einem zweiten Schritt sei mit den potenziellen Versorgern, also Telekom, Kabel Deutschland, SWW, ESM, Vodafone und anderen, besprochen worden, wie die Lücken geschlossen werden können. Derzeit sei seine Abteilung dabei, die Anträge für das neue Breitbandförderprogramm der Staatsregierung zu formulieren. "Danach werden wir für jeden Ort eine Lösung finden."


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